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Ganz schön pfiffig, dieser junge Autor namens Scott Sigler: Weil kein Verlag seinen Roman "Earthcore" veröffentlichen wollte, kam ihm die Idee, das Ganze kostenlos als Podcast über das Internet anzubieten. Dies sollte der Startschuss für eine Erfolgsgeschichte sein: Tausende von Hörern später meldeten die amerikanischen Printverlage natürlich Interesse an, und auch außerhalb der USA weckte die große Zahl begeisterter Podcast-Abonnenten Interesse. Zum Beispiel hierzulande, wo Heyne nun Siglers "Infiziert" als Taschenbuch veröffentlicht hat.
Eine grauenvolle Serie von Bluttaten erschüttert mehrere Orte in den USA. Scheinbar friedliche, ganz unauffällige Amerikaner töten alle um sich herum auf kaltblütigste Weise: Familie, Bekannte, Freunde - niemand ist sicher, nicht einmal die Täter selbst, denn am Ende der Amokläufe stehen sie auf ihrer eigenen Abschussliste. Die Anzeichen verdichten sich, dass es zwischen den Fällen einen Zusammenhang gibt: Die Täter reden, sofern das bekannt ist, von irgendwelchen Dreiecken, die eine Art Zwang auf sie ausüben. Und dann ist da noch der Umstand, dass die Leichen der Killer nach ihrem Tod innerhalb weniger Tage gänzlich verwesen - viel zu schnell für natürliche Verhältnisse. Als die CIA Wind von der Sache bekommt, wird sofort der leitende Agent Dew Philips mit dem Fall betraut. Zur selben Zeit untersucht Dr. Margaret Montoya von der Abteilung für Epidemiologie des Gesundheitsamts die Ursachen der rätselhaften Tötungsakte - mit erschreckendem Ergebnis: Die Täter scheinen von einem Parasiten, der in ihren Körpern heranwächst, in den Wahnsinn getrieben zu werden. Doch wer hat diesen perfekt angepassten Organismus geschaffen, der den Menschen als Wirtskörper missbraucht? Ist es, wie Agent Philips vermutet, ein terroristischer Angriff mit einem neuartigen biologischen Kampfstoff? Oder ist der Parasit womöglich gar natürlichen Ursprungs? Während die Ermittler unter Ausschluss der Öffentlichkeit verzweifelt nach den Gründen für die mysteriöse Erkrankung forschen, geht der ehemalige Footballspieler Perry Dawsey wie gewohnt seinem Bürojob nach. Zumindest bis er die seltsamen dreieckigen Wucherungen an seinem Körper entdeckt, die jucken und brennen und einfach verdammt beängstigend aussehen
In Amerika hat Scott Sigler, der mit den kostenlosen Podcasts seiner Bücher eine stetig wachsende Fangemeinde um sich schart, bereits einen selbstironischen Fankult um seine Person geschaffen: Auf seiner Website schwelgen seine Hörer und Leser im "Siglerismus", den der Autor als höchst ansteckend bezeichnet, oder lesen in der "Siglerpedia" allerlei Wichtiges oder Belangloses über die Welt seiner Romane. Scott Sigler, der selbsternannte "Future Dark Overlord", ist in Deutschland noch relativ unbekannt - was sich jedoch schnell ändern könnte, wenn das süchtig machende Lesevergnügen von "Infiziert" die Büchernarren befällt. Was der Autor damit auf uns loslässt, ist ein extrem deftiger, hammerharter Horrorroman, angesiedelt irgendwo zwischen Stephen Kings "Duddits - Dreamcatcher", den aktuellen Wissenschaftsthrillern und den trashigen Monsterfilmen der 1950er Jahre. Die verschrobene, bluttriefende Geschichte erzählt Sigler mit einem Spaß an der Sache, der sofort mitreißt, und einer Atmosphäre, die von der ersten bis zur letzten Seite stimmig wirkt. Und "Infiziert" schlägt zu, als würde man einen Reißnagel mit dem Vorschlaghammer in die Wand treiben: Etwas übertrieben vielleicht, aber garantiert erfolgversprechend. Sigler trifft den besonders empfindsamen Nerv des Horrorfans, wie ihn schon lange keiner mehr so zielsicher reizte. Das ist keine politisch-korrekte Kindervorstellung mit Jugendfreigabe, oh nein: Das ist ein derbes, actiongeladenes Gruselvergnügen, um das Zartbesaitete lieber einen großen Bogen machen sollten. Hier ekelt man sich, hier gruselt man sich, hier kann man einfach nicht aufhören zu lesen - und wo Softies draußen bleiben müssen, fühlen sich Genrejünger bekanntlich von Anfang bis Ende richtig wohl. Und wenn man dann den hochspannenden Schluss erreicht hat, darf man hoffen, dass Heyne uns auch bald mit dem Nachfolgeroman "Contagious" (zu Deutsch: Ansteckend) versorgt, der Ende Dezember 2008 in den USA erscheint. Aber Hoffnung hin oder her: "Infiziert" ist ein echter Hit, das steht fest. Oder wie Perry Dawsey, der schräge Antiheld des Buches, sagen würde: Kein Fel-zwei ran-da.
Fazit: Der "Planet Terror" unter den Romanen - schnelle, kompromisslose und kultverdächtige Mischung aus Horrorthriller und schwarzhumoriger Pulp Fiction.