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Wenn das Lesen Frauen in Gefahr bringen konnte und immer noch kann, wenn es sie unberechenbar widerwillig erscheinen ließ - was muss dann erst das Schreiben mit ihnen tun?
Oder besser gefragt: was tun sich diese Frauen selbst an, denn nicht wenige von ihnen gingen an ihrem Schicksal zugrunde. Alles nur die Schuld einer grausamen Gesellschaft, die Frauen nicht die gleichen Rechte und Freiheiten einräumt, die den Männern scheinbar ganz natürlich zustehen? Oder verenden diese Schriftstellerinnen an ihren eigenen Erwartungen und Ansprüchen?
Diese Fragen begegnen einem, wenn man zu Stefan Bollmanns Buch "Frauen, die schrieben, leben gefährlich" aus dem Elisabeth Sandmann Verlag greift.
Aber natürlich erhält man so viel mehr mit diesem Buch, unter anderem wunderbare Portraits der Autorinnen und Abbildungen von ihnen, die aus den unbekannten Frauen Vertraute machen kann.
Das Buch beginnt mit dem Titel gebenden Vorwort von Elke Heidenreich. Hier spürt man die Bitterkeit, Verzweiflung und Schmerzen, die ein Leben für die Kunst bereiten können. Man erfährt erstaunt, wie viele Frauen wirklich an ihrem Schicksal zugrunde gingen, und lernt über die Entbehrungen, die ein Schriftstellerleben für diese Frauen bereithielt. Das ist sehr melancholisch, aber nicht polemisch geschrieben. Hier stehen die Frauen im Vordergrund und nicht die Anklage gegen die Männer.
Die Einführung von Stefan Bollmann, "Der Kampf mit dem Engel", führt diese Themen von Heidenreich fort. Aber hier wird auch die andere Seite gezeigt, die erfolgreiche Schriftstellerin, die es trotzdem schaffte. Es wird auf gesellschaftliche Konventionen eingegangen, Entwicklungen aufgezeigt und interessante Fragen gestellt.
Soweit gerüstet kann man sich den Damen und ihren Werken widmen. In sieben thematischen, grob chronologischen, Kapiteln werden dem Leser die verschiedensten Autorinnen vorgestellt. Dabei handelt es sich vorwiegend - bis auf das letzte Kapitel - um Autorinnen der westlichen Kultur der letzten 250 Jahre.
Im ersten Kapitel "Die Karten der Liebe - Ahnherrinnen schreibender Frauen" werden uns die frühsten Schriftstellerinnen unseres Kulturkreises, wie Christine de Pizan, vorgestellt.
Es folgt "Herrenhäuser und Frauenzimmer - Gegenwelten des Gefühls" mit den großen Autorinnen wie Jane Austen, den Bronte Schwester oder George Sand.
"Von der Alm zur Villa Kunterbunt - Die Entdeckung der Kindheit" dürfte viele mit den Schöpferinnen der Jugendlektüre zusammenbringen. Denn natürlich sind auch Beatrix Potter oder Astrid Lindgren erwähnenswerte Autorinnen.
Ingeborg Bachmann, Agatha Christi und Virginia Woolf finden im Kapitel "Schreiben, um zu leben; leben um zu schreiben - Auf exzentrischen Bahnen" zusammen und ermöglichen dem Leser, Verbindungen zu sehen, an die man vorher vielleicht gar nicht dachte.
"Schreiben als Widerstand - Von der Tapferkeit" erzählt von Frauen wie Sophie Scholl, die bereit waren, bis zum bittersten Ende für ihre Ideale einzutreten.
Von großen Städten und ihren schreibenden Frauen handelt das Kapitel "Paris - New York - Die Erfindung des Lebens". Hier trifft man auf so unterschiedliche Frauen wie Dorothy Parker oder Simone de Beauvoir.
Abgeschlossen wird dieser Hauptteil des Buches mit "Liebe und Kunst sind international - Weibliche Stimmen der Weltliteratur". Ein versöhnlicher Abschluss, immerhin geht es hier um erfolgreiche und anerkannte Autorinnen, auch wenn diese natürlich nicht von Schicksalsschlägen bewahrt belieben.
Wie andere Werke aus dem Elisabeth Sandmann Verlag gibt auch dieses Buch jedem Portrait (mit wenigen Ausnahmen) eine Doppelseite. Hier finden wir eine Seite Text und eine ganzseitige Abbildung der Autorin, zudem auch immer wieder Abbildungen ihrer Werke, sei es in Form von Covern oder Seiten aus ihren Manuskripten.
Und gerade in diesem Buch geht dieses Konzept wunderbar auf. Die Frauen sind keine Unbekannten mehr, sie bekommen mit den Bildern ein Gesicht, das ihre Geschichte abrundet und es erleichtert, sich auf sie einzulassen.
Natürlich sind die Texte relativ kurz. Es handelt sich hier nicht um Biografien der einzelnen Künstlerinnen, vielmehr werden sie den Lesern vorgestellt oder wieder in Gedächtnis gerufen.
Trotzdem gibt dieses Buch einen wunderbaren, aber auch sehr melancholischen Blick in die Welt dieser schreibenden Frauen, die oft mit der Gesellschaft und ihren Vorstellungen haderten und nicht selten an sich selbst zugrunde gingen.
Ein sehr empfehlenswertes Buch - nicht nur für Liebhaber der Literatur.