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Berge sind für moderne Menschen Sinnbilder der Natur und laden zum Sport und zur Entspannung ein; dementsprechend sind attraktive Gebirgslandschaften heute touristisch erschlossen und werden je nach Saison von Skifahrern oder Wanderern bevölkert.
Das vorliegende Buch macht bewusst, dass sich dies im Verlauf der Geschichte größtenteils ganz anders verhielt. Die Kunst bezeugt, wie sich das Bild des Menschen vom Berg über die Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende, geändert hat - von einer lebensfeindlichen, extrem bedrohlichen Welt hin zu natürlicher Schönheit und sportlicher wie künstlerischer Herausforderung.
In "Der Berg" vollzieht die Autorin diese Entwicklung nach, insbesondere seit dem Mittelalter, in dem die Berge meist als Hintergrundkulisse auftreten und nicht selten phantastische Elemente enthalten wie etwa Maso di San Frianos "Diamantenmine" oder als beängstigender Lebensraum fungieren wie bei etlichen Darstellungen des Lebens heiliger Einsiedler.
Jean-Jacques Rousseaus Aufruf "Zurück zur Natur!" wandelt das "Image" des Bergs; wirkliches Umdenken kommt indes erst im 19. Jahrhundert auf, nicht zuletzt dank des Engagements englischer Bergsteiger, die ein um den anderen Alpengipfel bezwingen, oft unter dramatischen Umständen. Auch dies schlägt sich trefflich in der Kunst nieder. Die Alpen werden, wie im Buch zitiert, zum "Tummelplatz Europas". Es gibt Bergsteiger, die malen, und Maler, die zur Ausübung ihrer Kunst Risiken auf sich nehmen und Bergsteiger werden.
Als die Fotografie aufkommt, ändert sich für die Künstler vieles - und doch lädt der Berg immer wieder, wie dieses Buch vorzüglich aufzeigt, zur künstlerischen Auseinandersetzung ein: bis heute.
Die frühen Künstler hatten die Berge oft gar nicht gesehen und mussten ihre Vorstellungskraft einsetzen, um Aufträge zu erfüllen, die Gebirgslandschaften als Hintergrund erforderten. Umso eigenartiger, teils gar verschroben erscheinen uns solche Darstellungen. Perfekt weiß das vorliegende Buch darzustellen, wie unterschiedlich die Rezeption von Bergwelten sich in unterschiedlichen Epochen gestaltete. Hierzu dienen die einzelnen, im Großen und Ganzen der Chronologie folgenden Kapitel ebenso wie die insgesamt sehr schlüssige Zusammenstellung von Themen, die zentraler Bestandteil der einzelnen Kapitel sind. Falls sich die lange und zumeist von Feindseligkeit bestimmte gemeinsame Geschichte von Mensch und Berg überhaupt schlüssig darstellen lässt, so ist dies der Autorin gelungen. Die Entwicklung des Bergs von einer lebensfeindlichen Welt hin zur Touristenattraktion ist weit. Interessant wirkt unter anderem die zwischenzeitlich aufgenommene parallele Gliederung des Werks nach den Ursprungsländern von Künstlern, anhand derer sich erweist, dass die Rezeption des Bergs in Kunst und Realität beispielsweise auch von der jeweiligen Nation abhing.
Das Buch ist reich und hochwertig bebildert. Die Qualität erweist sich anhand der sorgsam vorgenommenen Auswahl ebenso wie anhand der einwandfreien Wiedergabe der Bilder. Viele für eine Epoche oder Geistesströmung zentrale Werke werden ganzseitig und mit wesentlichen Daten versehen wiedergegeben, andere sind in den Text integriert. Gern werden auch Detailaufnahmen aus abgedruckten Bildern zur Verdeutlichung von Sachverhalten eingesetzt.
Das Buch schildert auf einzigartige Weise die gemeinsame Geschichte von Berg und Mensch: anfängliche Feindseligkeit, die Erkennung der Berge als von Gott gewollt und als perfekte Kulisse für zahllose Kunstwerke sowie die Ausbeutung von Gebirgslandschaften im Sinne des Sports und seiner Vermarktung. Der relativ hohe Preis wird definitiv gerechtfertigt durch die hohe inhaltliche und künstlerische Qualität: Wer sich für Kunst so sehr wie für die mitteleuropäischen und amerikanischen Gebirge interessiert, wird hier mit Sicherheit fündig.