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Ein junger "Edelstricher" wird ermordet aufgefunden; der Tatort zeigt alle Spuren eines heftigen Zerwürfnisses. Doch Ermittler Sean Corrigan kommen bald Zweifel an dem Schluss, dass es sich um eine Beziehungstat handle. Nicht zuletzt irritiert das Fehlen von Spuren: Wer vermag es nach einem Mord im Affekt schon, eine Wohnung geradezu akribisch von sämtlichen Hinweisen zu befreien?
Rasch zeigt sich, dass dieser brutale Mord nicht alleine steht. Nach einem vergleichbaren psychopathischen Muster wurden und werden Frauen ermordet; ein Zusammenhang zwischen den Opfern und dem Mörder scheint nicht zu bestehen. Anscheinend nimmt sich der Mörder einzelne Menschen, wie es ihm eben passt, gemäß dem Grundsatz: "Mein bist du". Und die Grausamkeit nimmt zu. Zugleich kämpfen die Ermittler mit der peniblen Sauberkeit, die der Mörder an den Tag legt: Spuren treten weiterhin nicht auf.
Es gibt bald einen Verdächtigen. Corrigan, als Kind Missbrauchsopfer und sensibel für psychopathische Tendenzen, schießt sich auf ihn ein. Doch der Mann ist hochintelligent und versteht es, die Polizei an der Nase herumzuführen und ein ums andere Mal auch professionellen Überwachungsteams zu entkommen. Corrigans Mitarbeiterin verfolgt eine weitere Spur, die er nicht ausreichend ernst nimmt, und so gerät sie ins Visier des Killers.
Während die Polizei nach Möglichkeiten sucht, den Verdächtigen dingfest zu machen, zeichnet sich hinter den Kulissen Dramatisches ab. Aber die Sachlage ist so komplex, dass ein weiterer, provozierender Mord nicht verhindert werden kann – oder letzten Endes doch?
Luke Delaney ist das Pseudonym eines ehemaligen Detectives, der bei der Aufklärung von Morden mitgewirkt hat, so die Verlagsinformation. Er kennt also offensichtlich die Abläufe bei der Polizei und auch die Psychogramme von Serienmördern.
Während der Täter im Prinzip frühzeitig feststeht, schleichen sich doch Zweifel ein. Irgendwann scheint es, als ob zwei Personen mit derselben DNA mordend durch London zögen. Schon schleicht sich der Verdacht ein, es handle sich mal wieder um einen abgelutschten "Identical Twins"-Krimi, doch das, der Leser dieser Rezension sei beruhigt, ist nicht der Fall.
Den wahren Täter erkennt der Leser deutlich vor dem Schluss, doch bleibt die Auflösung immer spannend, auch wenn der Epilog ein bisschen sehr nach einem "Appetizer" für eine mögliche Fortsetzung aussieht. Wir gönnen es dem Autor, der hier einen Erstling präsentiert.
Die Perspektive wechselt zwischen Corrigan und weiteren Figuren hin und her, nicht zu verwirrend, doch manchmal scheinen die Versuche allzu transparent, spätere Ermittlungsschritte durch frühe Einwürfe zu erklären. Für extreme Spannung sorgen allerdings Sequenzen, die unmittelbar aus der Perspektive des Killers mit seinen Allmachtsfantasien stammen. Kurz, der Thriller ist nicht durchgehend professionell gehalten, was ihm jedoch durchaus einen eigenen Charme verleiht. Weniger akzeptabel wirken manche gekünstelte Szenen und Einschübe. Gar so verbohrt kann ein eigentlich gut nachvollziehbar ausgestalteter Charakter Corrigan nicht sein. Die Naivität seiner Mitarbeiterin irritiert. Es existieren also ein paar Mankos. Insgesamt erscheint der Thriller schlüssig, es gäbe aber durchaus die eine oder andere Verbesserungsmöglichkeit.
Dass die Morde detailliert und sehr grausam beschrieben werden, Folter und Vergewaltigung inklusive, ist Geschmackssache. Für Psychothriller gehört dies mittlerweile beinahe schon zum guten Ton. Kuschelig kommt hier definitiv nichts herüber.
Martin Keßler versteht es, die Spannung auch während der Längen, zum Beispiel dem zu gründlich ausgewalzten häufigen Abschütteln der überwachenden Polizisten durch den Verdächtigen – ich war vielleicht zu lange nicht mehr in London, um jeden vertrauten Straßennamen, jede Ecke, jede Bahnstation einzeln zu genießen -, zu halten und sich in die verschiedenen Charaktere einzufügen, sodass dieses Hörbuch zu einem echten Erlebnis wird.
Insgesamt also trotz einiger Mängel ein hörenswerter Thriller, und die Fortsetzung dürfte nicht dahinter zurückfallen.
Geliefert wird das Hörbuch als apart aufgemachtes Karton-"Leporello" mit Fächern für die einzelnen CDs.
Eine Hörprobe wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.