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 Gareth - Kaiserstadt des Mittelreiches

System: Das Schwarze Auge
Herausgeber: Anton Weste
Verlag: Ulisses Spiele

Cover
Gesamt ++++-
Aufmachung
Bildqualität
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis
Die Kaiserstadt Gareth, Hauptstadt des Mittelreiches, ist eine der prominentesten Städte des Schwarzen Auges. Sie ist die größte Stadt Aventuriens im Zentrum des Kontinents, Herz des Praios-Glaubens und ehemals Sitz des Kaiserhauses. Beschrieben wurde die Stadt zum ersten Mal ausführlich in "Das Land des Schwarzen Auges" aus dem Jahr 1990, als nächstes in der ersten Mittelreich-Box "Stolze Schlösser, dunkle Gassen" (1998) und schließlich im Hardcover "Herz des Reiches" (2006). Gareth ist im Gegensatz zu anderen Städten Aventuriens sehr ausgiebig beschrieben worden, sodass die Messlatte sehr hoch liegt. Was leistet die Box im Gegensatz zu den Vorgängerpublikationen, das den stolzen Einkaufspreis von 60 Euro rechtfertigt?

Da das Rezensionsexemplar nur im PDF-Format vorliegt, kann das Werbeversprechen, die Box sei bis zum Rand gefüllt, nicht überprüft werden. Der Umfang des darin enthaltenen Materials legt jedoch den Schluss nahe, dass es sich bei dem Produkt tatsächlich um einen "veritablen Backstein" handelt.

Gareth ist aufgrund seiner Größe streng genommen nicht eine, sondern mehrere aventurische Großstädte in einer. Diesem Umstand wird in dem ersten Band der Box "Goldene Dächer, düstere Gassen" Rechnung getragen. Auf 248 Seiten beschreiben die Autoren die Stadtteile Alt-Gareth, Neu-Gareth, Rosskuppel, Meilersgrund und Südquartier. Zwei weitere Abschnitte des Bandes widmen sich der Dämonenbrache und der Goldenen Au, dem Umland der Kaiserstadt. Abschließend wird zudem ein Blick auf Untergareth geworfen, welches aus einem Gewirr von Kanälen, Höhlen und Ruinen vergangener Tage besteht. Bereits nach der Lektüre dieses Bandes steht fest, dass der Leser den ultimativen Gareth-Führer in den Händen hält.
Unmengen von Gebäuden, Einrichtungen und Personen sind alleine auf diesen 248 Seiten beschrieben, für Nostalgiker gibt es ein Wiedersehen mit solch illustren Personen wir Prinz Storko, Melcher Dragendot oder Kerry ui Brioghan, der wohl berühmtesten Berichterstatterin des Aventurischen Boten. Zahlreiche Karten und Skizzen liefern den optischen Überblick über die wichtigsten Gebäude der Metropole, als Kundenservice übrigens auch noch einmal in einem 32-seitigen Heft mit "Karten und Kopiervorlagen" gesammelt, damit der dicke Band nicht zum Kopieren geknickt werden muss. Außerdem ist jedem Stadtviertel mindestens eine Tabelle mit den wichtigsten Daten der vorgestellten (und weiterer) Gebäude beigefügt. Insgesamt weiß also bereits "Goldene Dächer, düstere Gassen" vollends zu überzeugen, obwohl man noch nicht einmal bei der Hälfte des Umfangs angelangt ist.

Der zweite Band "Im Herzen der Metropole" ist mit 180 Seiten vom Umfang her etwas kleiner als die Gareth-Beschreibung, überzeugt aber dafür noch stärker mit seinem Inhalt. Auf ein überblicksartiges Kapitel über die Reise nach beziehungsweise die Bewegung innerhalb der Metropole (inklusive eines Abschnitts über den so genannten Häuserlauf – Parcour lässt grüßen) folgt das obligatorische Geschichtskapitel, welches mit reichlich Geheimnissen der einzelnen Epochen gespickt ist. In "Leben und Kultur in Gareth" werden die einzelnen Gesellschaftsschichten der Bevölkerung, die Regierung der Stadt, Recht und Ordnung, Handel, Jahreslauf und vieles weitere näher betrachtet. Gerade dieses Kapitel bietet eine unglaubliche Vielfalt an Material für das Spiel in mittelaventurischen Städten, das man in so kompakter Form noch nicht gelesen hat. Unter diesem Gesichtspunkt ist es sehr schade, dass es im Rahmen der Gareth-Box erschienen ist und nicht in einer Veröffentlichung "Patrizier und Diebesbanden".
Die folgenden grob siebzig Seiten sind den unterschiedlichen Organisationen Gareths gewidmet. Neben den obligatorischen Patrizierfamilien, Gilden und Zünften finden sich auch genauere Beschreibungen der Praios- und Phexkirche – sowie natürlich der Konkurrenz: den Dienern des Namenlosen – diverser Stadtbanden wie den Tobriern aber auch Exoten wie den Gargylen.
Im letzten Kapitel des Bandes schließlich finden sich die ebenfalls obligatorischen Begegnungstabellen ebenso wie Informationen zu Zeitmessung und Tagesablauf. Eine Auflistung persönlicher Lehrmeister rundet den Band ab.

Der Band "Gassenhelden" enthält konkrete Hinweise für den Meister zum Spiel in Gareth, sowie vier Szenarien und die dreiteilige Stadtkampagne "Gassenhelden",
"Phexens Silberkammer" von Martin John ist eine phexsche Schnitzeljagd der besonderen Art, die als originellste Idee des gesamten Bandes angesehen werden kann. Der Meister hat hier sehr viel Freiheit zur Ausarbeitung vom einfachen Abenteuer bis hin zur gesamten Kampagne. Um der Thematik des Szenarios gerecht zu werden, ist die Schwierigkeitsangabe von mittel für Meister und niedrig für Spieler jedoch maßlos untertrieben.
"Das Insanctum des Gesplitterten Berges" von Stefan Unteregger schließt an die Ereignisse des Kampagnenbandes "Quanionsqueste" (in der Box noch unter dem alten Titel "Lichtsucher" genannt) an. Auch dieses Szenario ist eine hohe Herausforderung für Spieler und Meister - wie diesmal auch korrekt in der Überblicksinformation angegeben –, jedoch eher aus Gründen des groß angelegten Plots. Durch seine enge Bindung zur Quanionsqueste der Praioskirche sind die Einsatzmöglichkeiten des Szenarios jedoch sehr eng gesetzt, am besten eignet es sich wohl als Abschlussabenteuer für Spieler des (zum Zeitpunkt dieser Rezension noch nicht erschienenen) Kampagnenbandes.
Auch "Die Schöpfung" von Anton Weste ist ein sehr originelles Szenario, das mit einem unglaublichen Diebstahl beginnt und zu einer Gruppe der faszinierendsten Bewohnern Gareths führt. Insgesamt ein mittelschweres Szenario, das jedoch auch gut als Einstieg in die Metropole funktionieren kann.
Bei "Goldener Schein" von Kathrin Lieb handelt es sich dagegen wieder um ein klassisches Szenario, dem aber auch ein bisschen genauere Ausarbeitung gut getan hätte. Eine bekannte Gruppierung an Gegenspielern, alte Garether Geheimnisse und die Schnitzeljagd nach einem mächtigen Artefakt sind die Elemente des wohl eher mittelschwierigen Szenarios.
Die dreiteilige Kampagne "Gassenhelden" nimmt den größten Raum des Abenteuerbandes ein. Die drei einzelnen Abenteuer liegen etwa je ein Jahr auseinander, sodass der Meister genügend Möglichkeit hat, eigene Abenteuer einzubauen und sich die Spielercharaktere zu etablierten Garether Persönlichkeiten entwickeln können. Der verbindende Plot ist interessant aufgebaut und so konzipiert, dass er am Ende die gesamte Stadt beeinflusst. Die vier vorangegangenen Szenarien können in die "Gassenhelden"-Kampagne relativ gut integriert werden, sodass der Band optimal ausgenutzt wird.

Der Garether Stadtbote ist die Ausgabe für Groß-Gareth des Aventurischen Boten. In der achtseitigen Spielhilfe sind insgesamt vier solcher Boten mit je zwei Seiten enthalten, die zeitlich zu den ersten beiden Abenteuern der Gassenhelden-Kampagne passen. Allerdings sind hier nicht nur Artikel zu der Kampagne enthalten, sondern auch andere Texte, die dem Meister Ideen für eigene Abenteuer liefern können. Insgesamt ist diese Spielhilfe ein netter Zusatz mit inneraventurischen Texten, die für das Spiel in Gareth verwendet werden können.

Das vorletzte Heft enthält auf 32 Seiten einen Großteil der in der Box abgedruckten Kopiervorlagen für Gebäudegrundrisse und Karten, sowie Spielwerte typischer Garether Meisterpersonen wie Stadtgardisten oder der Mitglieder einzelner Banden. Für die Zugabe dieser Kopiervorlagen gebührt den Redakteuren dieser Box größtes Lob, denn jeder Meister stand schon einmal vor dem Problem, eine Karte oder einen Grundriss aus einer Spielhilfe herauskopieren zu müssen, ohne die Leimung zu lösen oder den Buchrücken zu zerstören.

Abschließend finden sich noch ein achtseitiger Index für alle Hefte der Box, sowie eine großformatige (DIN A1!) farbige Gareth-Karte, die mittlerweile auch separat für 6 Euro beim F-Shop bestellt werden kann.

Optisch ist der Inhalt der Box sehr ansprechend gestaltet. Anna Steinbauers Titelbilder sind stimmungsvoll, wenngleich sie etwas einseitig nur die düsteren und kriminellen Seiten Gareths hervorhebt. In diesem Zusammenhang muss auf ein Detail des Covers zu "Im Herzen der Metropole" hingewiesen werden: So ist es schwer vorstellbar, dass eine erfahrene Meisterdiebin wie die dargestellt Talimee Nebelstern für die Flucht vor den Bütteln oder den Häuserlauf Stiefel mit hohen Absätzen bevorzugen, wie sie solche auf dem Coverbild trägt. Solches Schuhwerk sieht nicht nur unpraktisch und unbequem aus, sondern ist in einer Fantasiewelt auch eindeutig deplatziert.

Die Gareth-Box ist einerseits eine unglaublich tolle Sache. So enthält sie nicht nur eine der umfassendsten Beschreibungen der aventurischen Metropole, die über Jahrzehnte von Autoren eifrig aufgebaut wurde, sondern bietet auch unzählige Abenteuerideen für Jahre von Spielsitzungen.
Der große Nachteil dieser Spielhilfe ist jedoch die Beschränkung auf die Kaiserstadt. Wer dort nicht oder nur selten spielt, der sollte sich überlegen, ob er 60 Euro für diese Box ausgeben will. Der Rezensent kann davon nur abraten, da sich viele Aspekte nicht auf andere Städte übertragen lassen. Hätte man das Konzept freier gestaltet und eine Themenbox für mittelaventurische Städte mit Schwerpunkt Gareth gestaltet, hätte man auch ein größeres Käuferpublikum anziehen können. So erhält diese exzellent ausgestattete Box aufgrund ihrer eingeschränkten Nutzbarkeit nur vier von fünf Sternen.

Mit freundlicher Unterstützung von Ulisses-Spiele GmbH
www.ulisses-spiele.de und www.f-shop.de

Markus Goedecke



Softcover | Erschienen: 1. Dezember 2012 | ISBN: 978-3-86889-627-5 | Preis: 60 Euro | 588 Seiten | Sprache: Deutsch

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