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Kapitän Hannibal Mériadec ist ein übler Geselle. Er und seine Männer haben schon unzählige Schiffe geentert und deren Mannschaft massakriert. Ihr Ziel ist Gold, Gold und nochmals Gold. Doch was er seinen Piraten diesmal auftischt, scheint einem wirren Geist zu entspringen.
Mériadec will allen Ernstes den Schatz des Mell-Talec heben. Einen Schatz, der ebenso wie sein schrecklicher Hüter, seit zweihundert Jahren als Legende, um nicht zu sagen als Ammenmärchen durch die Kneipen aller Seefahrerstädte geistert. Es ist die Geschichte eines blutrünstigen, grausamen Kapitäns, der nicht von dieser Welt ist. Es ist die Mär eines Korrigan. Eines "Kleinen Zwergs", oder besser gesagt, eines Kobolds, der in den bretonischen Wäldern beheimatet ist und nur in diesem einen Fall auf See sein Unwesen trieb. Er und seine Mannschaft überfielen Jahrzehnte lang jedes noch so große Schiff und vernichteten es. Einzig Gold war ihr Ziel. Wie durch Zauberei tauchte das Schiff aus dem Nebel auf und verschwand wieder darin. Durch die Hilfe einer sagenumwobenen, magischen Karte vermochten Schiff und Mannschaft zwischen den Welten zu manövrieren und ebenso plötzlich aufzutauchen, wie wieder zu verschwinden. Und nach diesem zusammengerafften Schatz will nun Hannibal Mériadec suchen.
Seine Mannschaft zögert, glaubt sie doch nicht an Zauberei, Magie und an Mell-Talec und seine Karte. Doch die "Argumente", die ihnen ihr Kapitän daraufhin zeigt, stimmen selbst die ärgsten Zweifler um. Der alte Haudegen hat zwei leibhaftige Elfen gefangen genommen. Und mit deren Hilfe will er in die Welten jenseits der Wirklichkeit eindringen und die Karte an sich bringen. Mit diesem alten Pergament aber, so ist sich der Kapitän sicher, ist es bis zu dem riesigen Schatz des Mell-Talec nur noch ein kleiner Schritt.
Im August 2005 erschien "Au-delà des brumes" , der erste Teil der Serie "Le sang du Dragon" bei Soleil Productions. Im Dezember 2007 nahm sich der kleine Verlag "Bunte Dimensionen" dieses Comics an. Und bereits das Coverbild nimmt den Leser gefangen. Der Ausdruck des Piraten, die Detailtreue des Schiffes, die Komposition, die Farbgebung - alles wirkt perfekt und macht neugierig. Und die ersten Seiten bestätigen den ersten Eindruck. Hier finden sich Illustrationen, die mehr als beeindrucken, sie begeistern. Das doppelseitige Bild des Mont St. Michel ist so fantastisch, dass man es am liebsten als Poster haben möchte.
Hier haben Jean-Luc Istin, der für Text, Storyboard und die Zeichnungen der weiblichen Charaktere verantwortlich war, Guy Michel, der alle weiteren Zeichnungen gemacht hat und beim Storyboard mitgearbeitet hat, Aleksi Briclot, der das Cover maßgeblich gestaltet hat und Sandrine Cordurié, die für die Farbgebung zuständig war, gemeinsam ein spannendes, ja, mitreißendes Abenteuer komponiert.
Wenn auch gelegentlich der Gedanke aufkommt, "Der Fluch der Karibik" und "Long John Silver" aus Robert Louis Stevensons Schatzinsel, wären in diesem Band ein wenig zu oft geplündert worden - Charaktere wie Szenario erinnern des Öfteren an diese berühmten Vorbilder - ist die Mischung doch absolut neu. Zwischen grausamen Piraten, schönen Elfen, mystischen Sagengestalten, Kämpfen und Seemannsgarn, findet man so viele haarsträubende, wie ungewohnte, Wendungen in der Geschichte, dass dem Leser bald ganz wirr im Kopf wird. Ist dies nun ein Piratenabenteuer oder wird es elbisch? Gewinnt Zauberei die Oberhand oder handfeste Morde und immer wieder grausames Abschlachten? Ist der "Held" nun ein Rächer, ein Schatzsucher oder gar ein mystisches Wesen?
Nichts ist, wie es scheint, alles wird immer wieder in Frage gestellt. Eines aber ist "Drachenblut - Jenseits des Nebels" ganz gewiss nicht: Ein Klamauk. Hier verlässt er seine Vorbilder und negiert auch "Die Schatzinsel" in ihrer Kernaussage. Es geht hier nicht um Moral, Gold oder Liebe, nicht um Zauberei oder Piratentum, es geht einzig und allein um Mériadec und seinen Plan. Den aber lernen die Leser dieses ersten Teils nicht einmal im Ansatz kennen. Ganz im Gegenteil, immer wieder wird in Frage gestellt, was eben noch Gewissheit war und konterkariert, was als sicher geglaubt wurde. Selten hat ein erster Teil so wenig preisgegeben, so sehr verschleiert, worum es den Autoren geht.
Dies ist ein Wagnis. Denn Antworten findet man in diesem ersten Teil nicht. Auch verwirrt die Geschichte so sehr, dass man die Lust verlieren könnte, sie weiter zu verfolgen. Doch die fantastischen Bilder, die komplexen Charaktere und der fast grausame Cliffhanger am Ende von "Jenseits des Nebels" erzeugen fast den Zwang, sich den zweiten Teil zu Gemüte zu führen. Ob der aber hält, was der erste Teil eben nicht verspricht, nicht mal andeutet, ist zumindest fraglich.