Kai Meyers neuester Streich im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur gewann den Corine-Preis 2005. Nach sehr geringer Wartezeit für Hörbuchfreunde erschien nur zwei Monate nach dem Erscheinen des Buches die Lesung von Katharina Thalbach.

Die Zauberin Tamsin raubte der Schneekönigin einen Eiszapfen deren Herzens, das die Schneekönigin außerhalb ihres Körpers aufbewahrte. Doch was zur Befreiung vieler Menschen führen sollte, endete vielmehr in Verlusten und weiterer Bedrohung. Tamsin verlor bei diesem Übergriff auf die Schneekönigin ihren Vater und nun fließt zwar die Macht aus der Königin hinaus, doch dadurch erwartet die Einwohner des alten Russlands nur noch mehr Eis und Kälte - und viele werden sterben. Tamsin hat nur zwei Möglichkeiten: Entweder vernichtet sie die Schneekönigin endgültig oder sie gibt ihr den Eiszapfen zurück.
Der Weg führt die Zauberin nach Petersburg, wo sie die Bekanntschaft von Maus macht. Maus arbeitet und lebt im Hotel Aurora und wird von allen nur Mädchenjunge genannt, weil sie eben so aussieht. Maus macht ihrem Namen alle Ehre, denn sie schwirrt stets irgendwo im Gemäuer umher, geht niemals nach draußen, arbeitet einigermaßen emsig, stiebitzt aber auch gern einmal etwas.
Ohne es zu wollen oder auch nur zu ahnen, wird Maus in die Misere der Schneekönigin hineingezogen und findet sich an Tamsins Seite wieder, um zu beenden, was Tamsin angefangen hat.

Auch bei dieser Geschichte hat Kai Meyer das Rad nicht wirklich neu erfunden. Wie man es bereits bei einigen anderen seiner Veröffentlichungen erlebt hat, mischt er auch hier bekannte Mythen und Märchen, eine Prise realer beziehungsweise historischer Elemente mit seinen eigenen Ideen - und ebenfalls wie sonst auch kann sich die Geschichte, die letztlich aus all dem entsteht, sich wirklich sehen lassen.
Die Charaktere sind nachvollziehbar gestaltet, machen sinnvolle Entwicklungen durch und bieten eine Vielzahl Möglichkeiten, sich mit ihnen zu identifizieren. Kai Meyers Beschreibungen von Orten und Begebenheiten sind sehr intensiv und detailliert ausgearbeitet, so dass der Leser - oder Hörer in diesem Fall - rasch einen Weg in die von ihm kreierte Mischung aus Fiktion und Wirklichkeit, aus Althergebrachtem und neuen Ideen, finden kann.

Die fünf CDs dieser Lesung, die den Hörer ganze sechseinhalb Stunden fesselt, befinden sich in einem hübschen und dekorativ illustriertem Karton. Ärgerlicherweise hat man bei diesem Hörbuch wieder einmal darauf zurückgegriffen, die CDs in weiße Papierhüllen zu stecken und diese im Karton zu stapeln. Dies ist nicht nur wenig schmuck, sondern auch ärgerlich, da diese Papierhüllen bereits nach einmaligem Öffnen nicht mehr richtig kleben. Ein stabilere Unterbringung der CDs wäre sehr wünschenswert gewesen.

Abgesehen von diesen Aspekten gibt es beim Hörbuch allerdings nichts zu meckern. Katharina Thalbach verfügt über großartige Fähigkeiten als Vorleserin. Primär erinnert ihre Lesung an die einer "Märchentante", was zugleich den Vorteil mit sich bringt, dass das Sprechtempo langsam genug gewählt wurde, um ein Nachvollziehen der Handlung zu ermöglichen. Doch Katharina Thalbach verleiht dem Hörbuch auch Stimmungen, indem sie die einzelnen Szenen richtig zu betonen weiß, um entsprechende Emotionen oder Empfindungen beim Hörer zu wecken. So wird die klirrende Kälte fassbarer oder Ängstlichkeit nachvollziehbarer. Nicht zuletzt verstärkt die Art ihrer Lesung auch die Identifikationsmöglichkeiten mit den einzelnen Figuren des Buches.

Eine lohnenswerte, leicht gekürzte Lesefassung der Buchvorlage von Kai Meyer, von dessen Inszenierung, wie auf der Rückseite des Kartons zu lesen, wenig zu hören ist. Die Unterbringung der CDs in Papierhüllen ist sehr lieblos, doch vermögen die Handlung sowie die Lesung von Katharina Thalbach, diese Mängel nahezu auszugleichen. Ein empfehlenswertes Produkt für Freunde von Hörbüchern und Kai Meyer.