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 Die Demokratie und ihre Feinde

Wer gestaltet die neue Weltordnung?

Autoren: Robert Kagan
Übersetzer: Thorsten Schmidt
Verlag: Siedler

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Ausgangspunkt von Kagans Analyse sind die Enttäuschungen der neunziger Jahre: Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte die westliche Welt erwartet, das Ende des Kommunismus sei gleichbedeutend mit dem endgültigen Sieg der liberalen Demokratie. Diskutiert wurde allenfalls über das Tempo, mit dem etwa China im Zuge seiner Wirtschaftsreformen auch zur politischen Liberalisierung gelangen würde, während sich für das prowestliche Russland Boris Jelzins diese Frage bereits erledigt zu haben schien.

Die unangefochtene Vorherrschaft der USA schien auch politisch zu verbürgen, dass die Geschichte (sofern sie nicht überhaupt an ihrem Ende angekommen war) nur noch eine Richtung kennen würde: hin zu Menschenrechten und Demokratie, damit auch zu Marktwirtschaft, friedlicher internationaler Kooperation und Verflechtung. Das Zeitalter der Geopolitik schien reif zur Ablösung durch eines der Geooökonomie.

Tatsächlich aber, so Kagan, bereitete sich schon in den Neunzigern jene neue Runde im Ringen zwischen Demokratie und Autokratie vor, das spätestens seit der Französischen Revolution eines der Hauptthemen der internationalen Politik ist.

Kagan arbeitet heraus, welche Wirkung die Dominanz des Westens und seiner Wertvorstellungen in den Neunzigern auf nichtwestliche Völker und Regierungen gehabt haben musste: auf China, dessen Führung die Studentenunruhen 1989 als existenzielle Bedrohung und die westliche Welt in diesem Zusammenhang als feindlichen Block wahrnahm, und auf Russland, für das die neunziger Jahre eine Phase der Schwäche, der Anarchie und des allgemeinen Niedergangs waren.

Beide Länder, so Kagan, arbeiten zäh an ihrem (Wieder-)Aufstieg in den Club der Großmächte und bedienen sich dabei auch traditioneller Machtmittel, einschließlich militärischer Stärke - eine Situation, durch die ein postmodernes Europa etwa im Verhältnis zu Russland überfordert ist. Beide Länder setzen auf die Konsolidierung autokratischer Strukturen. Dies hat nach Kagans Auffassung tiefgreifende Auswirkungen auf ihre Außenpolitik.

Kagan zählt Beispiele auf, anhand deren er den Nachweis führt, dass bei vielen Ländern ein deutlicher Zusammenhang zwischen ihrer inneren Struktur - Demokratie oder Autokratie - und ihren außenpolitischen Präferenzen für Amerika einerseits, Russland beziehungsweise China andererseits existiert. Dieser Sachverhalt muss für den Westen, speziell die USA, nicht ungünstig sein:

Es gibt Anzeichen, dass Indien Anlehnung bei den USA sucht, um sich gegen die Herausforderung durch ein mächtiger werdendes China - selbstredend auch gegen Pakistan - zu wappnen. Aus demselben Grund sucht Japan, sein Bündnis mit Amerika zu festigen.

Kagans Überlegungen laufen darauf hinaus, die Solidarität der - westlichen wie nichtwestlichen - demokratischen Staaten zu vertiefen und zugleich zumindest auf diplomatischem Wege die Demokratisierung der (noch?) nicht demokratischen Länder zu fördern. Er legt Wert auf die Feststellung, dass dies keine konfrontative Strategie sei, dass sie insbesondere auch Kooperation und natürlich Handel im gemeinsamen Interesse von Demokratien und Nicht-Demokratien nicht behindere.

Dieses Konzept gilt ausdrücklich auch für den Nahen Osten. Kagan zeigt sich überzeugt, dass die Unterstützung autokratischer Regime in islamischen Ländern keine nachhaltige Strategie ist. Jedenfalls sollten auch sie zugunsten von Menschenrechten, Liberalität, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie unter zumindest sanften Druck gesetzt werden. Das Risiko, dass auf diese Weise Islamisten an die Macht kommen könnten, ist der Autor in Kauf zu nehmen bereit, da er den Islamismus ohnehin als eine rückwärtsgewandte Bewegung ohne Zukunft betrachtet.

Kagans Analyse besticht durch ihre Knappheit, ihre Konzentration auf das Wesentliche, ihre Orientierung am klassischen Instrumentarium realpolitischer Analyse, nicht zuletzt auch durch des Autors Fähigkeit, komplexe Sachverhalte in einem pointierten Urteil zusammenzufassen (zum Beispiel "Wenn Ostasien heute dem Europa des ... frühen zwanzigsten Jahrhunderts ähnelt, dann ist Taiwan das Sarajewo").

Die Schwächen seines rein an staatlichen Strukturen orientierten Ansatzes treten dort zu Tage, wo es um die politischen Wirkungen kultureller Gegebenheiten und dabei speziell um den politischen Islam geht. Diesen scheint der Autor für eine vorübergehende Erscheinung zu halten, die man im Zuge von Demokratisierungs- und Modernisierungsprozessen eben in Kauf nehmen müsse. Eine mehr in die Tiefe gehende Analyse hätte möglicherweise zu anderen Ergebnissen geführt.

Ungeachtet dieser Schwäche ein ob seiner analytischen Klarheit und Prägnanz empfehlenswertes Buch, und zwar für jeden politisch Interessierten.

Manfred Kleine-Hartlage



Hardcover | Erschienen: 01. Juni 2008 | ISBN: 9783886808908 | Originaltitel: The Return of History and the End of Dreams | Preis: 16,95 Euro | 128 Seiten | Sprache: Deutsch

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