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 Drei Fälle für Lord Peter


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Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Das ungelöste Rätsel vom Mann ohne Gesicht
Auf einer Zugfahrt unterhalten sich vier Personen über einen Mord, der am Tage zuvor geschehen ist. Am einsamen Strand von East-Fulham hat man einen Toten gefunden. Sein Gesicht war durch zahlreiche Schnitte grausam entstellt. Er lag am Strand und nur seine Fußspuren wurden gefunden. Er war erwürgt worden. Die Reisenden mutmaßen, wer als Täter in Frage kommen könnte. Einer der Anwesenden hält einen Mord durch die Mafia für möglich, ein anderer vermutet, dass ein Soldat, traumatisiert durch den Krieg, die Tat begangen haben könnte. Ein Dritter hält Ausländer, namentlich einen Italiener, für den wahrscheinlichsten Täter. Doch der vierte Mann, Lord Peter Wimsey, ist anderer Meinung. Aus den spärlichen Informationen deduziert er den kompletten Tathergang:
Der Unbekannte Mörder kam aus dem Wasser, erwürgte den Aufgefundenen und verließ den Tatort zur Zeit des höchsten Wasserstandes ohne Spuren zu hinterlassen. Er nahm das Auto des Toten, lud sein Fahrrad hinein, mit dem er wahrscheinlich zum Strand gekommen war und fuhr zu einer kleinen Pension, wo er rechtzeitig zum Frühstück eintraf. Dann brachte er vermutlich das Auto in der Gegenrichtung in eine Werkstatt und verschwand.
Die Mitreisenden bezweifeln dies lautstark. Doch ein bis dahin stummer Mann spricht Wimsey auf seine Theorie an und bittet um seinen Namen und Adresse um sich mit ihm in Verbindung setzen zu können.
Wenig später sucht dieser Mann, der in diesem Mordfall ermittelnde Inspektor Parker, Lord Peter in seiner Stadtwohnung auf und bestätigt dessen Theorie. Weitere Ermittlungen würden einen der Tat verdächtigten Italiener auffinden.
Ein Journalist nimmt Lord Peter mit an die Arbeitsstelle des Ermordeten, um sein Urteil über ein Portrait zu hören, das von dem Toten kurz vorher gemalt worden war. Lord Peter kauft das Bild, denn er hat einen bestimmten Verdacht.
Wenig später erläutert er Inspektor Parker seine Theorie, die er belegen könnte, wenn dies gewünscht würde. Doch Inspektor Parker ist anderer Meinung und verfolgt eine andere Spur.

Der Zank um den Knochen
Lord Peter Wimsey ist zu Gast bei einem alten Freund, dem Friedensrichter Frobisher-Pym. Der berichtet ihm vom Tod des alten Burdock, eines reichen Grundbesitzers. In Gegenwart von Lord Peter erzählt der Verwalter Plunkett von einer schrecklichen Begebenheit am Abend zuvor:
Plunkett wollte in der Nähe der Gemeindewiese einen Zaun reparieren, da geschah etwas Grauenhaftes. Eine weiß glühende Kutsche glitt völlig lautlos über die Wiese und den Kiesweg. Gezogen wurde sie von vier weißen Pferden ohne Kopf. Das Geschirr war nicht zu hören und die Führleine endete kurz hinter den Pferden im Nichts. Auf dem Kutschbock saß ein kopfloser Mann. Plunkett war sich sicher, dass sein baldiger Tod bevorstand, denn im Dorf gab es eine alte Sage, dass der kopflose Kutscher nur von den Todgeweihten gesehen werden konnte.
Der Friedensrichter ist rechtschaffen wütend über Plankett und ermahnt ihn eindringlich diesen Unsinn zu vergessen. Wimsey lächelt nur und sagt kein Wort.
Am nächsten Tag leiht sich Lord Peter ein Pferd und reitet über die Straße und die Gemeindewiese zu einem alten Weggefährten. Bis ein Uhr in der Nacht erzählen sie sich Geschichten und schwelgen in Erinnerungen. Dann bricht Wimsey auf und reitet im strömenden Regen über die Gemeindewiese zurück. Zu seinem Entsetzen sieht er plötzlich die Todeskutsche über die Wiese rollen. Alles ist genau so, wie Plankett es erzählt hatte. Lord Peter reitet zur Straße und wartet auf die Kutsche. Doch sie erscheint nicht. Sie ist wie vom Erdboden verschluckt.
Am nächsten Morgen gibt es noch mehr Erschreckendes aus der vergangenen Nacht zu hören. Irgendjemand hat die Frau des Pfarrers und dessen Tochter während der Totenwache für den verstorbenen Burdock in der Kirche eingeschlossen und die nächste Nachtwache, zwei kräftige junge Männer, im Kohlenkeller eingesperrt.
Am Tag nach der Beerdigung von Burdock begibt sich der Friedensrichter und Lord Peter zum ältesten Sohn Burdocks, Haviland. Sie wollen gemeinsam das Testament suchen, dass der alte Burdock irgendwo versteckt haben muss. Ausgerechnet Lord Peter findet es in einem alten, schimmeligen Buch in der Bibliothek. Doch das Seltsamste ist der letzte Wille Burdocks: "Solange seine Knochen über der Erde sind", erbt Martin Burdock, der verstoßene Sohn das beträchtliche Vermögen. Sind seine Knochen unter der Erde, gehört alles Haviland.
All diese verwirrenden und grotesken Ereignisse hängen zusammen und Lord Peter hat auch schon eine Lösung parat, die alle Anwesenden aufs äußerste schockiert.

Die geheimnisvolle Entführung
Schon seit Jahren geht Professor Langley in seinen Ferien etymologischen Studien in den Pyrenäen nach. Die Menschen und die Sprache der Basken haben es ihm angetan. In diesem Jahr gelang er so weit in die einsame Berggegend wie noch nie zuvor. Er übernachtet in einem Gasthof und hat sich grade ans Feuer gesetzt, da hört er dass es oben in den Schluchten noch ein Wohnhaus gibt. Doch seine Fragen werden nur sehr einsilbrig beantwortet. Irgendein schreckliches Geheimnis scheint es um die Bewohner dieses Hauses zu geben. Die Wirtsleute wollen dem Fremden aber nichts erzählen. Erst die Tochter erzählt Langley in Abwesenheit ihrer Eltern eine mysteriöse Geschichte:
Die Frau des dort wohnenden Arztes ist von Dämonen besessen und man sei des Todes, wenn man sich dort oben länger aufhielte. Nur eine alte Frau, eine Heilige genannt, lebt dort oben mit dem Ehepaar zusammen. Sie aber will nicht erzählen, was dort wirklich passiert.
Zu seinem größten Erstaunen lautet der Name auf einem Postpaket, das im Gasthof für das Felsenhaus abgegeben wird, Dr. Wetherall. Erregt und völlig überrascht von dieser Nachricht bittet er für ihn einen Brief zum Haus mitzunehmen. Er wäre ein alter Freund des Arztes und seiner jungen und schönen Frau. Zwar glaubt niemand, dass Dr. Wetherall Gäste empfängt, aber der Brief wird überbracht.
Zum größten Erstaunen der Gastleute kommt die alte Frau am nächsten Tag und übergibt eine sehr freundliche und warmherzige Einladung für Professor Langley. Er sei herzlich zum Abendessen eingeladen und möge sofort aufbrechen. Angekommen wird Langley herzlich begrüßt und der Frau des Arztes vorgestellt. Voller Horror und Entsetzen ist der junge Professor wie erstarrt: Die vor drei Jahren noch bildschöne und von Langley insgeheim begehrte junge Frau ist zu einem degenerierten Wesen verkommen. Klein, lederhäutig und haarlos kriecht sie auf ihn zu. Schwachsinnig ist ihr Blick und tierhaft ihre Gebärden. Langley wendet sich hilflos an den Arzt. Der aber ist bester Laune und lacht über Langleys Entsetzen. Als der aber gehen will wandelt sich das Wesen des Arztes. Er hat eine fast diabolische Freude daran, seine Frau Langley vorzuführen und er steigert sich in die Behauptung, dass Langley ihn ja bereits vor drei Jahren mit seiner Frau betrogen habe und "ob er sie nicht immer noch begehren würde".
Langley schlägt den Arzt nieder und flieht. Auf der Zugfahrt nach Hause erzählt er einem Mitreisenden, der sich um ihn kümmert die ganze Geschichte. Dieser Mann entpuppt sich als Lord Peter Wimsey. Der aber gerät in helle Aufregung ja fast Verzückung und verspricht Langley "alles in Ordnung" zu bringen.

Drei Kurzgeschichten von Dorothy L. Sayers sind in dieser Hörbuch-Edition vereint. Das erste Hörspiel ("der Mann ohne Gesicht") ist eine kleine, virtuose, gedankliche Übung Wimseys. Es gibt kaum Ermittlungen oder Verhöre, einzig der scharfe Verstand Lord Peters löst diesen Fall.
Das zweite Hörspiel ist zunächst eine Horrorgeschichte ("der Zank um den Knochen") und entwickelt sich zu einem bitterbösen Familienzwist. Die Geschichte wirkt stark überkonstruiert und so komplex, dass sie ins Irreale abgleitet. Nur Lord Peter kann die losen Fäden zusammenfügen und eine traurige Lösung anbieten.
Das dritte Hörspiel ist von völlig anderer Qualität. Was zunächst als betuliche Reisegeschichte daherkommt, gewürzt mit einem Ammenmärchen der Landbevölkerung, erweist sich als diabolische Rache eines Wahnsinnigen an zwei Menschen, die völlig unschuldig verdächtigt werden. Diese Geschichte erweist sich als ein Edelstein unter Kieseln in dieser Hörbuch-Edition.

Entscheidende Kriterien für die kritische Würdigung eines Hörbuchs sind erstens die Aufmachung der Hülle und die dort abgedruckten Informationen, zweitens der Einsatz von Stimmen und Musik und drittens die Werktreue oder didaktische Akzentuierung und dramatisierende Kürzung des Textes.
Zum ersten Kriterium lässt sich sagen, dass mehr Informationen die Autorin betreffend abgedruckt werden sollten, ansonsten sind Bild und Text informativ und hinreichend.
Entscheidendes Manko der Geschichten ist der Einsatz der Synchronsprecher. Ist die erste Geschichte fast ohne Fehl und Tadel (bis auf zwei Nebenrollen am Anfang der Geschichte, die ihren Text abzulesen scheinen und weniger interpretieren), gilt dies für das zweite Hörbuch nur sehr bedingt. Die wichtigen Sprecher der Burdock-Brüder sind schlecht gewählt. Fehlt es der Stimme von Martin Burdock nur an Prägnanz und klarer Betonung, ist die Stimme von Havilland miserabel. Der Sprecher liest seinen Text ab, betont falsch und spricht zudem undeutlich. Das stört den Hörgenuss erheblich. Im dritten Hörbuch sind es nur zwei Nebenrollen, die die ansonsten sehr hohe Qualität der Sprecher konterkarieren. Dies fällt kaum ins Gewicht.
Das Kriterium Werktreue respektive Textkürzungen ist hervorragend gelöst. Die Texte sind entweder zu hundert Prozent übernommen oder so unmerklich verändert worden, dass es der Hörer nicht bemerkt.

Fazit: Diese Hörbuch-Edition ist gelungen und unbedingt zu empfehlen. Leider trüben einige Sprecher den guten Gesamteindruck, allerdings nur in der mittleren Geschichte gravierend.
Die Zusammenstellung dieser drei Hörspiele mit ihren sehr unterschiedlichen Charakteristika ist eine ausgezeichnete Idee des Lektorats. Das Gefühl einer Serie oder Abfolge kommt nicht auf und erhöht erheblich die Spannung. Immer wieder ist man überrascht, wie unterschiedlich diese Hörspiele (und ihre Vorlagen) den Hörer gefangen nehmen.
Für knapp fünfzehn Euro erhält man drei gute Hörspiele, die in keiner Sayers- oder Krimi-Sammlung fehlen sollten.

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 3 | Erschienen: 1. April 2005 | ISBN: 9783899640892 | Laufzeit: 157 Minuten | Preis: 14,90 Euro | Sprache: Deutsch

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