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Das vorliegende Hardcover stellt eine überarbeitete Neu-Auflage des ursprünglichen Softcover-Bandes dar. Es umfasst 244 Seiten, davon 16 Voll-Farbinnenseiten, eine neue Optik, neue Grafiken und eingearbeitete Errata. Auch die neue Ausgabe beinhaltet den In-Game-Stand von 98 sE, ist also voll kompatibel mit allen anderen Quellenbüchern und nimmt keine spätere In-Game-Entwicklung vorweg.
Ein großer Vorteil des Bandes ist, dass er wirklich alles enthält, was man als Spieler wie als Spielleiter braucht, um in der Welt von LodlanD spannende Abenteuer zu erleben: Eine umfassende Beschreibung des Staatenbundes "Rat der Länder", die vollständigen Regeln inklusive Charaktererschaffung, das Kampfsystem und diverse Schiffsklassen. Des Weiteren findet man detaillierte Angaben zu der Stadt "Lod", ein Startabenteuer und farbige Tiefsee-Karten sowie farbige Schiffspläne und Archetypen. Zwar gibt es auch für LodlanD Ergänzungsbände, die bestimmte Themengebiete oder Gebiete genauer beschreiben, aber ein Spiel allein mit dem Grundregelwerk ist möglich.
Was aber ist LodlanD überhaupt? Die Welt des Rollenspiels LodlanD ist unsere Erde, aber in einer hoffentlich fiktiven Zukunft. Denn ewiger Winter beherrscht dort die Kontinente und die Menschheit musste sich in die Weltmeere retten. Eine neue Gesellschaft ist in den endlosen Wassern der Tiefsee entstanden - eine Welt voller Gefahren, Intrigen und Abenteuern, aber auch voller Hoffnung. Die zweite Prämisse ist, dass sich PSI-Fähigkeiten (weiter-?)entwickelt haben, wobei bewusst darauf geachtet wird, dass es das Rollenspiel und nicht allmächtige Spielerfiguren unterstützen soll; auch wird nie in einem offiziellen Abenteuer PSI vorausgesetzt. Theoretisch kann ein Spielleiter also PSI auch völlig weglassen, wenn es ihm nicht behagt. Ein dritter Punkt ist noch die Existenz von Klonen, die überwiegend als Menschen zweiter Klasse gelten.
Im Grundregelwerk beschrieben wird der "Rat der Länder", ein Bund aus sieben Staaten. Dessen Bewohner leben in gewaltigen Kuppelstädten und bewegen sich in U-Booten der unterschiedlichsten Art durch die schwarzen Tiefen der See, immer in Gefahr, von Piraten überfallen oder von einem Unglück überrascht zu werden. Das Zentrum des RDL ist die Handelsstadt Lod, die Bewohner aus allen Ländern des Bundes beherbergt, was auch mit einer eigenen Beschreibung gewürdigt wird.
Die RDL-Länder Arbiträa, Bund freier Städte (BFS), Kobe-Uppland, Lod, Scientia, Stawa und die Union nordischer Länder (UNL) werden so beschrieben, dass man damit spielen kann. Die jeweilige Geschichte, die Besonderheiten und die Stellung zu den anderen Ländern wie zum Rat werden ebenfalls geschildert. Spieler finden ebenso genügend Informationen, um eine Spielerfigur aus einem der Länder darstellen zu können, wie der Spielleiter, welche Abenteuer man dort stattfinden lassen kann. Positiv zu vermerken ist das Vorhandensein von je einem Beispielcharakter, mit dem direkt losgespielt werden kann. Weitere Länder werden in Ergänzungsbänden vorgestellt, aber auch die RDL werden nach und nach beschrieben.
Die RDL-Völker basieren auf heutigen europäischen, was das Hineindenken erleichtert, sind aber auch so weit verfremdet, dass sie keine plumpe Übernahme in die Zukunft darstellen. Natürlich wird auch mit Klischees gearbeitet, aber das gehört nun mal zum Rollenspiel dazu und Feinarbeit am Charakter der Spielerfigur kann ja nachträglich noch stattfinden und ist jedem Spieler selbst überlassen. Jedenfalls ermöglichen die Völker diverse Spielstile, so kann man zum Beispiel ein mutiger Piratenjäger aus Arbiträa sein, ein geflohener Klon aus dem BFS, ein naiver Künstler aus dem Uppland, ein kosmopolischer Händler aus Lod, ein raubeiniger Mechaniker aus Stawa, ein snobistischer Psioniker aus Scientia oder ein nihilistischer Gentechniker aus der UNL. Aber auch andere Hintergründe sind in den einzelnen Ländern denkbar.
Die Welt ist also einfallsreich; an die heutige zwar angelehnt, aber trotzdem fiktiv genug und erstmal ausreichend beschrieben. Aber was ist mit den Regeln? LodlanD ist ein modernes System, das mehr Wert auf die Darstellung und Entwicklung der Welt legt als auf ausgefeilte Regelwerke. Natürlich gibt es auch bei LodlanD Regeln, aber das Motto ist "Weniger ist mehr". Das Regelsystem basiert auf einem Prozentsystem, jede Spielerfigur besitzt Attribute und Fähigkeiten. Gewürfelt wird mit einem W100 beziehungsweise zwei zehnseitigen Würfeln und einem sechsseitigen, zum jeweiligen Wert der Spielerfigur kommen eventuelle Bond und Mali. Die Regeln sind für das schnelle Spiel gedacht und besitzen keinen unnötigen Ballast. Auch die allgemeinen Kampfregeln sind eher kurz gehalten, wobei hier bei LodlanD noch die Boot-Kampf-Regeln hinzukommen, die es in kurzer und langer Fassung gibt. LodlanD soll eher gewaltarm gespielt werden beziehungsweise die Kämpfe eher zwischen Booten als Menschen stattfinden. Die PSI-Regeln braucht nur der Spieler zu lesen, der einen Psioniker spielt. Wer keinen Archetypen übernehmen möchte, kann sich dank des Punkte-Systems seinen individuellen Charakter zusammenbauen, die Spielerfiguren werden nicht ausgewürfelt.
Das Regelwerk ist so aufgebaut, dass es den Spielleiter an der Hand nimmt und die Kapitel zeigt, die er vor dem ersten Spiel lesen sollte. Spieler müssen erst mal kaum etwas lesen. Auch ohne das ganze Regelwerk gelesen zu haben, wird so eine erste Runde ermöglicht, die das beinhaltete kurze Abenteuer meistern kann. Wirklich ein sehr löblicher und auch einsteigerfreundlicher Ansatz.
Es werden noch Schiffe, mögliche Ausrüstung und deren Einsatzmöglichkeiten vorgestellt; sogar der Preis für Tampons und Binden ist enthalten. LodlanD ist erfreulich gleichberechtigt ist und auch weibliche Spieler werden berücksichtigt. Für den Spielleiter gibt es noch diverse Tipps, wie man LodlanD spielen kann und welche Kampagnenarten möglich sind. Kreative Spielleiter wird die Existenz von weißen Flecken freuen; von Personen und Orten, die nie offizielle Ausarbeitung erhalten werden. Jedes Regelwerk enthält eine Seriennummer, unter der man sich auf der Homepage des Spieles anmelden kann, Spielleitern ist im dortigen Forum ein eigener Bereich vorbehalten. Auch weitere aktuelle Informationen sind dort zu finden.
LodlanD ist eine klare Empfehlung für Rollenspieleinsteiger, aber auch erfahrene Rollenspieler dürften am einfachen Regelsystem und der interessanten Welt gefallen finden. Letztere ist wirklich gelungen und deren Beschreibung bietet unzählige Ansätze für Abenteuer. Überhaupt sind diverse Kampagnenarten möglich: Agenten, Detektive, Diplomaten, Händler, Piraten(jäger), Forscher, Medien oder Außenseiter. Das bedeutet, dass so ziemlich jeder Spieler etwas für sich finden dürfte, wenn auch ein gewisses Interesse an Technik sinnvoll ist. Dazu kommt der moderne Aufbau des Regelwerkes, der potentielle Spieler/Spielleiter wird nicht erstmal mit Charaktererschaffung und Regelsystem erschlagen, sondern geschickt in Regelsystem und Spielhintergrund eingeführt. Gerade als Spieler wird einem der Einstieg nun wirklich einfach gemacht. Die grafische Aufbereitung ist gelungen und bis auf wenige Rechtschreibfehler scheint der Band Fehlerfrei zu sein.
LodlanD ist ein schlankes und modernes Rollenspielsystem aus deutschen Landen, dem viel Erfolg zu wünschen ist. Es legt den Fokus auf die Welt und nicht auf die Regeln und die Welt weiß zu überzeugen. Gerade auch Rollenspielanfänger sollten LodlanD in Betracht ziehen. In diesem Sinne: Gute Fahrt!