Indien, dieser vielfältige Subkontinent, wurde unzählige Male fotografiert und in Bildbänden festgehalten. So ist es für einen Fotografen natürlich nicht leicht, eine neue Herangehensweise oder einfach nur einen neuen Blickwinkel für Bilder zu finden. Nicolas Chorier hat sich entschieden Fotos mit Hilfe von Drachen zu machen, um dem faszinierten Leser "Indien von oben" zu präsentieren. Der großformatige Fotoband wurde nun im Frederking und Thaler Verlag in deutscher Sprache herausgebracht.

Die Idee, mit Hilfe von Drachen zu fotografieren, ist schon alt, und seit den ersten Versuchen 1888 wurde die Technik immer wieder verfeinert und perfektioniert. Der Vorteil bei dieser Art der Fotografie ist natürlich zum einen die bessere Zugangsmöglichkeit zu den Motiven - schließlich braucht ein Drache keine Start- oder Landebahn und kann so praktisch überall eingesetzt werden. Zudem kann der Drache faktisch in der Luft stehen und gibt dem Fotografen so die Möglichkeit auf den richtigen Moment für ein Bild zu warten.
Vieles über diese Art zu fotografieren, erfährt man zu Beginn des Buches von Nicolas Chorier selbst, der auch in technische Details einführt und vom Aufbau seiner Drachen und den technischen Möglichkeiten seiner Kamera erzählt. Aber auch über traditionelle indische Drachen und ihre Geschichte erfährt der Leser etwas, bevor das Buch seine atemberaubenden Bilder preisgibt.

Die Fotos beeindrucken den Betrachter auf vielfache Weise. Natürlich sind es hervorragende Bilder von Indien in all seinen Fassetten. Beim Betrachten lernt man schnell, dass es in Indien weit mehr als nur Dschungel und chaotische Großstädte gibt. Die Fülle an Erdfarben, sei es in der Architektur oder der eher trockenen Landschaft, mag die überraschen, die Indien vor allem mit üppigem Grün in Verbindung bringen.

Wirklich einzigartig wird das Buch jedoch durch die Perspektive der Fotos. Viele Orte wurden aus verschiedenen Höhen aufgenommen, so dass man zum Beispiel einen Tempel aus verschiedenen Blickwinkeln bestaunen kann.
Beeindrucken können aber auch die Fotos von Menschen. Hier hat der Betrachter zum einen das Gefühl, mitten ins Geschehen geworfen zu werden; gleichzeitig kann die etwas erhöhte Position des Drachens einen gewissen Abstand zum Motiv vermitteln.
So kann dieser Bildband neue Ansichten von bekannten Orten und unbekannten Objekten in einer gelungenen Mischung präsentieren.

Jede der Fotostrecken in dem Buch beginnt mit einer Erklärung zum abgebildeten Ort oder Ereignis. Zudem sind die einzelnen Fotos mit erklärenden Bildunterschriften versehen. Besonders Fotografieinteressierte wird freuen, dass es zudem noch Kommentare von Nicolas Chorier zum Entstehen der Bilder gibt.

Bei einigen Motiven glaubt man direkt zu sehen, dass sich der Drache bewegt hat. Aber bis auf eine leichte Grobkörnigkeit, sind die Bilder alle scharf und überzeugen durch die Motivwahl.

Die Bilder selbst kommen dank dem großzügigen Format des Buches gut zur Geltung. Leider ist dieses Format aber auch ein Nachteil, wenn es darum geht, die Bilder zu betrachten. Einfach durch das Buch zu blättern, wird durch das Gewicht und die Größe fast unmöglich gemacht. Auch es einfach in der Hand zu halten, dürfte schnell sehr anstrengend werden. Hier handelt es sich im wahrsten Sinne des Wortes um ein Coffee Table Book. Aber wenn man von diesem kleinen Problem absieht, handelt es sich um ein fantastisches Buch, das jeden begeistern dürfte, der sich für Indien interessiert.