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Pünktlichkeit, berufliche Hingabe, ökonomische Effizienz durch Schnelligkeit – diese Ideale beherrschen das Leben des FedEx-Systemanalytikers Chuck Noland (Tom Hanks), der für sein Unternehmen ständig unterwegs ist und Probleme in Firmenniederlassungen rund um den Globus zu lösen hat. Seinem beruflichen Ehrgeiz opfert er sein Privatleben; Wochenenden, Feiertage und die gemeinsamen Stunden mit seiner Freundin Kelly (Helen Hunt) haben sich seinem Terminkalender zu beugen. Als Chuck zu Weihnachten einen Auftrag in Malaysia übernehmen soll, nimmt das Schicksal seinen dramatischen Lauf: Ein Flugzeugabsturz verschlägt ihn als einzigen Überlebenden auf eine einsame Insel im Südpazifik – fernab der Zivilisation, des Halts eines geregelten Lebens beraubt, den Kräften der Natur ausgesetzt. Gefangen in einer feindlichen Umgebung, die jeden Fluchtversuch zum Scheitern bringt, muss Chuck seine Prioritäten nun neu ordnen, um überleben zu können …
Kritik zum Film:Die Geschichte um Robinson Crusoe, der nach einem Schiffbruch auf einer einsamen Insel strandet und mutig den Kampf ums Überleben aufnimmt, hat die Menschen seit nunmehr fast drei Jahrhunderten in ihren Bann geschlagen – kein Wunder, dass der Stoff in Hollywood in unregelmäßigen Abständen entstaubt wird, um in Form mehr oder weniger origineller Neuinterpretationen Geld in die trockenen Kinokassen zu spülen. Auch Erfolgsregisseur Robert Zemeckis und Charaktermime Tom Hanks bündelten nach der vielfach Oscar-gekrönten Mär vom reinen Tor ("Forrest Gump") ihre Kräfte für eine zweite Zusammenarbeit, wie sie viel versprechender nicht sein kann: "Cast Away" verlegt die klassische Robinsonade in die schnelllebige Gegenwart und gleicht die Figur des Robinson dem hektischen Rhythmus der heutigen Zeit an – in Gestalt von Chuck Noland, des arbeitswütigen Systemanalytikers eines globalen Logistikunternehmens, dessen Existenz vom Uhrzeiger bestimmt wird.
Eine Rolle, der sich Tom Hanks sichtlich mit Leib und Seele unterwirft: Souverän schüttelt er sein Image vom liebenswerten Tor, der auf einer Parkbank sitzend Analogien zwischen dem Leben und einer Schachtel Praline zieht, ab und liefert einen schauspielerischen Gewaltakt, der ihm zu Recht einen Golden Globe sowie eine Oscar-Nominierung eingebracht hat. Seine Darstellung des zeitfixierten Workaholics, der seine Mitarbeiter auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit einschwört, zu Beginn des Films ist zwar nicht vollkommen überzeugend; Hanks ist einfach nicht der Typ des Effizienz predigenden Problemlösers. Doch ab dem Zeitpunkt, an dem er sich auf das einsame Eiland rettet, legt Hanks eine überzeugende Performance vor, die es ihm ermöglicht, immerhin rund zwei Drittel des Films alleine zu tragen. Anschaulich, wenn auch nicht immer vollständig nachvollziehbar (warum lässt er etwa die angespülten FedEx-Pakete so lange ungeöffnet?) zeigt er einen Mann, dessen bislang so perfekt koordiniertes Leben in Scherben zerfällt und der sich nun auf die widrigen Umstände einstellen muss, will er überleben. Der Wunsch der Beteiligten, diese moderne Robinsonade möglichst glaubwürdig zu erzählen, zeigt die äußerliche Wandlung, die Hanks durchmacht: Der Dreh von "Cast Away" begann mit einem gut genährten Hauptdarsteller, der seine Kilos in einer achtmonatigen Drehpause weghungern musste, bevor die Inselhandlung gedreht werden konnte. Diesen Zeitraum nutzte Zemeckis im Übrigen, um seinen Thriller "Schatten der Wahrheit" (mit Harrison Ford und Michelle Pfeiffer) zu produzieren.
Zemeckis stellt mit "Cast Away" einmal mehr sein Geschick als großer Leinwandfabulierer unter Beweis, denn handwerklich brilliert der Film auf mehreren Ebenen: Die ausgeklügelte Kamera liefert beeindruckende Aufnahmen, der bemerkenswert diskrete Einsatz der Spezialeffekte kommt dem Film zugute und sorgfältig gewählte Schnitte sorgen dafür, dass der Film vielleicht des Öfteren langatmig, aber nie wirklich langweilig wird. Einen besonders gelungenen stilistischen Coup stellt die Absenz jeglicher Filmmusik während der Inselhandlung dar, die das Gefühl der Isolation zusätzlich unterstreicht. Ausgesprochen beeindruckend ist auch der spektakulär inszenierte Flugzeugabsturz – die dramaturgisch wahrscheinlich beste Szene im gesamten Film und auch zwölf Jahre später noch spannend anzusehen. Das eigentliche Tüpfelchen auf dem i sind aber fraglos Chucks Konversationen mit seinem einzigen Gefährten, dem Volleyball Wilson, die einem fast schon ans Herz gehen.
Leider traut Zemeckis offenbar der Ruhe seines ambitionierten Ein-Personen-Dramas selbst nicht, denn mit Chucks Entkommen von der Insel flüchtet sich "Cast Away" in ein Filmende, das sich mit dem robinsonadischen Kammerspiel gehörig beißt. Beschäftigt sich der Film bis dato in durchaus authentischer Weise mit dem Überlebenskampf, den Hanks' Figur bestreitet, markiert Chucks Rückkehr in die Zivilisation einen gravierenden stilistischen Bruch: Zemeckis packt den bislang unter Verschluss gehaltenen Hollywood-Kitsch aus und liefert ein Ende, das zwar nicht zur Gänze den Mainstream-Konventionen geschuldet ist, aber einfach überhaupt nicht ins bislang abgelieferte Gesamtbild passt. Schnulzig und emotional total überfrachtet zieht es den Film unnötig in die Länge und erinnert in der Folge ein bisschen an "Forrest Gump"; hier darf sich Alan Silvestri, Zemeckis' langjähriger Stammkomponist, so richtig schön austoben und die Tränendrüsen der Zuschauer bedienen. Auch Chucks Entscheidung, eines der an den Strand gespülten Pakete ungeöffnet zu lassen, um es nach seiner erhofften Rückkehr in die Zivilisation seinem Empfänger zustellen zu können, ist ein Zugeständnis an die Traumfabrik, das vor dem realistischen Hintergrund des Films nicht ganz nachvollziehbar ist. Ein Hohelied auf das amerikanische Kurier- und Postsystem, das Rückgrat der westlichen Zivilisation, das Stürmen, Katastrophen und Schicksalsschlägen trotzt, um seine Mission zu erfüllen! Gott schütze FedEx!
Was bleibt also unterm Strich? "Cast Away" ist gewiss kein schlechter Film, im Gegenteil: Hanks spielt groß auf, Zemeckis darf erneut sein Können als Geschichtenerzähler unter Beweis stellen und weiß seine Fans nach Filmen wie "Zurück in die Zukunft", "Forrest Gump" oder
"Contact" durchaus zu überraschen, da er sich an eine für ihn neue Erzählweise heranwagt. Aber der stilistische und thematische Bruch, den das durch und durch unausgegorene Ende verschuldet, beißt sich mit der vorangegangene Handlung und nimmt dem ambitionierten Film viel Wind aus den Segeln. Beinahe so, wie wenn "The Hurt Locker" im letzten Drittel in einen Jerry-Bruckheimer-Streifen umgekippt wäre. "Cast Away" ist gut, wenngleich auch etwas langatmig, hätte aber das Zeug zum modernen Meisterwerk gehabt. So bleibt "Cast Away" ein ambitioniertes, aber unausgegorenes Survival-Kammerspiel und ein kitschiger Product-Placement-Marathon, vor dem selbst ein Michael Bay seinen Hut ziehen würde.
Kritik zur Blu-ray Disc:Das AVC-kodierte Bild (16:9/2,35:1) präsentiert sich recht durchwachsen: Prinzipiell kann von einer soliden Bildqualität gesprochen werden, die jedoch kaum HD-Schauwerte zu bieten hat. Während Nahaufnahmen bei Tag in der Regel gute Schärfewerte aufweisen und einige Details preisgeben, präsentieren sich Distanz-Shots ziemlich weich – ob es sich dabei um ein Stilmittel handelt oder produktionstechnisch bedingt ist, ließ sich nicht genau bestimmen. Plastizität will sich nicht oft einstellen, in der Folge wirkt das Bild über weite Strecken eher flach; auch Filmkorn macht sich hier und da bemerkbar. Insgesamt ist die Blu-ray zwar ein echtes Upgrade zur DVD, aber für eine vergleichsweise junge Produktion wie "Cast Away" ist das Bild alles andere als referenzverdächtig. Gute drei Punkte bei der Bildbewertung!
Der deutsche Ton liegt in Dolby Digital 5.1 vor und zaubert eine ordentliche Surroundkulisse in die eigenen vier Wände, die gerade auf der Insel mit all ihren Umgebungsgeräuschen ihre Stärken ausspielt. Beim Umschalten auf die unkomprimierte englische HD-Tonspur machen sich aber doch Unterschiede deutlich bemerkbar, letztere ist der deutschen Tonspur qualitativ in allen Belangen überlegen und gerade bei der Absturzsequenz fast schon referenzwürdig. Warum Paramount auch weiterhin auf deutschen HD-Ton verzichtet, ist nicht nachvollziehbar und rechtfertigt Punkteabzüge – ebenso wie das nicht vorhandene Bonusmaterial. Kein Audiokommentar, kein Making of, nicht einmal ein lausiger Trailer! Bedauerlich, dass es der üppige Zusatz-Content der
Doppel-DVD-Edition nicht auf die blaue Scheibe geschafft hat …
Die Blu-ray Disc kann wahlweise im Amaray oder im schmucken Steelbook erworben werden. Erstere bietet ein Wendecover, bei letzterer lässt sich das FSK-Logo als Sticker abziehen. Inhaltlich sind beide Versionen gleich.