Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Zum Jahreswechsel 1958/59 flieht der kubanische Diktator Batista, nachdem ihm Rebellen in der Stadt und die Guerilla in den Bergen jahrelang zugesetzt haben. Der Magnum-Fotograf Burt Glinn erfährt davon. Am Neujahrsmorgen trifft er bereits in Havanna ein und dokumentiert an diesem und den folgenden Tagen die Ereignisse im Zuge der Revolution.
Im hier besprochenen Buch finden sich die Fotos der entstandenen Reportage, eingeleitet von zwei einführenden Texten und einigen Farbfotos, die dem Leser die Abläufe und Hintergründe nahe bringen, und begleitet von kurzen Kommentaren und Erläuterungen des Fotografen. Eingeteilt ist das Buch in folgende Abschnitte:
- "Der Tag, an dem Havanna fiel" (Einleitung, Text)
- "Rebellensieg auf Kuba" (Einleitung, Text)
- "Kuba, 1. bis 10. Januar 1959" (Fotoblock mit knappen Kommentaren)
- Widmung/Impressum
Schon die ersten Fotos, die - anders als der eigentliche Fotoblock - in Farbe gehalten sind, stürzen den Betrachter direkt ins Geschehen: Castro in verschiedenen, für die Abläufe wesentlichen Situationen. Junge Rebellen mit Gewehren. Und wieder Castro, ergriffen von den Geschehnissen; vor ihm eine Garde von Rebellen. Wer die Historie nicht recht kennt, erfährt in den beiden kurzweilig geschriebenen, informativen Einleitungstexten genügend darüber, um die darauf folgenden zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotos einordnen und somit ihre Aussagen verstehen, ihre Ausstrahlung genießen zu können.
Anfangs herrscht eine angespannte Stimmung. Männer mit Gewehren gewinnen Straße um Straße, sichern Ecken und Eingänge und suchen schließlich nach versteckten Batista-Anhängern. Auch diese hat der Fotograf Burt Glinn festgehalten in ihrer Angst und Verzweiflung, aufmerksam von Rebellen bewacht. Studentinnen der Universität bekommen Gewehre, die sie etwas hilflos und ungeschickt halten.
Weitere Bilder zeigen, wie Castros Guerilleros aus den Bergen eintreffen und bejubelt werden - und wie schließlich Castro in Santa Clara, dem größten Schauplatz der Revolution, ankommt. Die sich ihm entgegenstreckenden Hände, die überwiegend strahlenden Gesichter und im Gegensatz dazu Castros feierlicher Ernst: Diese Porträts berühren tief, wie auch immer der Betrachter zu Castro und seiner Revolution steht. Beinahe rührend wirkt der Triumphzug mit den verschiedensten Vehikeln oder auch Castro im Gespräch mit einfachen Menschen und wie er im Kreis seiner Getreuen studiert, was die Zeitungen über ihn schreiben - während auf dem vorausgehenden Foto Journalisten abgebildet sind, die in dieser Zeit pausieren können. Und immer wieder die feiernde, neugierige riesige Menge, Menschen, die unbedingt einen Blick auf Castro erhaschen wollen. Dazu kleinere Gruppen von Rebellen und von fröhlichen, ausgelassenen Menschen.
Was diese Fotos so faszinierend macht, ist zum einen der Wechsel einer ganz nahen, intimen Perspektive - Porträts, natürlich, ungestellt, spontan "geschossen", mit Bildern aus der Distanz, die Menschenmassen zeigen und irgendwo meist auch Castro. Dank der eingesetzten Schwarz-Weiß-Filme erhält der Betrachter einen unverfälschten Blick auf die Menschen und Dinge ohne Ablenkung durch lebhafte Farben.
Glinns kurze Kommentare helfen bei der Einordnung, ohne dem Betrachter eine Sichtweise oder Interpretation aufzudrängen. Leichen und blutende Verletzte gibt es nicht zu sehen, wohl aber die Wachsamkeit und nicht immer verhohlene Furcht bei der Eroberung der einzelnen Häuser. Meisterhaft hat Glinn die Mimik der Menschen in diesem und den anderen Abschnitten festgehalten, nicht zuletzt einen Fidel Castro, der wohl selbst von der Dynamik der Ereignisse ein Stück weit überrascht und beeindruckt wurde.
Wer Castro positiv gegenübersteht, muss dieses Buch lieben. Das gilt allerdings auch für jeden, der sich für Kuba interessiert - oder lediglich für herausragende Pressefotografie, denn diese bietet der Band in geballter Menge: Einfach blättern geht nicht. Glinns Fotos fesseln und fordern ganz von selbst die Zeit ein, derer sie würdig sind.
Eine Leseprobe bietet die Verlagsseite.