Für Danny Darcy sind seine eigenen Lieder lebendig. In ihnen drücken sich sein Leben, seine Gefühle und seine Hoffnungen aus. Doch wie es scheint, ist ihm momentan kein Glück gegönnt. Es gelingt ihm einfach nicht, eine einzige Textzeile aufs Papier zu bringen. Seine Band Dylan´s Dogs wartet darauf, endlich mit ihm eigene Songs für die nächste Tournee aufzunehmen. Doch plötzlich ist die Schreibblokade sein geringstes Problem: Völlig überraschend wird Danny von seiner Frau Sunny beschuldigt, ein Verhältnis zu haben. Sie trennt sich Knall auf Fall von ihm und möchte nichts mehr von ihm wissen. Dabei erwarten sie doch bald ein Kind und für die Schwangerschaft sind Spannungen überhaupt nicht positiv. An den Vorwürfen ist allerdings gar nichts drann. Schuld ist allein das Telefonat, das Sunny mit Dannys Mutter geführt hat. Solange hat sie davon erzählt, dass Danny ein liederlicher Typ ist und früher mehrere Affären hatte, bis dies Wahrheit wurde.

Dannys Mutter Helen besitzt nämlich die Gabe, Geschichten wahr werden zu lassen. Sie ist eine Sherazade, die mit magischer Kraft Lügen zum Leben erwecken kann. Auch ihre eigenen Kinder hat sie früher zur Strafe in Geschichten gesperrt und damit schrecklich gequält. Kein Wunder, dass Danny schon vor langer Zeit den Kontakt zu ihr auf ein Minimum reduziert hat. Doch nun muss er seine Frau zurückerobern und die Lüge aus der Welt verbannen. Verzweifelt macht er sich auf die Suche nach den Sirenen, denn sie allein besitzen die Macht, die Lügengewebe einer Sherazade zu zertrennen - und dazu braucht er Sunnys Gesellschaft.

"Lyra" ist ein weiterer Roman aus der Feder von Christoph Marzi, der es versteht, alte Legenden mit der heutigen Realität glaubhaft zu verweben. Die Hauptfigur ist Danny Darcy, der magische Fähigkeiten besitzt, die er durch Musik kanalisiert. Aus diesem Grund sind auch alle Kapitel des Romans mit Textzeilen von Liedern durchsetzt. Das erweckt fast den Eindruck, als würde man beim Lesen gleichzeitig den Soundtrack hören. Diese Lieder und ihre Vergangenheit begleiten die Hauptpersonen auch auf ihrer Reise nach New Orleans, mitten in die geheimnisvollen Sümpfe um die Stadt, wohin der Leser sie begeistert auf der Suche nach den Sirenen begleitet.

Gekonnt spinnt Christoph Marzi eine faszinierende und geheimnisvolle Geschichte, in der er alte Legenden aus der Antike mit den Geheimnissen des Vodoo in die heutige Realität versetzt. Und auch die Strukter der Erzählung ist eine sehr klassische, da sich der Held, genau wie in alten Legenden, Gefahren entgegen stellen muss, um seine Liebste wieder zu erlangen. Doch im Gegensatz zu Märchen, gibt es hier kein vorhersehbares und gutes Ende, denn die wahren Hintergründe der Lüge von Dannys Mutter werden erst spät enthüllt. Auch wenn die Darcy-Familie und ihre besonderen Fähigkeiten schon in "Fabula" beschrieben wurde, kann man diesen Roman vollkommen unabhängig davon lesen, da die Ereignisse kaum aufeinander aufbauen.

Eine fantastische und unterhaltsame Reise in eine Welt, in der Realität und Fantasie ganz nah beieinander liegen.