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Eigentlich will Cal Mooney bloß eine entflogene Brieftaube wieder einfangen - doch er stolpert geradewegs in das größte Abenteuer seines Lebens hinein. Auf der Suche nach der Taube gerät er an ein altes Haus, dessen Besitzerin im Sterben liegt und deren Besitztümer gerade aufgelöst und abtransportiert werden. Dabei entdeckt Cal einen riesigen Teppich, der ihn durch seinen ungewöhnlichen Detailreichtum fasziniert. In einer außergewöhnlich lebhaften Halluzination - jedenfalls glaubt Cal, dass es sich um eine solche handelt - wird er gewahr, dass der Teppich eine riesige, komplexe Welt in ihrem Webmuster darstellt.
Der junge Mann weiß allerdings nicht, dass mehrere Leute von der Existenz des Teppichs wissen und diesen besitzen wollen: Suzanna Parrish ist die Enkelin der alten Dame, deren Haushalt aufgelöst wurde. Suzanna weiß zu Beginn nicht, dass Mimi, ihre Oma, die Wächterin des Teppichs und damit des darin verborgenen Volkes ist. Nun aber liegt Mimi im Sterben und ist zu schwach, sich gegen feindliche Mächte zur Wehr zu setzen. Zu diesen gehört Immacolata, eine skrupellose, bösartige Zauberin, die die gewebte Welt und das Volk der darin lebenden Seher zerstören möchte. Ein Kampf auf Leben und Tod entbrennt, in den auch Menschen wie Cal Mooney unerbittlich hineingezogen werden ...
Bei "Gewebte Welt" handelt es sich um einen Roman von Clive Barker, der vor einigen Jahren schon einmal unter dem Titel "Gyre" auf Deutsch erschienen ist. Bei Edition Phantasia ist Barkers Werk nun in einer überarbeiteten Neuübersetzung mit einem neuen Titel erschienen, der dem Originaltitel "Weaveworld" weitaus näher kommt als "Gyre". Eingeordnet ist das Buch bei Edition Phantasia in die Sparte Horror, was an sich gut zu Clive Barker passt, der unter anderem mit Werken wie den "Büchern des Blutes" und "Cabal" zu einigem Ruhm gelangte. "Gewebte Welt" ist allerdings kein Horrorroman, sondern vielmehr ein episches Dark-Fantasystück. Auf knapp siebenhundert Seiten - die dazu noch recht klein gedruckt sind - erzählt Barker die epische Geschichte eines Volkes, das Vertreibung und Tod dadurch entkam, dass es sich durch Magie in einen Teppich als eine Art sicheren Hafen zurückzog. Die Welt der Menschen, die von den Sehern "Cuckoo" genannt werden, ist für dieses Volk feindlich und fremd. Das Volk der "Seher" ist nicht zu vergleichen mit Terry Pratchetts "Teppichvölkern" - der ein oder andere dürfte vielleicht diese Assoziation gehabt haben -, denn während es sich bei den Teppichvölkern um ein Miniaturvolk handelt, das tatsächlich in den Fasern des Teppichs lebt, hat sich das Volk der Seher durch Magie
in die gewebte Welt zurückgezogen.
Zu Beginn wirkt der Roman trotz der Überarbeitung ein ganz klein wenig altbacken, obwohl die Vorlage von 1987 stammt und damit nicht gerade uralt ist. Je mehr man sich aber einliest, umso lebendiger und spannender wird die Geschichte. Dennoch liest sich Barkers Sprache stets etwas altmodisch, bedächtig, seine Schilderungen sind stellenweise geradezu poetisch, was dem langen Werk, das bisweilen das Durchhaltevermögen des Lesers ziemlich fordert, gut zu Gesicht steht; durch das gesamte Buch weht ein Hauch Düsternis. Nervenzerreißenden Horror oder gar Splatter darf man hier keinesfalls erwarten, wohl aber eine liebevoll und detailliert komponierte Welt, Spannung und viel Fantasie.
Mit "Gewebte Welt" ist eine gelungene Neuauflage von "Gyre" erschienen, die Barker-Fans sehr gefallen dürfte. Der Preis ist für das Paperback etwas hoch, zumal die Edition keinerlei Besonderheiten aufweist wie etwa Zusatzinformationen zum Autor oder zu seiner Welt; dafür handelt es sich aber auch um ein großes und detailliertes Werk, das stundenlanges Lesevergnügen verspricht.