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Geschichtsbücher haben ein Problem: Sie müssen ein unerschöpfliches Reservoir an Daten und Fakten zu einer möglichst verständlichen, sinnvollen Darstellung zusammenfassen. Dabei werden zwangsläufig große Teile der verfügbaren Informationen weggelassen oder nur sehr am Rande gestreift. Vor allem eine historische Übersicht, die mehrere Jahrtausende eines größeren Raumes thematisch aufarbeiten will, kommt ohne Auslassungen nicht zu einem präsentablen Ergebnis.
Manfred Scheuch versucht nichts weniger als die komplette Geschichte Deutschlands darzulegen. In Form eines Atlanten, der ein ausreichend großes Format für Karten, Bilder und grafische Zusatzinformationen bietet, versucht er von den Anfängen des germanischen Wirkens noch vor Christi Geburt bis zur Wiedervereinigung möglichst erschöpfend zu schildern. Daran anschließend geht er auf knapp einhundert Seiten auf die Geschichte der deutschen Bundesländer ein.
Jedes einzelne Kapitel beinhaltet eine moderne Übersichtskarte aus dem jeweiligen Zeitraum, historische Karten, Bilder, Tabellen und Diagramme. Doch der Großteil der Informationen ist im Textteil zu finden. Hier fallen der komplexe Stil und die Liebe zum kleinsten Detail auf. Diesem Bericht ist nicht immer einfach zu folgen, denn die Fülle an Einzelschicksalen, Jahreszahlen und Anekdoten ist nicht jedermanns Sache. Manchmal wirkt der Text wie aus einem Geschichtslexikon entlehnt. Doch hat man sich erstmal an Stil, Methodik und die inhaltliche Gliederung gewöhnt, beginnt man zusammenhängend zu verstehen, worauf es dem Autor ankommt. Er will ein Gefühl für die Epoche wecken, neben Details auch die Übersicht geben und die Bedeutung der Handlungsträger hervorheben.
Brillant sind die Karten und Faksimiles, die dem teilweise langen Text beigegeben wurden. Sie vereinfachen die Informationsaufnahme, geben ein Gerüst und erleichtern den Zugang zu den komplexen Vorgängen. Hier ist sehr sorgfältig darauf geachtet worden, dass auch der Laie problemlos verstehen kann, was wann geschehen ist und inwiefern es wichtig für die Entwicklung Deutschlands ist.
Immer wieder gibt es in der chronologischen Abfolge der einzelnen Kapitel Einschübe, die langfristigere Zusammenhänge beleuchten. So wird beispielsweise gesondert auf die Lage der Juden in Deutschland von 1048 bis 1848 eingegangen, die Hochzeit der Hanse dokumentiert oder auf die deutschen Kolonien eingegangen. Hier liegen die Stärken des Autors, der solche langen Zeiträume in wenigen Sätzen sehr klar zusammenfassen und verdeutlichen kann.
Ein weiterer Abschnitt des Atlasses beschäftigt sich mit den "Früheren Ländern des Reiches". Hier wird in kurzen Kapiteln auf Österreich, das Elsass, Lothringen, die Schweiz, Savoyen, die Niederlande, Belgien und Luxemburg, Schlesien, Böhmen und Mähren eingegangen.
Im Anhang finden sich ein Personenregister, eine Liste der Kaiser und Könige, der Landesfürsten, eine Literaturliste und ein Bildnachweis.
Ein "Historischer Atlas Deutschland" gehört in jedes Haus. Ob es das Werk von Manfred Scheuch sein muss, bleibt dem Leser überlassen. Zu groß ist die Liste der möglichen Bücher und Fachwerke zu diesem Thema. Für den "Scheuch" spricht sein für dieses Unterfangen sehr großes und angemessenes Format, die hervorragenden Karten und historischen Belege, der einfache Zugang und die sehr kompakte Zusammenfassung. Des Weiteren ist der Blick auf die Bundesländer und die früheren Länder des Reiches eine sinnvolle Erweiterung. Nur der Stil des Textes macht es nicht immer leicht, sämtliche Informationen sofort zu erfassen, doch bietet er einen sinnvollen Kompromiss zwischen Komplexität und Allgemeinverständnis.
Exzellent ist für ein Buch dieses Umfangs und dieser Druckqualität der Preis. Hier kann man nichts falsch machen.