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Fridtjof Nansens Polarexpedition 1893 - 1896, zunächst mit dem eigens hierzu konstruierten Schiff Fram, dann in Begleitung seines Mitarbeiters Johansen vor allem auf Hundeschlitten, gehört zu den großen Pionierleistungen in der Geografie. Nansens Reisebericht, der auf eigene Tagebucheintragungen im klammen Schlafsack zumeist bei eisiger Kälte zurückgeht, wird gern gelesen und liegt nun in Auszügen auch als Hörbuch vor.
Dieses beginnt mit dem Abschied der beiden Abenteurer von der Besatzung der Fram. Nansen hat vorgesehen, fünfhundert Meilen bis zum nächsten damals bekannten Stück Festland zurückzulegen und dabei den Nordpol zu überqueren. Die Expedition ist von Entbehrungen gekennzeichnet, denn widrige Umstände führen häufig zu einer wesentlich niedrigeren Tagesleistung als erhofft. Aufgrund der knapp bemessenen Vorräte müssen Nansen und Johansen immer wieder den jeweils schwächsten Hund schlachten und an die anderen verfüttern. Nansen beschreibt ausführlich die damit verbundenen Skrupel, insbesondere hinsichtlich der Tötungsart, denn die beiden müssen Munition sparen und können die Hunde daher nur erstechen.
Natürlich lassen sich die harten Bedingungen während der Expedition vom Hörer nur erahnen, auch wenn Nansen sie sehr anschaulich schildert: die Kälte, angesichts derer später minus zwanzig oder minus dreißig Grad schon fast angenehm wirken, die Mühe beim Zubereiten einer Mahlzeit, die Schwierigkeiten beim Durstlöschen, der Hunger, wenn über lange Zeit keine tauglichen Beutetiere auftauchen, die ständig aufwändig zu entwirrenden Hundeleinen. Es kommt zu abenteuerlichen Szenen, vor allem, als im Juni immer wieder Wasserrinnen überquert werden müssen und einmal ein Kajak mitsamt lebensnotwendiger Ausrüstung zu versinken droht, und ein anderes Mal, als Johansen von einem Eisbären angegriffen wird. Zu diesem Zeitpunkt hat Nansen bereits erkannt, dass sie den Pol nicht erreichen können, und den Rückzug angetreten. Das Hörbuch endet, als die beiden erstmals wieder Festland (vielmehr zum Franz-Joseph-Land gehörende Inseln) vor sich sehen.
Und hier zeigt sich bereits das Manko an diesem Hörbuch: Zwar wurden die Auszüge so gewählt, dass die Expedition von der Fram bis zum späteren Winterlager für den Hörer gut nachvollziehbar ist und er ahnt, welche Entbehrungen die beiden Forscher zu erleiden hatten. Es handelt sich aber lediglich um den Abschnitt der Reise, der im arktischen Sommer bewältigt wurde. Die wesentlich tragischere Überwinterung, die im Anschluss dann wirklich, wie der Titel aussagt, bei Nacht, selbstverständlich auch im Eis und unter wahrlich extrem unwirtlichen Bedingungen stattfand, sowie das zufällige, rettende Zusammentreffen mit einer englischen Expedition im darauf folgenden Sommer bleiben außen vor. Diesbezüglich wäre wohl eine Fortsetzung, von der aber nirgends die Rede ist, dringend notwendig. Zumindest hätte man noch den weiteren Verlauf der Expedition kurz skizzieren können. Der plötzliche Abbruch tut dem Hörer keinen Gefallen.
Bezüglich der eigentlichen Hörbuch-Umsetzung des gewählten Teils von Nansens Expedition gibt es praktisch nichts auszusetzen. Johannes Steck versteht es, in Nansens Rolle als Erzähler zu schlüpfen und dessen Erlebnisse spannend und authentisch zu schildern. Der erfahrene Schauspieler und Hörbuchsprecher weiß den Hörer zu fesseln, ohne jemals manieriert aufzutreten. Natürlich hat er es nicht so schwer, denn er muss nicht mehrere Rollen übernehmen, andererseits besteht beim Vorlesen eines autobiografischen Reiseberichts natürlich die Gefahr einer gewissen Monotonie, und diesbezüglich kann man Sprecher wie Lektorat nur loben, denn Langeweile kommt nicht auf. Allenfalls der Abschnitt über Nansens Abgleiche von erwarteter und tatsächlicher geografischer Position mag dem Hörer nicht viel sagen, denn man benötigt einen großformatigen Atlas, um ermessen zu können, was die Erkenntnis seines Irrtums bei der Positionsbestimmung für Nansen bedeutet haben muss.
Wenngleich also nur ein Teil von Nansens Reisebericht vorgetragen wird, und auch dieser in Auszügen, was unbefriedigend wirkt, so liegt das Werk doch in einer sehr professionellen, geschickt zusammengestellten und stets mitreißenden, die Tragik des Unternehmens gut vermittelnden Umsetzung vor.