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Den ersten Ausflug in dämonische Welten unternahm Timothy Carter mit
"Dämonenhunger", nun folgt mit "Böser Engel" wieder ein unterhaltsamer Ausflug in Sphären dieser Welt, die die wenigsten für möglich halten würden.
Stuart fühlt sich wohl in seiner Rolle als Außenseiter, als solcher wird er überraschenderweise von der streng religiösen Gemeinschaft des Dorfes akzeptiert. Seine Außenseiterrolle verdankt er der Tatsache, dass er schwul ist. Die meisten im Ort haben zwar kein Problem damit, aber zu nah möchten sie ihm dann doch nicht kommen. Für Stuart ist das in Ordnung so, er fühlt sich den kleingeistigen Menschen sowieso überlegen, nicht nur, weil er der einzige ist, der aus der Menge hervorsticht, sondern auch, weil er regelmäßig einen Dämonen namens Fon Pyre beschwört und mit ihm über die Welt und Gott und die Religion im Besonderen spricht. Dank Fon Pyre weiß Stuart, dass Gott auch Schwule mag, auch wenn manche Bewohner etwas anderes behaupten. Eigentlich ist sein Leben ganz in Ordnung, zumindest so lange, bis sich auf einmal der Mob der Stadt gegen ihn wendet. Und zwar nicht wegen seiner Homosexualität, sondern weil sein kleiner Bruder ihn bei der Selbstbefriedigung erwischt hat. Ab nun herrscht Ausnahmezustand in der Stadt: Jugendliche, die sich selbst befriedigen, oder die nur dessen verdächtigt werden, werden von ihren Eltern verbannt, eine regelrechte Hetzjagd startet. Und warum das alles? Auch hier weiß Fon Pyre Antwort: Ein gefallener Engel hat sich Stuarts Heimatstadt als neues Revier ausgesucht, und Engel sind gar nicht so nett, wie landläufig gedacht wird - erst recht nicht die gefallenen.
Schwuler Junge in einer amerikanischen, schon fast fanatisch religiösen Kleinstadt, da bildet sich gleich ein Gedanke im Kopf: Natürlich werden die anderen ihn verurteilen, weil er, wie er so schön sagt, lieber in der Gesellschaft von Männern nackt wäre als in der von Frauen. Aber nein, weit gefehlt. Seine Homosexualität wird mehr als exotischer Faktor betrachtet, überhaupt kein Problem. Die Schwierigkeiten beginnen erst mit einem gefallenen Engel. Und hier fängt der Spaß für den Leser wirklich an. Fon Pyre muss widerspenstig Hilfe leisten und Rede und Antwort stehen, während Stuart versucht, Unheil von sich selbst und seinen Freunden abzuwenden. Äußerst humorvoll und gleichzeitig bitterböse schildert der Autor hier Szenen, die an Hexenverfolgungen und Lynchjustiz erinnern. Eine komplette Kleinstadt verliert den Verstand und lediglich ein Junge und ein (gezwungener) Dämon wollen den Wahnsinn aufhalten.
Dabei ist das Buch keinesfalls harmlos. Hier werden Folterszenen zumindest begonnen, wenn auch nicht immer bis zum Ende durchgeführt. Harmlose Nachbarn und Menschen, sogar Familienmitglieder, zeigen plötzlich eine wahnsinnige Ader, gehen auf ihre Liebsten los und kennen keine Gnade - Raserei in seiner reinsten Form. Mit sehr spitzer Feder wird hier religiöser Fanatismus ohne zügelnde Vernunft zur Rechenschaft gezogen und verurteilt. Wohin es führt, wenn Menschen sich in blindem Glauben auf einen einzigen Bibelspruch versteifen, wird hier in seiner gesamten Grausam- und Sinnlosigkeit gezeigt.
In kurzen Kapiteln und einer schnellen Sprache fließt die Geschichte am Leser vorbei, das Buch ist sehr schnell ausgelesen, wirkt aber dennoch nach. Nicht nur durch die tiefgründige Kritik, die man als Leser hineininterpretieren kann – aber nicht muss -, sondern vor allem durch die lebendige und leicht zu lesende Sprache, die den Leser gespannt auf die nächsten Bücher des Autors warten lassen – in der Hoffnung, dass er diesen Stil beibehält und so weiterhin genauso gut zu unterhalten weiß.