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"Bilder im Ohr - von Franz Marc bis Marc Chagall" erzählt in sechzehn Geschichten von berühmten Bildern und Kunstgegenständen. Neben dem großformatigen Buch befindet sich in einer Plastiktasche des Einbandes eine achtundsechzig Minuten lange CD mit den dazugehörigen Geschichten.
Durch die Reise, die in Zusammenarbeit mit dem Museum Volkwang in Essen und dem WDR in Köln entstand, führt Fritzchen, ein sprechendes Mikrofon. Leider hat dieses Mikrofon eine grausam quäkende Stimme, die die ersten Sekunden jeder Geschichte ertönt. Das stört ungemein und ist der einzig wirklich heftige Kritikpunkt einer ansonsten fantastischen Idee.
Nicht nur die Auswahl der Bilder, auch das Layout des Buches und die grandiose Vielfalt der Geschichten auf der CD sind einmalig.
Hier werden für Kinder ab sechs Jahren nicht nur Bilder erläutert oder vorgestellt. Nein, hier werden richtige kleine Abenteuer erzählt. Mal schildern zwei Papageien, wie sie sich fühlen und was sie tun, als sie bemerken, dass sie von Max Liebermann gemalt werden, mal erzählt ein Pferd, wie es die Welt sieht (Franz Marc: "Pferd in der Landschaft"). Auch ein Streit unter Farben ist dabei, den der Maler Piet Mondrian beendet, indem er erläutert, warum die "Komposition mit Rot, Gelb und Blau" von 1927 genau so aussehen muss.
Auch ein Gespräch unter Hüten (August Macke: "Der Hutladen") ist dabei, ebenso wie ein Zwiegespräch von der Jugendliebe Auguste Renoirs mit ihrem Schirm ("Lise mit dem Sonnenschirm"). Sogar der erste Kuss eines Frosches, der sich als Claude Monet ausgibt, mit einer Seerose ist vertreten.
Neben dem Buch, das leider einige der Bilder ein wenig verfremdet darstellt - es bleibt ein Geheimnis der Macher dieses Buches, warum sie dieses dämliche Mikrofon in den Bildern einblenden - ist der wirkliche Höhepunkt die CD. Hier sind sechszehn durchweg spannende Geschichten zu hören, die die Zuhörer - ob sechs Jahre alt oder bereits weit in den Vierzigern - fesseln und begeistern. So sollte eine Museumsführung, eine Auseinandersetzung mit Kunst aussehen.
Und der Autor Ralph Erdenberger hat keine Scheu vor schwierigen, auf den ersten Blick so gar nicht verständlichen oder seltsamen Kunstwerken. So erstaunt in dieser Sammlung eine Kühlerfigur eines Horch-Wagens oder eine antike Vase, die Cheiron und Achill zeigt. Auch der Mondrian oder das Bild von Marc Tobey, das auf den ersten Blick wie bloßes Gekritzel wirkt, werden kenntnisreich und vor allem höchst spannend in eine Geschichte übertragen. Hier wird Kunst lebendig, wird die Auseinandersetzung mit Impressionisten oder Expressionisten zu einem Erlebnis.
Dank der bunt gestalteten, knappen Sätze, die den Bildern gegenübergestellt werden, ist auch das Buch für sich lesenswert. Hier aber fehlen die Interpretationen, die abenteuerlichen Geschichten völlig, man beschränkt sich auf die Einführung in das jeweilige Bild und die Nennung des Künstlers.
Dank einer finalen Doppelseite, in der die wichtigsten Daten zum Leben des Künstlers und des ausgewählten Bildes aufgeführt sind, lädt das Buch gradezu ein, ein Museum aufzusuchen und sich die Bilder selbst anzusehen.
"Bilder im Ohr" ist der fast perfekte Versuch, Kunst für Kinder erfahrbar zu machen. Wenn man allzu alberne Effekte wie das Mikrofon (vor allem auf der CD ertönend) und die Verfremdungen der Bilder außer Acht lässt, gibt es kaum einen besseren Weg, um Kinder an das als staubtrocken geltende Thema "Kunst im Museum" heranzuführen.