Früh am Morgen wacht Ben auf. Für ihn beginnt wieder ein harter Tag, denn er muss gegen wilde Monster in Kleiderschränken, gefährliche Bären im Garten, schleimige Kreaturen im Bad oder riesige Drachen im Kinderzimmer kämpfen. Als Ritter mit einem mutigen Herz und einer schwachen großen Schwester kann man halt nicht simple Dinge machen wie Aufräumen oder bei der Gartenarbeit helfen. Dafür ist man einfach zu beschäftigt. Und wenn ein Kinderräuber sich in die Wohnung schleift, um eben genau jene Schwester zu entführen, ist es schließlich nur Ben zu verdanken, wenn der Unhold gefesselt im Flur liegt. Und die vielen allesfressenden Untiere wirft auch nur Ritter Ben vom Balkon.
Einzig in der Nacht, wenn es so schrecklich dunkel ist und irgendetwas in der Heizung knackt und rauscht, kann man mal eine Ausnahme machen und zur großen Schwester unter die Bettdecke kriechen - nach einem so langen, durchkämpften Tag kann auch ein Ritter ein wenig Ruhe und Geborgenheit brauchen.


"Der wildeste Bruder der Welt" ist eine nette, für die ganz kleinen aufregende Geschichte über kleine Brüder und große Schwestern. Sehr liebenswert skizziert Cornelia Funke die "typischen" Eigenschaften eines ganz kleinen Mannes, der in allem und jedem Abenteuer und Herausforderungen sieht und voller Fantasie durchs Leben geht, oder besser gesagt, sich durchs Leben zu kämpfen bereit ist.

Mit einem humorvollen Augenzwinkern wird den kleinen Brüdern, aber auch den großen Schwestern dieser Welt Achtung gezollt. Dank der warmherzigen Bilder von Kerstin Meyer bekommen dieser kleine Bruder, seine Fantasiewelt und seine Abenteuer auch eine grafische Entsprechung. Mit ein wenig verwaschen wirkenden Bildern, die in vielen kleinen Details den Humor der Geschichte deutlich machen, vermittelt sie mit leichter Hand, wie ein Kind die Welt sieht und wie es damit zurechtzukommen versucht.

Ist bereits das vor einigen Jahren erschienene Bilderbuch traumhaft schön, gibt es seit September 2008 auch die Ausgabe mit Bilderbuch-DVD. Hier werden die Zeichnungen von Kerstin Meyer lebendig. Zwar ist es kein richtiger, animierter Film, sondern nur eine Abfolge von Stand-Bildern, die durch die scheinbare Bewegung einiger Details wie Schwertern, Armen und Monstermäulern ein wenig aufgehübscht werden, doch für die Kleinen wird alles lebendig. Für sie ist das Monster plötzlich kein Bild mehr, der Drache richtig echt und der Räuber eine kleine Bedrohung. Auch Sprecher Bernd Stephan gelingt es, die wenigen Sätze spannend und humorvoll zur Geltung zu bringen.

Mit neuem, schönerem Cover versehen - schließlich muss die in den Buchdeckel eingelassene Plastiktasche, die die DVD enthält, untergebracht werden - ist die nur um zwei Euro teurere Neu-Edition jeden Cent wert. Man erhält nicht nur das grandiose Bilderbuch vom Gespann Funke/Meyer, sondern auch einen fünfminütigen Film, der bereits den Vierjährigen einen Heidenspaß macht. Und auch die großen Vorleser haben an der Geschichte wie dem Film viel Vergnügen.