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Wer in den späten 1980er seine Jugend erlebt hat, für den waren die privaten Fernsehsender das Mekka der Serienunterhaltung. Gerade frisch in die Antennennetze eingespeist, öffneten SAT.1 und (damals noch) RTLplus eine wahre Schatzkiste an amerikanischen TV-Schätzen, wie zum Beispiel „MacGyver“, „Die Spezialisten unterwegs“ oder „Die Zeitreisenden“. Heute, im Jahr 2009, erleben diese Serien mit ihrer Veröffentlichung auf DVD eine kleine Renaissance – und die Fans von damals können ihre Jugend wiederaufleben lassen, während die Silberlinge im DVD-Spieler rotieren. Überraschenderweise erweist sich gerade „Die Zeitreisenden“ als wahre Perle, obwohl die Serie niemals über 20 Folgen hinauskam und außer in Fankreisen wohl auch relativ unbekannt ist.
Der junge Jeffrey Jones lebt nach dem Unfalltod seiner Eltern bei seiner Tante und seinem Onkel, die beide nicht sehr begeistert davon sind, sich fortan um einen elfjährigen Jungen kümmern zu müssen. Eines Nachts steht plötzlich ein verwirrter Fremder in Jeffreys Zimmer (in den oberen Stockwerken eines Wolkenkratzers!) und fragt ihn, ob dies das Jahr 1492 sei. Als Jeffreys Hund den Fremden angreift, stürzt der Junge aus dem Fenster in die Tiefe – und der verwirrte Fremde springt hinterher. Mit diesem Sturz beginnt für Jeffrey ein fantastisches Abenteuer. Denn der Fremde ist ein Zeitreisender namens Phineas Bogg, der im Auftrag der Gesellschaft der Voyagers dafür sorgt, dass die Geschichte so abläuft, wie sie in den Geschichtsbüchern festgehalten wurde. Instrument dieser Zeitreisenden ist ein Taschenuhr-ähnliches Gerät namens Omni. Mit diesem kann man sich kontrolliert durch die Geschichte bewegen. Stimmt etwas in der gegenwärtigen Zeit nicht, so leuchtet in dem Omni ein rotes Licht auf. Erst, wenn dieses Problem behoben und der Verlauf der Geschichte wieder korrigiert wurde, leuchtet ein grünes Licht auf und die Reise der Zeitreisenden kann weitergehen. Dummerweise ist Jeffreys neuer Begleiter nicht gerade der Fitteste, was Geschichte angeht. Und da dessen Handbuch in Jeffreys Zimmer geblieben ist, muss er sich wohl oder übel auf seinen jungen Begleiter verlassen, dessen Vater Geschichtsprofessor war. So erleben die beiden fortan aufregende Abenteuer auf ihren Reisen quer durch die Menschheitsgeschichte.
Die Struktur der einzelnen Folgen ist immer relativ ähnlich gestrickt. Bogg und Jeffrey landen in einer irdischen Epoche und stellen fest, dass irgendetwas mit der Geschichte nicht stimmt. Um dieses Problem zu beheben, müssen sie üblicherweise weitere Jahrzehnte zurückreisen, um etwa den Brüdern Wright bei der Erfindung des Flugzeuges zu helfen oder die Ermordung einer wichtigen Person zu verhindern. Natürlich kann sich eine Unterhaltungsserie nicht zu dicht an historische Genauigkeit halten, und in den Achtzigerjahren war man weit davon entfernt, historischen Realismus zu propagieren. Doch gerade für Kinder bietet die Serie eine gute Annäherung an geschichtliche Ereignisse, auch wenn diese meist eher USA-zentriert sind. Da die Box mit einer Altersfreigabe ab 12 Jahren versehen ist (nicht wie auf manchen Pressebildern ab 6 Jahren), empfiehlt es sich für verantwortungsvolle Eltern, gewisse Folgen auszuklammern, die aufgrund ihrer Handlung für jüngere Kinder zu dunkel sind, wie beispielsweise „Der neue Jack the Ripper“. Andere Folgen wiederum eignen sich ob der pazifistischen Einstellung der Hauptcharaktere oder der Identifikationsfigur Jeffrey bereits für Zehnjährige.
Wer sich übrigens über den Namen „Phineas Bogg“ wundert: In der letzten Folge wird erklärt, woher die Ähnlichkeit zu einer gewissen literarischen Figur kommt.
Stars der Serie sind Jon-Erik Hexum, der als aufstrebender Jungschauspieler und Frauenschwarm wohl noch eine große Karriere vor sich gehabt hätte, wenn er nicht durch einen Unfall an einem Filmset ums Leben gekommen wäre, und Meeno Peluce, einer der bekanntesten Kinderdarsteller der Achtziger. Neben diesen beiden kann „Die Zeitreisenden“ eine ganze Reihe von Gastschauspielern aufweisen, die sich seit damals ebenfalls einen Namen gemacht haben. So spielt in der Folge „Werkzeuge des Satans“ eine junge Shannon Doherty („Beverly Hills 90210“) ein Mädchen aus der „Hexen“-Stadt Salem, während in „Flug über den Atlantik“ Jonathan Frakes („Star Trek: The Next Generation“) den Flieger Charles Lindbergh mimt.
Die Folge „Unschuldig vor Gericht“ hat übrigens auffallende Ähnlichkeit mit der 23. Staffel der britischen SF-Serie „Doctor Who“, in der der Hauptcharakter ebenfalls wegen angeblicher Überschreitung der Gesetze Zeitreisender unschuldig vor Gericht gestellt wird. Da „Die Zeitreisenden“ jedoch vier Jahre vorher gedreht wurde, kann man hier allerhöchstens auf Seiten von „Doctor Who“ von Ideenklau sprechen.
Einer der beeindruckendsten Aspekte dieser Veröffentlichung ist die Mühe, die man sich bei der Gestaltung der DVD-Box gegeben hat: Entfernt man die schützende Papphülle, hält man die Box in Form eines Handbuchs für Zeitreisende mit Lederoptik in der Hand, inklusive dem Namen „Phineas Bogg“ auf dem Cover. Während in den Buchdeckeln die fünf DVDs untergebracht sind, befindet sich auf den dazwischen liegenden Seiten ein ausführlicher Serien- und Episodenführer mit zahlreichen Informationen zum Hintergrund der jeweiligen Folge und zu den entsprechenden Gaststars.
Wer sich vor zwanzig Jahren „Die Zeitreisenden“ im deutschen Privatfernsehen angesehen und sich dabei gut unterhalten hat, wird an dieser Box nicht vorbeikommen. Die Serie ist natürlich leichte Unterhaltung, die etwas in die Jahre gekommen ist, aber sie ist bei weitem nicht so kindisch, wie man vielleicht denkt. Teilweise kann man sie durchaus zur ersten Vermittlung geschichtlichen Wissens einsetzen. Für die Gestaltung der DVD-Box gebührt Koch Media höchstes Lob. Hier wurde mit viel Liebe zum Detail einer guten, aber damals unterschätzten Serie späte Ehre erwiesen. Volle Punktzahl!