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 Erkenntnistheorie

Autoren: Peter Baumann
Verlag: Metzler

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Die Erkenntnistheorie ist noch eine relativ junge Disziplin der Philosophie. Das vorliegende Buch stammt aus der Reihe "Lehrbuch Philosophie" und eignet sich hervorragend für ein Selbststudium der Grundlagen der Erkenntnistheorie.
In systematischer Weise werden zahlreiche zentrale Themen der Erkenntnistheorie vorgestellt, wobei wirklich eine systematische Vorstellung des Themenbereichs erfolgt und keine historische Abhandlung. Dennoch werden zu den einzelnen Fragestellungen auch die historischen Standpunkte dargeboten, so dass eine wirklich gute Einführung in die Erkenntnistheorie vorliegt.

Das erste Kapitel behandelt den Skeptizismus und stellt skeptizistische Argumente vor. Da wäre zum Beispiel das Traumargument, welches man auch bei Rene Descartes findet. Das Argument hat folgenden Inhalt: Wenn ich weiß, dass ich jetzt hier sitze, dann weiß ich auch, dass ich jetzt nicht im Bett liege und träume, dass ich bloß hier sitzen würde. Ich weiß aber nicht, dass ich jetzt nicht in meinem Bett liege und bloß träume, ich würde hier sitzen, also weiß ich auch nicht, dass ich jetzt hier sitze.
Dieses Argument und andere skeptische Argumente diskutiert Baumann ausführlich, denn sie sind große Probleme in der Philosophie, da mit ihnen nicht nur jede Art von Wissen bezweifelt werden kann, sondern auch eine von mir unabhängige Welt. Besonders in der Philosophie George Berkeleys findet man ein solches Argument. Berkeley sagt: Wenn ich etwas sehe, die Augen zumache und sie danach wieder öffne. Wie kann ich sicher sein, dass das, was ich sah bevor ich die Augen schloss und dass ich, nachdem ich die Augen wieder öffnete, auch in der Zwischenzeit, als ich die Augen geschlossen hatte, dort war?

Solche Fragestellungen führen dazu, dass man am Ende alles anzweifelt. Dennoch muss es einen Ausweg geben, zumindest muss man irgendwann eine Annahme machen, um sinnvoll leben zu können. Denn wenn ich alles bezweifle, was soll ich dann überhaupt noch tun?

Ein weiteres, sehr umfangreiches Kapitel in diesem Buch, ist die Frage was Wissen ist. Es werden mehrere Konzeptionen von "Wissen" vorgestellt und diskutiert, ebenso gibt es eine ausführliche Betrachtung der Kritiken an den einzelnen Konzeptionen.
Hierbei werden dann auch Wahrscheinlichkeit, Reliabilismus und Kontextualismus eingeführt und erläutert.

Überzeugungen sind dann ein weiteres Kapitel. Dabei wird dann erst einmal der Begriff des "Begriffs" diskutiert und verschiedene Begriffskonzeptionen, wie die der Familienähnlichkeit, die Prototypentheorie, aber ganz allgemein auch Vagheit von Begriffen. Danach geht es dann um Intentionalität, Intensionalität und Dispositionen.
Ebenso wird die Frage aufgeworfen, woher denn der Inhalt von Überzeugungen überhaupt stammt?

Das Kapitel Nummer Vier behandelt schließlich den Begriff der "Wahrheit". Dies ist ein sehr fundamentaler Begriff in der Philosophie und es gibt natürlich unterschiedliche Auffassungen was "Wahrheit" ist. Ausgehend von der Frage, was überhaupt wahr sein kann und welchen Zusammenhang "Wahrheit" und "Objektivität" haben, werden im Anschluss Wahrheitstheorien vorgestellt.
Neben der Korrespondenztheorie und der Redundanztheorie, werden auch die Kohärenztheorie und andere epistemische Wahrheitstheorien vorgestellt.

Im folgenden Kapitel geht es dann um "Rationalität" und "Rechtfertigung". Hauptsächlich steht hierbei die Rechtfertigung im Vordergrund und neben der Frage, was denn Gründe und Ursachen eigentlich sind, werden auch wieder verschiedene Auffassungen zum Rechtfertigungsbegriff dargeboten.

Die nächsten zwei Kapitel beschäftigen sich dann erneut mit dem Gebiet "Wissen". Dabei steht diesmal nicht der Begriff des "Wissens" ist Vordergrund, sondern einmal die Frage, woher das Wissen stammt und zum anderen welche Quellen es für Wissen gibt.
Zuerst einmal, scheinen beide Fragestellungen auf das selbe hinaus zu wollen, aber dem ist nicht so. Die Frage woher unser Wissen stammt, bezieht sich auf die Unterscheidung "a priori" und "a posteriori", also konkret geht es um die Frage nach Erfahrung und Erfahrungsunabhängigkeit.
Kommt all unser Wissen aus der Erfahrung oder gibt es erfahrungsunabhängiges Wissen? Hierbei spielt auch besonders das Begriffspaar "analytisch" - "synthetisch" eine große Rolle.

Die andere Frage, die nach den Quellen unseres Wissens, behandelt einmal die Induktion und die Probleme die mit ihr einhergehen. Aber auch die Wahrnehmung und die Probleme, die zum Beispiel Sinnestäuschungen und Illusionen verursachen, werden behandelt. Ebenso wie "Wissen durch Hörensagen".

Zum Schluss wird schließlich noch einmal auf die skeptischen Fragen, die zum Eingang gestellt wurden, zurückgegangen und es wird geschaut, ob die zwischen dem ersten und dem letzten Kapitel platzierten Kapitel zu Lösungen auf die skeptischen Fragen geführt haben. Damit ist das Buch dann in sich geschlossen und ausgehend vom Skeptizismus wird direkt gezeigt, wie verschiedene Fragestellungen in der Erkenntnistheorie direkt auf diese Fragen bezogen werden können.

Zusätzlich gibt es ein Verzeichnis weiterführender Literatur, so dass sich über diese Einführung hinaus interessierte Leser mit dem Thema beschäftigen können.

Dieses Buch ist als Lehrbuch hervorragend geeignet. Leider enthält es keine Übungsaufgaben, ist aber ansonsten sehr gut aufgebaut. Zentrale Begriffe und Definitionen sind vom restlichen Text abgesetzt, so dass man problemlos alles Wichtige schnell wieder finden kann.
Auch sind viele sehr zentrale Themen angesprochen worden. Natürlich kann nicht alles in ein einzelnes Buch integriert werden, so findet man zum Beispiel nichts zur Abduktion in diesem Buch. Aber für ein einführendes Buch sind die wesentlichen Elemente, die die Erkenntnistheorie ausmachen, enthalten und ein interessierter Leser kann über die Angabe der weiterführenden Literatur schnell in tiefere Gefilde des Themenbereichs eintauchen.

Was besonders zusagt, ist die systematische Orientierung des Buches. Die Erkenntnistheorie wird nach systematischen und nicht nach historischen Gesichtspunkten vorgestellt. Somit lernt man hauptsächlich die neuere Diskussion kennen und schlägt sich nicht mit den antiken Konzeptionen herum. Natürlich sind auch solche Elemente der Philosophie von Bedeutung, dazu gibt es aber viele Bücher zur Philosophiegeschichte, in denen man diese Sachen nachlesen kann. Wer sich also speziell für eine historische Darstellung interessiert, wird in diesem Buch nicht fündig werden, dafür liefert es aber eine hervorragende erste Einführung in die Erkenntnistheorie.

Jens Fleischhauer



Taschenbuch | Erschienen: 1. Juli 2002 | ISBN: 9783476017635 | Preis: 24,90 Euro | 319 Seiten | Sprache: Deutsch

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