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 Die gelöschte Welt

Autoren: Nick Harkaway
Übersetzer: Jürgen Langowski
Verlag: Piper

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Als das „ungewöhnlichste Abenteuer unserer Zeit“ preist die Coverrückseite den Roman „Die gelöschte Welt“ von Nick Harkaway an, als „triumphales apokalyptisches Werk, überschäumend vor Einfallsreichtum“ bezeichnet die Times ihn. Und auch die Inhaltsangabe klingt verlockend. Aber kann das Debüt des Briten halten, was dem Leser versprochen wird?

Die Welt ist nicht mehr, wie sie einmal war. Zahllose Menschen starben bei der „Großen Löschung“, und die Überlebenden kämpfen um ihren Platz in der lebensfeindlich gewordenen Welt. Nur die Nähe zur Jorgmund Pipeline, die einen lebenswichtigen Stoff abgibt, sichert ihren Existenzkampf.
Doch wie kam es überhaupt dazu, dass die Welt plötzlich aus den Fugen geraten ist? Der Ich-Erzähler berichtet von früher, von seiner Kindheit und dem Leben bei der Familie Lubitsch, die ihn liebevoll aufnahm, allen voran sein bester Freund Gonzo, ein kräftiger Kerl mit dem Herzen am rechten Fleck. Eine Ausbildung bei einem Meister der asiatischen Kampfkunst steht einem Studium samt typischer Friedensdemonstrationen und Anti-Bewegungen entgegen. Und wie es nun mal so einfach passiert, landet man plötzlich beim Militär und wird zu einer Kampfmaschine ausgebildet, um dann in einen Krieg geschickt zu werden, der plötzlich die ganze Welt umspannt …

Was in furioser Endzeitstimmung auf den ersten Seiten beginnt, entpuppt sich bald schon als harte Geduldsprobe für den gespannten Leser, der unbedingt wissen will, wie das Abenteuer in dieser lebensfeindlichen Welt weitergeht. Denn statt die „Mad Max“-ähnliche Atmosphäre des ersten Kapitels weiterzuverfolgen, gibt der Autor schon früh einen langen, sehr langen Rückblick auf das Leben von Gonzo und des Ich-Erzählers der Geschichte. Stilistisch anspruchsvoll, inhaltlich unterhaltsam und darüber hinaus auch noch mit richtig viel trockenem Humor gewürzt, bietet die knapp 400 Seiten umfassende Rückblende bereits so früh viele Erklärungen für das Geschehene und die zahlreichen verwirrenden Anspielungen des Anfangs, nicht zuletzt lernt man die handelnden Personen und ihre Beziehungen zueinander näher kennen. Doch bis sich dieses feine Geflecht aus Zusammenhängen abzeichnet, vergehen einige hundert Seiten, und lange fragt man sich, worauf das alles eigentlich hinauslaufen soll. Wenn der Roman dann endlich Fahrt aufgenommen hat, lässt er sich aber kaum mehr aus der Hand legen. Mal brutal und gnadenlos, mal actionreich und spannend, mal bitterböse und witzig und zudem mit einem furiosen Finale hat Nick Harkaway seinen Roman verfasst und sorgt damit rundum für gute Unterhaltung. Man mag sich darüber streiten, ob es einer so langen Rückblende in einem Stück bedarf oder ob man diese nicht in mehrere Segmente hätte splitten können, mutig ist es allemal, sich über Schreib- und Lesekonventionen derart hinwegzusetzen.
Auch vermeidet es Harkaway, seinen Roman in eine Schublade stecken zu lassen. Hier Ninja-Romantik, da brutales Kriegsgeschehen, dort coole Endzeit-Atmosphäre, stets mit trockenen Sprüchen und ellenlangen Sätzen versehen, da fällt es schwer, „Die gelöschte Welt“ eindeutig einem Genre zuzuordnen. Aber das Konstrukt funktioniert und hinterlässt beim Leser den Eindruck, etwas richtig Gutes in den Händen zu halten. Daran kann auch die etwas zäh startende Rückblende nichts ändern.

Mit „Die gelöschte Welt“ legt Nick Harkaway ein furioses Debüt vor, das mit einem eigenwilligen, aber funktionierenden Genremix, viel Humor und coolen Charakteren punkten kann. Anspruchsvolle und zugleich sehr unterhaltsame Kost, die durch ihre ungewöhnliche Zusammensetzung vielleicht nicht jedermanns Fall sein wird.

Tina Klinkner



Taschenbuch | Erschienen: 1. August 2009 | ISBN: 9783492267045 | Originaltitel: The Gone-Away World | Preis: 12,95 Euro | 729 Seiten | Sprache: Deutsch

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