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Ein irrer Serienkiller treibt sein Unwesen in Berlin und spielt ein perverses Spiel, das Familien grausam auseinander reißt: Der "Augensammler", wie ihn die Presse sensationslüstern getauft hat, tötet Frauen, entführt ihre Kinder und versteckt sie an einem unbekannten Ort. Dann startet er ein Ultimatum von 45 Stunden – so lange hat der Vater Zeit, um sein Kind zu finden und zu retten. Schafft er es nicht, wird das Kind getötet. Besonders erschreckend ist, dass den Kinderleichen ein Auge fehlt. Bisher konnte keiner die perfiden Hinweise des Augensammlers entschlüsseln, die verschwundenen Kinder wurden ermordet aufgefunden.
Alexander Zorbach ist eigentlich nur als Polizeireporter auf der Spur des Augensammlers, doch dann wird er selbst tief in den Fall verstrickt und in die Suche nach einem verschwundenen Kind verwickelt – eine Suche, die sein eigenes Leben in einen furchtbaren Strudel aus Gewalt und Hoffnungslosigkeit ziehen soll. An Zorbachs Seite ist dabei die blinde, übersinnlich begabte Physiotherapeutin Alina, die behauptet, dass der Augensammler ihr letzter Patient war …
Nach den beiden letzten Büchern
"Der Seelenbrecher" und
"Splitter", wo der Reiz des Außergewöhnlichen, des Unwahrscheinlichen irgendwann auf Kosten von Logik und Unterhaltung ging – die beiden Romane waren teilweise etwas nervig und chaotisch -, hat
Sebastian Fitzek mit "Der Augensammler" wieder einen superspannenden und auch schlüssigen Thriller geschaffen, in dem es erneut ein wenig übersinnlich zugeht. Fitzek besinnt sich dabei wieder auf altbewährte Zutaten, das aber gekonnt: Im Mittelpunkt steht der Ich-Erzähler Alexander Zorbach, ehemaliger Polizeipsychologe und nun Polizeireporter. Wie auch viele andere Figuren von Fitzek ist Zorbach im Privatleben gescheitert und durch ein einschneidendes Erlebnis traumatisiert, er kämpft mit Halluzinationen – ein geschicktes Spiel mit dem Leser, der natürlich bald argwöhnt, dass Zorbach entweder selbst der Augensammler ist oder dass er eine Verbindung zu ihm hat – oder ist doch alles ganz anders als gedacht? Immer wenn man gerade glaubt, die Lösung zu haben, passiert wieder etwas, das die Handlung in eine neue Richtung treibt.
Das Buch ist mit einer ebenso simplen wie genialen Idee aufgebaut: Es beginnt mit dem Epilog und endet mit dem ersten Kapitel; die Kapitelzahlen sind ebenso rückwärts angeordnet wie auch die Seitenzahlen (was beim Leser immer wieder für kurzen Schrecken sorgt: Auf Seite 300 bin ich schon? Ach ne, doch nicht.) Warum dieser rückwärtsgerichtete Aufbau für die Handlung entscheidend ist, wird am Ende schmerzhaft deutlich. Man fühlt sich beim Lesen wie bei einem Countdown, und das Ende des Buches zu erreichen heißt, dass der Countdown abgezählt ist und etwas Schreckliches passiert - trotzdem blättert man natürlich weiter. So viel darf verraten werden: Es handelt sich nicht um einen
Memento-Klon, die Geschichte wird durchaus vorwärts erzählt.
Immer wieder wechselt Sebastian Fitzek während der Handlung die Perspektive, springt von Alexander Zorbach zur blinden Alina, dann wieder zu dem entführten Jungen, der um sein Leben kämpft, während das Ultimatum abläuft. Hier gibt es sogar ein wenig
Saw-Feeling, was Freunde von schaurigen Horrorszenarien freuen wird.
"Der Augensammler" ist spannend und clever aufgebaut – ein ausgeklügeltes Versteckspiel, ein fieser Psychotrip. Fitzeks neuester Thriller ist ein mitreißender Pageturner, der zwar manchmal etwas übertreibt und sich vieler Horrorfilm-Klischees bedient, dabei aber nie zu konstruiert wirkt. Lesenswert ist übrigens auch die ungewöhnlich lange, sympathisch geschriebene und bebilderte Danksagung des Autors am Ende des Buches.
Eine Leseprobe und weitere Infos gibt es hier auf der Verlagswebseite.