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Adolf Verloc führt im London des späten 19. Jahrhunderts ein Doppelleben – der scheinbar biedere Ladenbesitzer spioniert als Geheimagent für eine ausländische Botschaft und die britische Polizei eine anarchistische Untergrundorganisation aus. Seine Frau weiß wenig über seine Machenschaften. Verloc verbringt seine Tage und Jahre recht stressfrei, bis sein Auftraggeber ihn eines Tages auffordert, einen Anschlag zu verüben.
Nun wird es anstrengend für den Geheimagenten. Und natürlich klappt nicht alles nach Plan. Verloc sieht gute Chancen, sich unbeschadet aus der Affäre zu ziehen, doch er hat die Rechnung ohne seine Frau gemacht, die immer ruhige und fügsame Gattin. Sie sieht rot, als sie das ganze Ausmaß seines Egoismus erkennt.
Joseph Conrad gehört zu den bedeutenden englischen Autoren, hierzulande hält sich seine Bekanntheit jedoch in Grenzen. Das ist bedauerlich, denn Conrads "Der Geheimagent" gilt als einer der frühesten Spionageromane und dürfte das Genre mitgeprägt haben. Meisterlich erzeugt der Schriftsteller eine düstere, geheimnisvolle Stimmung, die den Leser wie ein Sog ergreift und nicht mehr loslässt.
Dass jedoch auch ein Hörspiel auf der Basis des Romans diese Stimmung und die latente Spannung aufgreifen und halten kann, zeigt die im Audio Verlag erschienene, 2004 vom WDR herausgebrachte Fassung. Die von Julia Klomfaß komponierte Musik erzeugt die erwähnte Düsternis zu einem nicht unwesentlichen Teil und unterstützt damit die Sprecher, die ihre jeweiligen Figuren bestens präsentieren und charakterisieren. Felix Vörtler spricht den Protagonisten Verloc und lässt diesen von einem scheinbar trägen, ein bisschen trottelig wirkenden Undercover-Mann zu dem gewissenlosen, kalten Egoisten werden, der er wirklich ist. Seine Frau Winnie macht, stimmlich dargestellt von Cathleen Gawlich, eine noch wesentlich spannendere Entwicklung durch – die zunächst ziemlich passive, gefügige Frau zieht grimmig die Konsequenzen, als er das unermessliche Leid, das er ihr sozusagen als Kollateralschaden seines Anschlags angetan hat, ignoriert.
Peter Fricke als Erzähler lässt es ruhig und unaufgeregt angehen – das entspricht auch der Atmosphäre des Romans, die durch diese Kühle, eine Art "emotionales Understatement", allerdings sehr dicht wirkt. Mit Effekten wurde recht sparsam, doch treffsicher umgegangen, was diesem Klassiker ausgesprochen gut tut. Die Spannung bleibt also eher unterschwellig, der Fokus liegt auf den diversen Charakteren, auch den Nebenrollen, deren Sprecher gleichfalls exzellente Arbeit leisten.
In einer Zeit, in der Terrorismus schon fast zum Alltäglichen gehört, erhält Conrads Roman eine neue Brisanz, zeigt er doch anhand des die Handlung bestimmenden Anschlags und seiner Folgen auf, wie Terror funktioniert, vor gut hundert Jahren im Grunde nicht anders als heute. Die Hörspielumsetzung begeistert durch die unterkühlte Atmosphäre, die schließlich doch explodiert, und die ausgezeichneten Sprecher.
Eine Hörprobe bietet die Verlagsseite.
Die beiden CDs werden als ansprechend aufgemachtes Album präsentiert.