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Serbien, 17. Jahrhundert.
Jitka ist noch ein Kind, als ihr die Mutter von einem türkischen Elitekrieger, einem Janitscharen, genommen wird. Ein Großbauer nimmt das Mädchen, welches eine unglaubliche Auffassungsgabe besitzt, in seine Obhut, bis sein Vater Karol eines Tages unvermittelt vor der Tür steht. Er nimmt Jitka mit sich in seine Mühle, in der schon lange kein Korn mehr gemahlen wird. Stattdessen hat sich Karol eine umfangreiche Bibliothek sowie ein Laboratorium in dem Gebäude geschaffen. Der charismatische Mann ist ein Forscher, der seine Tochter schnell an seinem Wissen teilhaben lässt und Jitka ist äußerst wissbegierig. Bald schon erkennt sie, wonach Karol forscht. Er untersucht das Wesen der Vampire und Untoten. Auch Jitka ist von diesem Thema fasziniert und bald schon legt sie ihren alten Namen ab und wird fortan nur noch Scylla genannt. Über die Jahre hinweg erlangt Scylla ein enormes Wissen und wird darüber hinaus von ihrem Vater im Kampf, vorrangig mit dem Dolch, unterrichtet. Eines Abends belauscht Scylla unerlaubt eine Zusammenkunft mehrerer Adliger in der Scheune neben der Mühle. Ihr Vater Karol ist der Gastgeber und so erfährt Scylla viel früher als beabsichtigt von der geheimnisumwitterten Cognatio, einem Bund von Wissenschaftlern, die zum Wohle der Menschen forschen. Insgesamt gibt es zwölf Mitglieder, an deren Spitze der Ischariot steht, denn die Cognatio ist der festen Überzeugung, von Judas Ischariot abzustammen, den sie nicht als Verräter an Jesus ansehen, sondern als den eigentlichen Begründer des Christentums, denn ohne Judas wäre Jesus nicht in der Lage gewesen, die Bürde des Todes für die Menschheit auf sich zu nehmen und wieder aufzuerstehen.
Jedes Mitglied der Cognatio muss im Laufe seines Lebens einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin ausbilden. Diese müssen umfangreiche Tests bestehen, bevor sie aufgenommen werden. Karol hat aber viele Gegner in der Cognatio und so wird Scylla zunächst ausgestoßen. Doch Scylla besitzt weitaus mehr Wissen als die restlichen Eleven und Elevinnen und wäre ein unschätzbares Mitglied. Aber die Cognatio ist der unumstößlichen Meinung, Karol könnte seine Tochter nicht ausreichend lenken. So übernimmt seine beste Freundin in der Cognatio, Baronin Lydia Metunova, die Fürsorge der jungen Frau.
Diese hat aber innerlich bereits mit der Cognatio gebrochen. Schließlich kommt es sogar zur Katastrophe, denn die Bewohner der umliegenden Dörfer sind der Ansicht, dass Karol und seine Tochter selber Blutsauger sind, auch wenn sie vorgeben, diese zu bekämpfen. Und sie haben recht, denn die Mitglieder der Cognatio sind Kinder des Judas. Mächtige Vampire, die ihren Blutdurst zwar zügeln können, aber wenn er durchbricht, gibt es fürchterliche Massaker. Karol kommt im Kampf mit den Dörflern um, und auch Scylla stirbt. Doch während ihr Vater seine untote Existenz aushaucht, stirbt Scylla als Mensch und wird als Vampirin, als Tochter des Judas, wiedergeboren. Rastlos lebt sie fortan in der Welt der Menschen und trinkt ungezügelt Menschenblut, vermählt sich mit reichen Geschäftsmännern und kommt zu einem nicht unbeträchtlichen Vermögen. Bis sie die Bekanntschaft mit ihrem Halbbruder Marek macht, der ebenfalls ein Judaskind ist und seine Schwester zurück in den Reigen der Cognatio führt. Doch Marek hat seine eigenen Pläne, für deren Ausführung er auch über Leichen gehen würde. Insbesondere über die Leiche von Scyllas großer Liebe Viktor, dem Vampirforscher aus Deutschland ...
Leipzig, 2007
Als Theresia Sarkowitz lebt Scylla immer noch unter den Menschen, hat aber dem Blut der Menschen abgeschworen, auf welches die Judaskinder nicht angewiesen sind, und arbeitet als Sterbebegleiterin in einem Krankenhaus, während sie nachts gefährliche Käfigkämpfe im Untergrund führt. Eines Abends holt sie ihre Vergangenheit wieder ein, als Marek erneut die Partnerschaft seiner Schwester einfordert. Da weiß Scylla, dass sie erst ihren Bruder endgültig vernichten muss, um Frieden zu finden ...
Der zweibändige Ausflug in das Genre Dunkle Spannung wird nicht der letzte sein. Es gibt noch einiges zu erzählen. Und viele andere Wesen, die sowohl im Dunkel als auch im Licht lauern.So hieß es am Ende von "Sanctum", dem zweiten Band des großen Werwolf-Zweiteilers aus der Feder von Markus Heitz. Nun ist es soweit und der Leser hält mit "Kinder des Judas" wieder einen Horror-Action-Thriller der Superlative in Händen. Dieses Mal nimmt sich Heitz
der klassischen Gruselfiguren an: der Vampire. Der Klappentext gibt dabei nur die Spitze des Eisberges preis. Der Plot der Geschichte und zugleich der Reiz des gesamten Buches liegt in der zweiten Handlungsebene. Denn wie schon in "Ritus" und "Sanctum" hat Heitz auch dieses Buch in zwei Storylines aufgegliedert, die sich in unregelmäßigen Abständen ablösen. Der Großteil der Geschichte spielt zwischen den Jahren 1670 und 1732 und hier wird der Löwenanteil der Handlung in Serbien bestritten.
Im Laufe der Geschichte treten die Geschehnisse der Gegenwart immer mehr in den Hintergrund, um am Ende wieder mit Macht in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken und den Leser mit einem dramatischen Finale zu bannen.
Wie schon in seinen Werwolf-Thrillern hat Heitz auch hier für seinen historischen Part auf reale Ereignisse zurückgegriffen. Im Mittelpunkt steht der osteuropäische Vampirglaube und diverse Exhumierungen, bei denen die unterschiedlichsten Arten der blutsaugenden Untoten gefunden wurden.
In "Kinder des Judas" sind Vampire nicht gleich Vampire und abgesehen von den Judaskindern greift der Verfasser auf reale Mythen zurück. In seinem Roman wimmelt es von Upiren, Tenjacs (Aufhockern), Muronys, Nachzehrern und vielen anderen Untoten mehr.
Leider ist aber nicht alles Gold, was glänzt. Heitz? Protagonisten wirken leider häufig sehr distanziert und gefühllos. Scylla ist eine wunderschöne Frau, die nicht nur hochintelligent ist, sondern darüber hinaus auch eine perfekte Kämpferin. Eine Charakterisierung wie aus einem Trivial-Roman. Dabei agiert sie teilweise so spröde und humorlos, dass sie geradezu depressiv wirkt. Gerade die Passagen in der Gegenwart, die von Scylla alias Theresia Sarkowitz aus der Ich-Perspektive geschildert werden, sind gefärbt von einer dunklen Melancholie. Bisweilen sind Scyllas Gedankengänge zu melodramatisch, so als ob sie das gesamte Leid der Menschheit auf sich nehmen muss. Der Figur fehlt der Schuss Ironie und eine Portion Humor, um wirklich überzeugen zu können. Umso authentischer und liebenswerter wirkt dagegen Viktor, der erst im Jahr 1731 in das Leben der Vampirin tritt und erstmals auf Seite 400 erwähnt wird. Viktor ist eindeutig der Sympathieträger in der zweiten Hälfte des Buches und dient, aufgrund seiner Liebenswürdigkeit und Schwächen, eher als Identifikationsfigur als Scylla selbst.
Seine Reise mit den Zingaros durch Serbien gehören zu den spannendsten des Buches und hätten ruhig noch ausführlicher sein dürfen. Rückblickend betrachtet hat die Zeitlinie in der Gegenwart auch eher gestört, lief sie doch nur auf das entscheidende Duell zwischen Scylla und Marek hinaus.
Dafür geht der Autor mit den Fakten der Vergangenheit sehr souverän um und entwickelt eine überaus interessante Storyline, die man mit sehr viel Spaß lesen kann.
Die äußere Gestaltung des Buches ist ähnlich gehalten wie bei "Ritus" und "Sanctum", wirkt allerdings nicht ganz so edel. Dennoch hebt sich das Buch im Regal deutlich von anderen Publikationen sehr schön ab.
Fazit:
Markus Heitz? Ausflug in die Welt der Vampire ist nicht ganz so fesselnd und dramatisch wie sein Werwolf-Zweiteiler, aber immer noch ein literarisches Erlebnis, das einige Stunden Einsamkeit durchaus kurzweilig zu gestalten vermag. Die einseitige Charakterisierung der Heldin macht die Lektüre bisweilen ein wenig zäh. Auch die Handlungsebene in der Gegenwart wirkt manchmal sehr konstruiert. Die Geschichte hätte als rein historischer Gruselroman viel besser funktioniert. Gerade die Fakten und Recherchen des Autors kommen dem Buch zugute und die Exhumierungen und Hinrichtungen der Untoten sind nichts für schwache Gemüter. Ein Buch, welches trotz seiner Mängel jedem Vampir-Interessierten wärmstens empfohlen sei.