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Er ist aus Holz, der Teufel, doch das merkt man ihm gar nicht an. Denn bei all seinen Machenschaften, Seelen rauben und so, zeigt er sich doch ziemlich menschlich. Klar tut er auch ganz typische Teufelsdinge! Zum Beispiel moderiert er gerade unter seinem Erdennamen John Scratch eine der angesagtesten Fernsehshows, bei der die Leute dazu angestiftet werden unmenschliche Dinge zu tun, eins schlimmer als das andere. Und die Einschaltquoten sind in der Tat phänomenal. Wäre da bloß nicht diese ewige Traurigkeit, die Scratch umfangen halten würde. Diese Unzufriedenheit mit sich und der Welt und die Einsamkeit. Schließlich war er mal ein Engel. Und er liebte einen Engel. Die wunderschöne Arven. Doch seine Rebellion gegen Gott hat sie von ihm getrennt, denn Arven ist nicht aus dem Himmel verbannt worden und hält es auf der Erde nicht aus, so oft sie auch versucht Zeit an der Seite ihres Geliebten zu verbringen.
So sucht Teufel Scratch sich also andere Beschäftigungen und Vergnügungen. Diese drei Musiker interessieren ihn. Obwohl sie sich mitten in den wilden Siebzigern befinden und eine Freiheit vorherrscht, wie es sie vorher nicht gab, ist klar, dass die drei einiges an Unterstützung brauchen, wenn sie erfolgreich sein wollen. Und so findet der Tausch statt: ihre Seelen gegen die Erfüllung ihrer Wünsche. Memory möchte berühmt sein, Zach die Welt verändern und Fish unsagbar reich sein. Nicht immer geschieht alles so, wie sie sich das vorgestellt haben, aber im Großen und Ganzen hält der Teufel sich an seine Abmachung. Wenn auch auf seine ganz eigene Weise und so, wie es für ihn nützlich ist. Denn schließlich geht es hier um seine Welt und seine Menschen und er hat eine äußerst genaue Verstellung davon, wie es auf der Erde aussehen sollte ...
Es fällt etwas schwer, den Roman "Der raffinierte Mr. Scratch" in eine Schublade zu stecken. Am besten lasst er sich noch der Satire zuordnen. Zynisch und schwarzhumorig kommt die Geschichte daher, hat dabei aber an einigen Stellen eine erstaunliche Ernsthaftigkeit vorzuweisen für eine Erzählung, die derart flapsig daherkommt. Im einen Augenblick lässt sie den Leser noch laut auflachen, nur zwei Zeilen weiter muss er hart schlucken, weil er merkt, wie sehr man ihm den Spiegel vorgehalten hat.
Der Autor Michael Poore nimmt sich so ziemlich jedes Laster der Menschen vor und dabei reist er teilweise viele Jahrhunderte zurück in die Vergangenheit. Besonders real fühlt es sich aber in den Momenten an, die in einer höchst aktuellen, wenn auch leicht überspitzten, Gegenwart spielen. Von reiner Gewaltbereitschaft über schlichte Dummheit bis hin zur alles übersteigenden Sensationslust benennt er so ziemlich alles Üble, das unsere Gesellschaft aufweist.
Allerdings bleibt die übliche Frage: Was will der Autor uns mit diesem Roman eigentlich sagen?
Dass der Teufel auch nur ein Mensch ist? Dass wir alle Kotzbrocken übelster Sorte sind? Dass es für uns eh keine Hoffnung mehr gibt und sich lediglich der Teufel für unser Schicksal interessiert? Es bleibt im Verborgenen. Vielleicht will er ja auch gar nichts sagen, sondern uns einfach nur ein paar Stunden gut unterhalten? Das ist ihm durchaus gelungen, wenn sich der Roman auch ein wenig in die Länge zieht. Poores Schreibstil ist flüssig und einfach gehalten. Das Buch liest sich quasi „mal eben so weg". Nicht mehr, aber bestimmt auch nicht weniger. Es ist kein Highlight, aber auch kein Müll, gutes Mittelmaß eben. Genauso wie die Menschen, von denen Poore schreibt. Und wie sein Teufel. Denn der ist keineswegs der typische Bösewicht, sondern von ebensolchen Zweifeln geplagt wie ein jeder von uns. Er ist irgendein Typ, der besondere Fähigkeiten hat und unsterblich ist, das macht ihn aber weder zu seinem Bösewicht noch zu einem Übermenschen, sondern nur zu einem Wesen, das andere Dinge tut und die Welt anders sieht als wir. Mit etwas Abstand und ohne Respekt. Was das aus ihm macht, liest man in "Der raffinierte Mr. Scratch", der sich übrigens höchstens selbst für raffiniert hält.
Ach ja: Das Ding mit der geraubten Seele ist für die Geschichte komplett irrelevant. Vermutlich hat der Autor es einfach eingefügt, weil es nun mal so ein Ding ist, das der Teufel tut. Allerdings hat er eine hervorragende Möglichkeit gefunden, die biblische Schöpfungsgeschichte mit der Evolutionstheorie in Einklang zu bringen. Hut ab dafür!
Eine Leseprobe zum Roman findet sich auf der Webseite von Bastei Lübbe.