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 Endlich!


Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Vera Hagedorn ist seit kurzem 40, wohnt im kleinen Städtchen Stade, führt eine glückliche, aber ereignislose Ehe und ein recht zufriedenes, aber insgesamt ebenfalls sehr ereignisloses Leben. Erst als sie herausfindet, dass ihr braver Mann sie betrügt – womit sie niemals auch nur im Traum gerechnet hätte – hat sie den Mut, ihr Leben zu ändern, nicht aber, ohne sich vorher entscheidende Fragen zu stellen: Was will frau mit 40? Was darf frau mit 40 eigentlich wollen, was soll sie wollen? Und ist es jetzt endlich an der Zeit, dass mal etwas passiert?

"Endlich!" ist Ildikó von Kürthys siebter Roman. Berühmt wurde die Autorin – inzwischen wie Protagonistin Vera Hagedorn selbst in den Vierzigern – mit "Mondscheintarif", wo vor allem ihre lockere, unbeschwerte und sehr witzige Art zu schreiben beeindruckte. Bei "Endlich!" ist die Leichtigkeit dahin. Um ehrlich zu sein: Viele Leute haben ein durchschnittliches Leben mit wenigen Höhe- und Tiefpunkten, einen passablen Mann, der einen betrügt oder auch nicht, einige gute Freundinnen, einen Job, weniger Sex, als man gerne hätte – ein deutsches Durchschnittsleben, so traurig es klingt. Will man genau so ein Leben nochmal als Roman lesen? Eigentlich nicht. Es ist fast bestürzend, wie bieder dieser Roman geraten ist, denn eigentlich hätte man von der Autorin eben nicht erwartet, dass sie in den Kanon der Frauenliteratur einstimmt, die sich einerseits ereifert, frau müsse sich ja nun im mittleren Alter nicht mehr mit Selbstzweifeln und Lebensfindung herumschlagen – und dann andererseits genau diese Geschichte erzählt, und zwar so, wie man sie bereits hundertfach in ähnlichen Frauenromanen findet. "Endlich!" fährt genau auf der Schiene jener Frauenbücher, deren Zeit eigentlich mal vorbei sein sollte: Frau lebt ahnungslos dahin, ist unzufrieden, wird betrogen, betrügt selbst, startet eine geistige und körperliche Runderneuerung und entdeckt "Hey, ich habe ja auch noch Sehnsüchte, jetzt ist die Zeit, mir meine Wünsche zu erfüllen." – Wow.

Wenn Vera darüber nachsinnt, dass die oft im Freundinnenkreis bequatschten Problemchen von Orangenhaut, nachlassender Spannkraft im Busen, dem Hype um Ayurveda-Kurse und der aufregenden Affäre mit dem Klavierlehrer eigentlich ja ziemlich lächerlich und furchtbar öde sind, dann schickt von Kürthy die Hauptfigur postwendend in eine Ayurveda-Klinik, lässt sie die Freuden von Botox entdecken und mehrere Affären beginnen nach dem Motto "Jetzt erst Recht – wie du mir, so ich dir".
Vor allem die Passagen, die sich in der Wellness-Einrichtung und später im Kurs "Nackt besser aussehen" zutragen, erinnern ungut an Hera Lind-Romane. Frauen, nehmt euch Liebhaber, seid selbstbewusst und frech, lasst euch aber auch nicht gehen und vertraut bloß nicht darauf, dass eure Ehe wirklich so harmonisch ist, wie ihr die ganze Zeit glaubt! Weil dieses Thema bei Licht betrachtet so furchtbar klischeehaft, spießig und ausgenudelt ist, hätte die Autorin bei "Endlich!" zu viel spritzigem Humor und bissiger oder böser Satire greifen müssen, um die Geschichte zu retten. Aber dieser Humor blitzt leider viel zu selten durch, zumindest in der Hörbuchfassung, und wirkt dadurch schal.

Klar wird man die eine oder andere Verhaltensweise, die sich bei den meisten Menschen in den Alltag eingeschlichen hat und die von Kürthy durchaus treffend persifliert, wiedererkennen und dann auch mal ertappt lächeln. Aber witzig oder spritzig oder leicht erzählt ist das nicht. Da kann auch ein ebenfalls extrem klischeehafter deutsch-türkischer schwuler Kurgast, der den Frauen viele hilfreiche Ratschläge gibt – klar, er ist ja auch schwul – den Humor nicht mehr retten.
Die Lesung von Anneke Kim Sarnau unterstreicht den biederen Touch des Romans leider noch zusätzlich, obwohl die Lesung durchaus stimmig ist. Nur leider ist sie, ganz wie Vera Hagedorns Leben, eben ohne besondere Tief-, aber auch ohne herausragende Höhepunkte. Lediglich wenn die Sprecherin die Passagen, die Liedtexte sind, tatsächlich singt (und das wirklich toll macht), dann zeigt sich ein bisschen Glanz, der den Roman aufwertet.

Wenn 40 Sein so ist wie hier beschrieben, wenn man sich als Frau mit 40 angeblich nur solche Gedanken macht, wenn man mit 40 so ist wie Vera Hagedorn - dann möchte man keinesfalls 40 sein!

Christina Liebeck

Probe


CD | CD-Anzahl: 4 | Erschienen: 1. September 2010 | ISBN: 9783839810354 | Laufzeit: 236 Minuten | Preis: 19,95 Euro | Sprache: Deutsch

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