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Verzweifelt schaut Muriel zurück. Der Entschluss, ihren Vater zu verlassen steht fest, doch ahnt sie, dass es ihm das Herz brechen wird. Aber ihr bleibt keine andere Wahl, wenn sie mehr über ihre Mutter herausfinden will. Pelin hat den Tod seiner geliebten Frau nie überwunden und will Muriel nichts über das dunkle Geheimnis erzählen, dass sich um die schönste Meerjungfrau rankt.
Sie schwimmt an die Oberfläche und sieht ein kleines Fischerboot, in dem der Junge sitzt, zu dem sie sich hingezogen fühlt.
Jake ist verzweifelt. Seine Pflegeeltern sind gestorben und nun hat er niemanden mehr, der ihm etwas bedeutet. Das einzige, was er besitzt, ist das kleine Boot, in dem der sitzt. Da bemerkt er ein Mädchen, dass ihn beobachtet. Mitten im weiten Ozean, weit weg vom nächsten Ufer, schwimmt dieses schwarzhaarige, wunderschöne Mädchen und lächelt ihn an.
Der Sturm überrascht Jake, vor wenigen Augenblicken war die See noch spiegelglatt und keine Wolke am Himmel. Nun brechen mächtige Wellen am Bug seines Bootes und er droht zu kentern. Wo ist nur das Mädchen? Er muss es retten. Doch eine Welle zerschlägt sein Boot und er wird in die Tiefe gezogen.
Als er erwacht, liegt er in einer unterirdischen Grotte und Muriel schwebt vor ihm. Voller Entsetzten bemerkt er, dass Wasser, nichts als Wasser ihn umgibt, er aber dennoch nicht erstickt ist. Da sieht er den silberglänzenden Fischschwanz, den Muriel anstatt menschlicher Beine hat. Wie ist das möglich? Warum scheint er dieses Wesen aus seinen Träumen zu kennen? Warum lebt er ohne Atem zu holen?
Der neue, 2006 erschienene, Roman von Angela McAllister ist ein zauberhaftes Märchen. Meerjungfrauen, Blutflossen, kämpferische Tintenfische, böse Meereshexen und niederträchtige Aale bevölkern eine Welt, die den Lesern gänzlich unbekannt ist. In einfachen, klar strukturierten Sätzen wendet sich dieses Jugendbuch an Leser ab zwölf Jahren. Eine komplexe, sehr spannende und zugleich romantische und ausdrucksstarke Geschichte entfaltet sich vor dem inneren Auge des Lesers und Betrachters. Denn zahlreiche kleine Illustrationen vermitteln auch optisch ein stimmiges Bild dieser Unterwasserwelt. Peter Bailey steuert diese Skizzen und Bildchen bei, Laura Brett zeichnete die schöne Umschlagillustration, die ein Wenig von der zauberhaften Stimmung ausdrückt, die sich während des Lesegenusses des über zweihundert Seiten langen Romans entfaltet.
Mythen aus der Vergangenheit, Märchenfragmente aus vielen bekannten Geschichten und die sagenumwobenen Meerjungfrauen verknüpft McAllister zu einem sehr originellen Abenteuer. Hauptaugenmerk legt die Autorin dabei auf die Beziehung des Menschenjungen und der Meerjungfrau. Ihr gegenseitiges Vertrauen, die Hilfsbereitschaft und der Mut, den sie zeigen ist, ohne übertrieben zu wirken, die klare Botschaft dieses Romans.
Perfekt, wenn nicht das etwas enttäuschende Ende wäre. Fast zu leicht und viel zu schnell löst sich alles in Wohlgefallen auf, siegen die Guten und verlieren die Bösen. Fast kitschig gerät das Finale, wirklich spannend ist es nicht und enttäuscht verlieren sich die vielen Hinweise und Rätsel in einem sehr übertrieben harmonischen Schluss. Das ist sehr schade, birgt die Geschichte doch so viele Geheimnisse und mythenhafte Andeutungen, dass man während des Lesens auf ein wuchtiges, spannendes und grandioses Ende hoffte.
Dennoch, dieser Jugendroman lohnt den Kauf. Er ist ein schönes, spannendes Stück beste Literatur und eins hofft der Leser nach dem Ende ganz bestimmt: Möge "Der Herr der Gezeiten" in einer weiteren Geschichte auftauchen und mit Muriel gemeinsam gegen die dunklen Strömungen, die die Meere bedrohen, ankämpfen.