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Im Jahr 1987 veröffentlichte Toni Morrison ihren Roman "Beloved", der zwei Jahre später auch in Deutschland unter dem Titel "Menschenkind" verlegt wurde. Die afroamerikanische Autorin erhielt für die Geschichte einer ehemaligen Sklavin, die sich mit ihrer Vergangenheit auf teilweise phantastische Art auseinandersetzt, den Pulitzer-Preis.
Jonathan Demme, bekannt geworden durch Filme wie "Das Schweigen der Lämmer" (1991) und "Philadelphia" (1993), machte sich im Jahr 1998 daran, den schwierigen Stoff zu verfilmen.
Cincinnati, Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Die ehemalige Sklavin Sethe lebt mit ihrer Tochter Denver allein auf der Farm ihrer verstorbenen Schwiegermutter. Sie hat ein grausames Leben voller Entbehrungen hinter sich, aber hier soll alles anders sein - hier ist sie frei, Herr ihrer selbst. Nur ihre anderen Kinder fehlen noch zu ihrem Glück: ihre zwei Jungs, die weggelaufen sind, und ihre zweite Tochter, die starb, als sie noch klein war.
Doch die Vergangenheit holt sie ein, langsam und Stück für Stück. Zunächst ist es Paul D., selbst ehemals ein Sklave wie Sethe, der auf derselben Plantage wie sie gearbeitet hatte. Er ist ein guter Mann, und die beiden wollen versuchen, sich gemeinsam, samt Denver natürlich, ein Leben aufzubauen. Zu Anfang ist es nicht leicht, denn das Farmhaus, in dem die drei leben, wird heimgesucht von dem Geist ihrer Tochter, der keinen Frieden finden kann.
Da taucht eines Tages, als die drei gerade beginnen, glücklich zu leben, eine junge, seltsame Frau auf. Weder richtig gehen noch richtig sprechen kann sie, und woher sie kommt, gibt sie nicht preis. Denver, eine zurückgezogene, einsame junge Frau, schließt sogleich Freundschaft mit der unheimlichen Fremden, die sich "Menschenkind" nennt. Niemand der drei ahnt, wer sie wirklich ist und wie viel mehr sich hinter der hübschen Fassade verbirgt. Und Sethe wird immer und immer wieder mit der verhassten Vergangenheit konfrontiert
Der deutsche Name "Menschenkind" ist unglücklich ausgewählt; er verwirrt, ist die junge Frau, die da zu Sethe, Denver und Paul D. kommt, noch viel mehr als nur das. Und wichtig ist die Übersetzung von "Beloved", Geliebter oder Geliebte. Denn eben diese Frau verkörpert all das, was Sethe und ihre Lieben vermissen und eben lieben.
In Rückblenden zeigt Regisseur Jonathan Demme die Mosaiksteine der Erinnerungen, von denen Sethe erzählt. Dass manche Szenen dabei arg plakativ geraten sind, stört nicht, denn in der Realität war die Sklaverei voller Menschenunwürdigkeit und Grausamkeit und um einiges schlimmer, eben weil sie Wirklichkeit war.
Der Zuschauer wird mitgerissen in eine Welt, als es noch üblich war, andere Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe wie Vieh zu behandeln, sie zu missbrauchen und zu demütigen. Vor allem die Rückblenden erschüttern, weniger durch die brutalen Bilder als vielmehr durch die Vermittlung des Grauens und der Schmerzen, die Sethe und viele der ihren durchleben mussten. Das Plädoyer für Menschlichkeit und gegen Unterdrückung und Hass würde jedoch viel besser wirken, hätte sich Demme mehr auf das Wesentliche konzentriert. Der Film schwankt unschlüssig zwischen dem Drama, das die Sklaverei und ihre Folgen zum Thema hat, Fantasy und einer Prise Horror. Die Elemente beider Genres finden sich in "Menschenkind", jedoch in so abgeschwächter Form, dass sie wie Fremdkörper erscheinen. Das liegt weniger an der Romanvorlage Morrisons als vielmehr an der Schwierigkeit der Umsetzung des komplexen Stoffes. Eine größere Wirkung hätte wohl erzielt werden können, wären manche Elemente auf metaphorischer Ebene transportiert worden. Vor allem die für den gesamten Film so wichtige Figur von "Menschenkind" erscheint unausgegoren, ihre Motivation schwankt zu stark; selbst in den fast 165 Minuten ist kaum genug Platz, die wichtigen Facetten von "Menschenkind" dem Zuschauer wirklich näherzubringen.
Die Darsteller agieren solide, allen voran Oprah Winfrey, wesentlich bekannter als Talkmasterin denn als Schauspielerin. Neben ihr leisten Danny Glover und Kimberly Elise gute Darbietungen; hier gibt es nichts zu bemängeln. Lediglich Thandie Newton hat die etwas undankbare Rolle der "Menschenkind" zu tragen, die zwar komplex ist, nicht jedoch alle Eigenschaften transportiert, die dem Zuschauer bei der Erschließung dieser Figur von Nutzen sind.
"Menschenkind" ist ein schwieriger, ein komplexer, ein sperriger Film mit einer beachtlichen Länge. Jonathan Demme versuchte sich an einer sehr anspruchsvollen Vorlage, die der Film nicht immer erreicht. Er scheitert nicht, aber es gelingt ihm auch nicht, das Maximum aus Toni Morrisons Roman herauszuholen. Durch die Vermengung der Elemente verschiedener Genres gelingt es dem Regisseur nicht, seine Aussage wirklich auf den Punkt zu bringen. Dennoch: ein Film, der zum Nachdenken anregt und der einen auch nach dem Sehen nicht loslässt.