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Das Stichwort „Usability“ kann man in etwa mit „Gebrauchstauglichkeit“ oder schlicht mit „Nutzbarkeit“ übersetzen. Web-Usability bezeichnet entsprechend die Nutzbarkeit von Websites. Dass dies aber ein weites Feld ist und dass eine optisch ansprechende Website noch lange nicht „usable“ sein muss, zeigt Frank Puscher in seinem Buch „Leitfaden Web-Usability. Strategien, Werkzeuge und Tipps für mehr Benutzerfreundlichkeit“. Im Untertitel steckt auch gleich eine weitere, enorm wichtige Bedeutung von Usability: die Benutzerfreundlichkeit. Denn was nützt die schönste Seite mit dem modernsten Webshop, wenn einfach keine Bestellungen eintrudeln wollen? Viele Website-Betreiber legen sich und vor allem ihren Usern, sei es aus Unkenntnis oder aus anderen Gründen, eine Menge Steine in den Weg – und schneiden sich damit ins eigene Fleisch.
Das Buch richtet sich, wie sich aus den weiteren Kapiteln ergibt, vornehmlich an die Macher kommerzieller Websites. Hier soll Geld verdient werden – und eine Seite, die nicht einwandfrei nutzbar ist, die verdient eben kein Geld. Bevor es aber soweit ist, dass eventuelle Fehler auf der eigenen Website ausgemacht und behoben werden können, gibt Frank Puscher zunächst eine ausführliche Einführung in den Begriff Usability sowie in einige alte, aber nichtsdestotrotz noch sehr gültige Usability-Weisheiten, etwa die Aussage „Mach es so einfach wie möglich“. Klingt simpel, wird aber meistens nicht beherzigt. Zu viele schöne Möglichkeiten bieten das Web hetzutage – warum die nicht alle nutzen? Gnadenlos zeigt Puscher aber auf: Was große Webshops vormachen, etwa Otto oder Amazon, ist längst etabliert und wird vom Nutzer angenommen. Wer die bewährten Prinzipien allzu stark abändert, kann damit ganz schön auf die Nase fallen – Experimente sind eher den großen, bereits etablierten Websites erlaubt.
Das erste Kapitel zeigt sehr schön auf, dass Usability ein Begriff ist, der nicht nur technische Nutzbarkeit umfasst, sondern auch eine psychologische Ebene. Ist ein Webshop zwar funktionstüchtig, aber nicht vertrauenerweckend, dann wird eben nichts bestellt – zum Leidwesen des Betreibers.
Kapitel zwei zeigt dementsprechend die größten Usability-Fehler auf, vorgestellt von Jakob Nielsem, dem bekannten und kritischen dänischen Webdesign-Experten. Viele Webdesign-Sünden dürften den Seitenbetreibern gar nicht bewusst sein. Nielsen listet sie kurz und knapp auf und das führt durchaus zum Aha-Effekt beim Leser, der so manchen Fehler vielleicht auf seiner eigenen Seite wiedererkennt. Mehr ins Detail geht es dann in Kapitel 3. Hier geht Frank Puscher sehr detailliert auf wichtige Funktionen einer Website ein und zeigt auf, wie man sie „nutzbar“ machen kann. Zur Sprache kommt hier unter anderem die richtige Platzierung und Gestaltung der internen Seitensuche und der damit verbundenen Suchergebnisse. Es sind Kleinigkeiten, die viel ausmachen können – sollte das Suchformular-Kästchen eher links oder eher rechts platziert sein, eher ganz oben oder neben weiteren Suchfeldern? Auch die weiteren Themen „Personalisierung als Grundstrategie“ und „Design für mehr Glaubwürdigkeit“ schärfen den Blick des Lesers dafür, was machbar ist, was ein No-Go ist und wie man vorbildlich seine Website in Szene setzt, so dass jeder Seitenbesucher zufrieden ist.
Kapitel vier richtet sich im Anschluss explizit an diejenigen, die Online-Marketing betreiben, und wirft einen ausführlichen Blick auf die perfekte Landing-Site – nicht zu verwechseln mit der Startseite! – und die Gestaltung von Verträgen, also den Verkauf von Produkten. Viel zu häufig begehen nämlich selbst große und bekannte Anbieter von Produkten den Fehler, es ihren Kunden unnötig schwer zu machen, so dass diese im schlimmsten Fall frustriert den Kauf abbrechen, und zwar mitten im Bestellvorgang, und die Seite verlassen.
Kapitel fünf schließt sich mit dem Thema „E-Commerce Usability“ unmittelbar an und wirft unter anderem einen Blick auf böse Fehlerquellen in E-Shops sowie auf die Bedeutung der Conversion Rate.
Kapitel sechs widmet sich dem Thema „Usability im Web 2.0“ (das vom Autor etwas irritierend als „Das zweite Web“ bezeichnet wird). Die vielen Möglichkeiten von Web 2.0 – Stichwort TagCloud, Inline-Scrolling oder Autocomplete-Formularprüfung - können nämlich durchaus Stolperfallen produzieren, wenn es um die Nutzbarkeit einer Website geht. Schließlich sind die User jahrelang ohne diese neuen Möglichkeiten zurecht gekommen und müssen sich nun teils mühsam umgewöhnen. Man sollte es ihnen also so leicht und intuitiv wie möglich machen.
Danach gibt Kapitel 7 einen Überblick über gängige Usability-Tests und Testmethoden; Kapitel 8 beinhaltet abschließend unter dem Titel „Usability-Optimierung – JETZT!“ eine Reihe von praktischen Tests und Checklisten, die man als Website-Betreiber oder anderweitig Verantwortlicher unmittelbar nutzen kann, um Fehler zu finden und zu beheben.
Puschers Buch ist trotz der recht trockenen Thematik durchgehend interessant, in lockerem Ton geschrieben und sehr vielseitig. Selbst wenn man sein eigenes Usability-Problem hier nicht direkt wiederfindet, so schärft das Buch doch den Blick dafür, was alles schiefgehen kann und welche Fehler man in punkto Nutzerfreundlichkeit machen kann – und wie man diese Fehler beheben oder gar nicht erst entstehen lassen kann. Das einzige, was man hier vermisst, ist der Punkt Barrierefreiheit, zu dem man sich unbedingt ein eigenes Kapitel gewünscht hätte, zumal das Thema immer bedeutsamer für alle Nutzergruppen wird. Puscher lässt aber die Bedeutsamkeit barrierefreier und nutzbarer Seiten, beispielweise für Ältere oder für Menschen mit Behinderungen, außer Acht.
Ein weiterer kleiner Kritikpunkt: Viele Beispiele, auch und vor allem negative, sind mit Screenshots erläutert, wobei man aber häufig den Eindruck hat, dass die erläuternden Abbildungen etwas planlos und losgelöst mitten im Text stehen und nicht immer sofort das verdeutlichen, was gemeint ist, zumal auch die Bildunterschriften häufig zu betont locker sind und den Blick nicht auf das Wesentliche lenken.
Insgesamt aber ist „Leitfaden Web-Usability“ ein praxisbezogenes und vielseitiges Werk, das detailliert ist, wo es sinnvoll ist, aber insgesamt auch Grundwissen voraussetzt.
Selbst für private Website-Anbieter oder für Betreiber nicht-kommerzieller Websites, etwa von Verbänden, Stiftungen oder anderen Organisationen, ist dieser Leitfaden eine sehr lohnenswerte Lektüre. Puscher bringt vieles genau auf den Punkt, etwa in der folgenden Feststellung, die schon fast als Quintessenz zum Stichwort Usability gelten kann:
„Es gilt Folgendes festzustellen: Der Usability-Experte und auch der Buchautor sind nicht die Prüfinstanz für Ihre Website. Auch Sie selbst sind es nicht, ebenso wenig Ihre Kollegen. Es sind die Nutzer da draußen, die entscheiden.“