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Oft ist uns gar nicht bewusst, wie stark Cesare Borgia und sein Vater, Papst Alexander VI. unser Denken bis heute bestimmen. Alexander VI. gilt als der Inbegriff eines nach weltlicher Macht strebenden Papsttums, eines Papsttums des Nepotismus, der Gewalt und der Gier nach weltlichen Gütern und weltlicher Macht. Diesen Machtanspruch hat Alexander VI., geboren als Rodrigo Borgia, nie zu verbergen versucht.
Seinen Erstgeborenen, Juan Borgia, benennt er nach Johannes dem Täufer (von dem sich Jesus Christus taufen ließ), seinen zweiten Sohn, Cesare, nach dem römischen Diktator Julius Caesar und für sich selbst wählt er als Papstnamen Alexander, eine unmissverständliche Anspielung auf Alexander den Großen.
Diesem Papst und seiner Familie widmet sich Volker Reinhardt im Rahmen der Beck'schen Reihe. In 17 kurzen Kapiteln versucht Reinhardt die Machtpolitik der Borgias zu analysieren und die historischen Ereignisse befreit von der damaligen Propaganda wiederzugeben. Die Familienchronik auf 128 Seiten beginnt mit dem spanischen Alonso de Borja, der zunächst in päpstlichen Diensten steht, es aber als treuer Berater von Alfonso V. von Aragon schafft, sich in Rom zu etablieren und sogar zum Papst gewählt zu werden.
Als Papst Calixtus III. ernannte er seinen Neffen Rodrigo Borgia zum Vizekanzler der Römischen Kirche und legte damit den Grundstein für dessen spätere Macht und Reichtum. Das Pontifikat von Alexander VI. war geprägt von Versuchen der Machtausdehnung des Kirchenstaates auf Kosten der römischen Adelsfamilien. Dabei sollte auch für den Erstgeborenen ein weltliches Fürstentum geschaffen werden. Nach der Ermordung Juans blieb Alexander VI. bei seinem Ziel, ein erbliches Fürstentum zu schaffen, jetzt für seinen zweitgeborenen Sohn Cesare.
Über Cesare sind die Berichte der Zeitgenossen noch parteiischer als über seinen Vater. Cesare beeindruckt und entsetzt Freunde wie Feinde und versteht es, unberechenbar zu agieren. Damit schafft er es, die Bewunderung von Niccolo Machiavelli zu erlangen, der nach der endgültigen Niederlage Cesare Borgias jedoch nüchtern feststellt, dass jener nicht in der Lage war, sein Verhalten den neuen Begebenheiten anzupassen.
Angenehm neutral zeichnet Volker Reinhardt die Geschichte der Borgias in Italien nach. Zwar berichtet er von den Verleumdungen und Anschuldigungen denen die spanische Familie ausgesetzt war, doch erwähnt er auch die üblichen Übertreibungen sowie den Unmut, den ein Nicht-Italiener auf dem Stuhl Petri damals hervorrief.
Das komplexe Netz aus Verwandtschaften, flüchtigen Allianzen und tiefgehenden Feindschaften im Italien der Renaissance wird vom Autor gut erklärt und wenn möglich vereinfacht wiedergegeben. So gelingt es, die Motivation der Borgias nachzuvollziehen und ihre Taten besser im historischen Kontext einzuordnen.
Obwohl nicht explizit erwähnt, wird dem Leser klar, was zu dem fatalen Bild der Borgias in der Neuzeit beigetragen hat: Dass Geschichte von Siegern geschrieben wird. Und die Borgias haben ihren Kampf in Italien eindeutig verloren. Wie auch die italienischen Familien ihrer Zeit wollten die Borgias Einfluss im Vatikan, entweder als Päpste oder durch zahlreiche Familienmitglieder im Kardinalskollegium, ebenso wollten sie einen erblichen Titel, der sie unabhängig vom Papsttum mindestens auf den gleichen Rang wie die italienischen Familien stellen sollte.
Volker Reinhardt hebt zum Schluss die Sonderrolle Lucrezia Borgias in dieser von Männern dominierten Welt hervor. So bricht er gegen Ende des Buches mit dem Vorurteil, dass die gesamte Borgia-Familie brutal und machthungrig war. Indem er das positive Beispiel von Lucrezia als späte Herzogin von Ferrara erwähnt, ermöglicht er eine neutralere Bewertung ihrer männlichen Verwandten. Ein durchweg lesenswertes Buch.
Eine Leseprobe findet sich auf der
Verlagsseite.