Einst vereint, wird das Volk von Minhorne seit Jahrhunderten durch einen Fluch gespalten: Die Nachtgeborenen können nur in der Dunkelheit existieren, während die Lichtgeborenen die Sonne zum Leben brauchen. Obwohl sich beide Seiten um ein Miteinander bemühen, könnte die Kluft doch kaum größer zwischen ihnen sein. In dieser Zeit steht kurz vor Tagesanbruch die schwangere Tercelle vor der Tür des Arztes Balthasar Hearne. Das Problem: Tercelle ist jemandem versprochen und die Kinder stammen aus einer merkwürdigen Romanze mit einem Lichtgeborenen, glaubt man Tercelles Ausführungen. Schon kurz darauf bringt Tercelle Zwillinge zur Welt – und obwohl Nachtgeboren wird Balthasar den Verdacht nicht los, dass die beiden über die Fähigkeit des Sehens verfügen, die Nachtgeborene nicht besitzen. Als letzte Geste an Tercelle übergibt Balthasar seiner Schwester, einer Nachtgeborenen Magiern, die Kinder, um sie fortzubringen.

Doch für Balthasar ist das erst der Anfang. Durch seine Beihilfe verwickelt er sich in eine Verschwörung von gigantischen Ausmaßen. Er wird von Unbekannten überfallen und im Eifer des Gefechtes wird seine eigene Tochter entführt. Ihm selber gelingt es nur durch die magischen Fähigkeiten seiner Frau Telmaine zu überleben – Fähigkeiten die Telmaine bis zu diesem Zeitpunkt immer verborgen gehalten hat. Da Balthasar schwer verletzt ist, muss sie sich allein auf die Suche nach ihrer Tochter begeben. Doch zum Glück findet sie in dem Nachtgeborenen Magier Ishmael di Studier einen Verbündeten. Gemeinsam versuchen sie, der Verschwörung auf die Spur zu kommen, die das empfindliche Gleichgewicht zwischen Licht und Schatten zu zerstören droht …

„Nachtgeboren“ ist der Auftakt einer Reihe von Newcomerin Alison Sinclair. Schrieb sie bis jetzt nur SF-Novellen, ist „Nachtgeboren“ ihr erster Vorstoß in das Genre der Fantasy.

Als Szenario wählt sie eine gespaltene Welt in der Licht- und Nachtgeborene nebeneinander existieren, ohne echten Kontakt miteinander haben zu können, da die Lebensbedingungen des jeweiligen Anderen den Tod für die eigene Art bedeuten. Wie der Titel nahelegt, beschäftigt sich dieser Band vornehmlich mit den Nachtgeborenen, nur eine Figur der Lichtgeborenen hat hier mehr als eine namentliche Rolle. Dadurch hat Autorin Alison Sinclair viel Raum, um über die Besonderheiten der Nachtgeborenen zu berichten. Vor allen ihre außergewöhnliche Art, ihre Umgebung war zu nehmen. Ihr „Seh“-Vermögen repräsentiert sich als ein Ultraschall-Sinn, wie man ihn von Fledermäusen kennt, mit dessen Hilfe sie ihre stockfinstere Umgebung wahrnehmen. Die interessanten Beschreibungen dieser Wahrnehmungsart gibt dem Roman eine ansprechende Note.

Zwar mag man bei dem gewählten Szenario schnell an das alte Thema Gut gegen Böse, Licht gegen Schatten denken, allerdings irrt man da. Vielmehr müssen beide Rassen zueinander finden, um sich einem gemeinsamen unbekannten Feind zu stellen. Gewürzt mit interessanten Figuren, die über ihren Schatten springen müssen, gibt Alison Sinclair einen ersten Einblick in ihr kleines Bücheruniversum, ohne dabei eine actiongeladene Handlung zu vergessen, wie es bei manchen ersten Bänden einer Reihe üblich ist.

„Nachtgeboren“ bietet auf jeden Fall einen interessanten Einstieg, eine abwechslungsreiche Handlung und eine interessante Sichtweise. Es bleibt abzuwarten was der Folgeband "Lichtgeboren" zu bieten hat.