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Auf dem Titelbild streckt ein kleines Kind, das in ein weißes Kleid gehüllt ist, erwartungsvoll seine Hand aus. Auf den ersten Blick ist dem Betrachter sofort klar, es handelt sich um ein kleines Mädchen. Doch der Eindruck trügt: Wie im Katalog später erläutert wird, handelt es sich bei dem kleinen Kind nicht um ein Mädchen, sondern um einen Jungen, der in zeittypischer Manier abgebildet wird. Auch die Darstellung von toten Kindern wirkt heute befremdlich. Dennoch gibt es auch hier eine einleuchtende Erklärung: Der Familie sollte damit ein Erinnerungsbild erhalten bleiben. Bereits diese beiden Beispiele zeigen, dass die Darstellung des Kindes in Kunstwerken einem historischen Wandel unterworfen ist, der eine tiefgründigere kulturgeschichtliche Betrachtungsweise des Motivkomplexes "Kind" und "Kindheit" notwendig macht.
Und so erscheint die Ausstellung "Kinderzeit" des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte in Oldenburg, welches für diese Ausstellung nicht nur ihre eigenen örtlichen Bestände durchforstet, sondern auch Leihgaben von 22 Leihgebern eingeworben hat, als längst überfällig.
Anlässlich dieser Ausstellung ist im Michael Imhof Verlag auch der gleichnamige Ausstellungskatalog erschienen. Dieser versammelt die Gemälde, Plastiken, Grafiken und Objekte der Schau auf gut zweihundert Seiten. Der zeitliche Rahmen erstreckt sich dabei von der Renaissance bis zur Moderne. Ergänzt wird die Präsentation außerdem durch zwei einführende Aufsätze, welche sich dem Genre "Kinderporträt" sowie dem Sujet "Erziehung und Spiel" widmen. Die sich daran anschließenden Literaturhinweise sowie ein Personenregister komplettieren den Band.
Jedes Ausstellungsstück wird auf einer Doppelseite präsentiert. Während auf der linken Seite jeweils detaillierte Angaben zum Ausstellungsstück (Titel, Entstehungsdatum, Material, Größe, Schriftzügen, Leihgeber, Fachliteratur) sowie eine Kurzerläuterung zu diesem dargeboten werden, befindet sich auf der rechten Seite jeweils eine große Abbildung desselben.
Bereits beim ersten Durchblättern sticht die hervorragende Bildqualität ins Auge, die nicht nur ein Genuss ist, sondern auch eine präzise Betrachtung der Kunstwerke ermöglicht. So lassen sich die im Erläuterungstext erwähnten Symbole und Details leicht identifizieren. Hilfreich ist zudem, dass die Autoren des Bandes immer wieder Hinweise auf ähnliche Bilder geben, die häufig in einem kleineren Format als das Referenzbild abgedruckt sind.
Neben der ansprechenden visuellen Präsentation überzeugt der Band insbesondere durch die "frischen" Erläuterungstexte, die auf eine abwechslungsreiche und kurzweilige Art und Weise die Besonderheiten des jeweiligen Ausstellungsstücks präzise auf den Punkt bringen. Dabei werden erstaunlich viele Details angesprochen, ohne sich jedoch im Kleinen zu verlieren. Zudem gelingt den Autoren eine ausgewogene Balance zwischen bildimmanenten Erläuterungen und darüber hinausgehenden Informationen, wie zum Beispiel zur thematischen beziehungsweise zeitlichen Einordnung oder zur Familiengeschichte.
Etwas unverständlich ist hingegen, weshalb bei den abgebildeten gegenständlichen Objekten auf einen derartigen Erläuterungstext verzichtet wurde. Denn so mancher Leser würde wohl sicherlich gerne etwas mehr über den Verwendungszweck oder die Herkunft der Gegenstände erfahren.
Positiv hervorzuheben sind hingegen die beiden einleitenden Aufsätze, da sie einen prägnanten Abriss zur historischen Entwicklung des Kinderporträts beziehungsweise zur Darstellung von Erziehung und Spiel in Gemälden liefern. Erfreulicherweise wird hierbei immer wieder auf einzelne Ausstellungsstücke verwiesen. Schön wäre es lediglich gewesen, wenn auch noch ein weiterer Aufsatz hinzugefügt worden wäre, in dem auch die Grafiken der Ausstellung eine zusammenfassende Würdigung erfahren hätten.
Letztlich bleibt aber festzuhalten: Ein visuell sehr ansprechender Bildband mit "frischen", kurzweilig zu lesenden Erläuterungen, der bedenkenlos weiterempfohlen werden kann.
Weitere Informationen zum Bildband finden sich auf der Verlags-Website.