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Zunächst erschien das Hörbuch Necrophobia, von dem es mittlerweile auch einen zweiten Teil gibt. Erst nach dessen Erfolg entstand das Buch, in dem sich 20 Geschichten des phantastischen Genre tummeln, die von Frank Festa zusammengestellt wurden. Geplant ist, einmal jährlich eine solche Anthologie herauszubringen.
Das 432 Seiten umfassende Buch spricht bereits beim Ansehen an. Das Coverbild ist atmosphärisch gestaltet und angenehm dezent, der Umschlag ist robust. Die Schriftgröße ist die übliche und angenehm zu lesen, das Inhaltsverzeichnis befindet sich vorn und ermöglicht eine Orientierung auf den ersten Blick.
Im gesamten Buch sind praktisch keine Fehler zu finden, am Ende einer jeden Geschichte findet sich ein Copyrighthinweis zur Übersetzung der Geschichte und auch zum Originaltitel sowie Erscheinungsdatum und ggf. das Original, aus dem die Geschichte entnommen wurde.
Am Ende des Buches befindet sich eine Danksagung des Herausgebers und auch diese lohnt es sich zu lesen. Selten genug!
Die Geschichten in dem Buch entstammen zwar allesamt dem phantastischen Genre, schon bei der Zuordnung zum klassischen Horror könnte man allerdings streiten. Daher sehe ich diese Geschichten auch eher unter dem breiter gefassten Begriff der Phantastik und unter diesem Aspekt kann man die Sammlung nur als wundervoll und ausgesprochen gelungen bezeichnen.
In der letzten Reihe ist die erste Geschichte des Buches. Es ist die Erzählung eines Mannes, der ins Kino geht und dort von dem Paar abgelenkt wird, das hinter ihm in der letzten Reihe seinem Liebesspiel nachgeht ... oder nicht?
Diese Geschichte bietet dem Leser gleich zwei Überraschungen, die beide recht gelungen sind, an dieser Stelle aber natürlich nicht verraten werden.
Diese Geschichte ist auch auf dem Hörbuch Necrophobia 1 vertreten.
Es folgt
Die Stimme in der Nacht, in der ein seltsamer Mann immer wieder im Dunkel an ein Schiff heranrudert, um etwas Essbares zu bekommen. Nach und nach erzählt er den Schiffsleuten die Geschichte, die ihm und seiner Verlobten zugestoßen ist, bevor er schließlich wieder ins Dunkel der Nacht rudert.
Diese Geschichte ist kurzweilig, aber nicht gerade gruselig oder spannend. In die Sammlung passt sie trotzdem, vielleicht schon allein deshalb, weil es eine klassisch altmodische Geschichte ist, die sich mit Seemannsgarn verbindet.
Diese Geschichte ist auch auf dem Hörbuch Necrophobia 2 vertreten.
Die dritte Geschichte,
Die Banner der Hölle ist eine der Geschichten, die mir am meisten zugesagt haben.
Zu dritt versuchen ein paar Freunde, kleine Roboter zu entwickeln, die dem Menschen implantiert werden, um Krankheiten aller Art von vornherein zu eliminieren. Nachdem jemand aus diesem Kreis verstirbt, ändern sich jedoch die Ziele der verbliebenen Partner und aus der Idee zu ImmunityWorks wird die Idee von MindWorks, das Menschen befähigen soll, mit Toten zu kommunizieren. Doch wie so oft bei Experimenten verläuft auch dieses nicht ganz so wie geplant.
Eine phantastische Vision zwischen Horror und Science Fiction!
Pickmans Modell aus der Feder Lovecrafts hingegen ist ausgesprochen langweilig.
Es handelt sich um die Erzählung eines Mannes, der einem anderen erzählt, warum er den Kontakt zu einem Künstler abgebrochen hat und so ängstlich wurde, auch nicht mehr mit der U-Bahn fährt.
Der Fairness halber sei erwähnt, dass ich die angebliche Genialität von Lovecraft noch nie zu schätzen gewusst habe ...
Diese Geschichte ist auch auf dem Hörbuch Necrophobia 1 vertreten.
Im mindesten gewöhnungsbedürftig ist auch
Die Kunst des Tiphytsorn Glocque.
Sie erzählt die Geschichte eines recht abartigen Künstlers, der nicht nur einen dekadenten Lebensstil führt, seine Eltern ermordet hat und sadistische Neigungen hat, sondern Ruhm zu erlangen versucht, indem er mit der Hilfe seiner Schwester nie da gewesene Körperbemalungen schafft.
Das Ganze spielt in einem eher fantasy-orientierten Setting und glänzt vor allem durch sexuelle Anspielungen und Kraftausdrücke verschiedenster Art.
Versöhnlich stimmt jedoch das Ende der Geschichte, das mit den recht seltenen Elementen der Synästhesie arbeitet und diese erstaunlich gut in die Geschichte bettet. Dies ist wohl auch in erster Linie der Grund, dass diese Geschichte in der Sammlung ihre Berechtigung findet.
Echten Horror in doppeltem Sinne bietet
Eine Halloween-Überraschung.
Ein Gynäkologe, der kurz vor der Eröffnung seines neuen ambulanten Frauenzentrums steht, ist allein zu Hause und öffnet den Kindern, die Süßigkeiten wollen. Verwundert stellt er fest, dass die meisten Kinder vor seiner Tür Blecheimer in der Hand haben, um die Süßigkeiten zu sammeln. Irgendwas an den Kindern macht ihnen Angst, doch als er sieht, dass einige Eimer bereits mit Blut gefüllt sind, ist das weder der Anfang, noch das Ende seiner Odyssee.
Sicherlich eine Geschichte, über die man streiten kann, hat sie doch einen deutlich erhobenen Zeigefinger, der nicht jedem gefallen dürfte. Die Idee jedoch ist sehr gut, und umgesetzt wurde sie ebenso!
Das Präparat ist eine der eher schwächeren Geschichten der Sammlung, in der zwei Freunde versuchen, hinter das wahre Schicksal ihres Freundes Axel zu kommen. Was sie herausfinden, hätten sie sich jedoch nicht träumen lassen ...
Dem immer wieder gern aufgegriffenen Thema von Gott, Kirche und Dämonen widmet sich, wie der Titel schon andeutet
Von Heiligen und Mördern. Diese Geschichte ist mit 60 Seiten die längste in dem Buch und sie ist weniger grausam als klassisch und regt auch heute und trotz der phantastischen Elemente doch auch ein wenig zum Nachdenken an - wenn man möchte.
Ein gefundenes Fressen ist die Geschichte zwei Schweine züchtender Brüder. Während der eine durch einen Unfall die Wonnen des Sterbens erlebt, sorgt er noch dafür, dass auch sein Bruder sie erfahren kann. Ein typischer Fall aus dem Splatter-Genre und doch mit einer interessanten Pointe versehen.
Diese Geschichte ist auch auf dem Hörbuch Necrophobia 1 vertreten.
Die zweite Geschichte der Sammlung, die sich mit Seemannsgarn und ähnlichem befasst, ist
Trentino Kid. Der Titel der Geschichte ist Programm, denn so nennen die Fischer den jungen Burschen, der ertrank, ohne dass er je geborgen werden konnte. Sein Körper ist es jedoch, der das Leben eines bestimmten Fischers, aus dessen Sicht diese Geschichte erzählt wird, völlig verändert.
Die Rückkehr des Hexers schildert die Erlebnisse eines Sekretärs, der im Haus seines neuen Arbeitgebers Teile des Necronomicon übersetzen soll. Was sein neuer Arbeitgeber damit zu bezwecken versucht, erschließt sich dem Sekretär jedoch erst nach und nach.
Mit einem etwas ungewöhnlicherem Thema, dem Herstellen und Handeln von Klonen, wartet die Geschichte
Das Spiegelbild von Geistern auf. Auch hier finden sich wie in den meisten Geschichten einige Splatter-Elemente, letztlich fasziniert diese Erzählung jedoch am meisten durch die Tragik, die sie beinhaltet.
Summertime ist weniger eine klassische Horrorgeschichte, als vielmehr eine Geschichte von Psychopathen und Sexualmördern. Vater und Sohn sind die Hauptfiguren und die Geschichte wird aus der Sicht des Sohnes erzählt. In dieser Geschichte wird allerdings nicht nur gemetzelt, sondern auch auf unaufdringliche Art und Weise beleuchtet, wie es zu diesen Morden kam.
Diese Geschichte ist auch auf dem Hörbuch Necrophobia 2 vertreten.
Bei
Die Squaw sind es weniger Menschen und die üblichen Dämonen, die die Geschichte prägen, als vielmehr ein Tier, eine Katze nämlich. Wie emotional eine solche agieren kann, wie verbissen und berechnend, das zeigt diese Erzählung. Und ganz ehrlich: Sie werden am ehesten auf Seiten der Katze sein ...
Eine große Portion Phantastik wird mit
Schluck die üble Saat in das Buch gebracht. Hier werden Menschen durch Pflanzen bedroht, die ihr Fortbestehen auf sehr ungewöhnliche Art und Weise sichern.
Der Mann, der Clive Barker sammelte ist vor allem eine witzige Geschichte, wenn man morbiden Humor mag und nicht schnell mit dem Begriff der Geschmacklosigkeit um sich wirft. Wie weit Sammlerleidenschaft geht, welche Sonderausgaben welchen Wert tragen und was wertvoller für einen Sammler ist als eine Widmung, das liest man hier.
Diese Geschichte ist auch auf dem Hörbuch Necrophobia 2 vertreten.
Rettungslos ist mit vier Seiten die kürzeste Geschichte der Sammlung und der Horror zeigt sich eigentlich nur, wenn man selbst schon immer fürchtete, lebendig begraben zu werden oder man in einen solchen Gedanken abtauchen kann.
Die Puppen, die in der Geschichte
Puppen tanzen, sind in diesem Fall nicht dieselben, die sich zum wilden Gelage auf einer Waldlichtung treffen. Eine interessante Geschichte aus dem Bereich der Hexengeschichten, die ein deutliches Maß Sex mehr enthält als viele andere Geschichten der Sammlung.
Die dünnen Leute von Barrows Hill gehört zu den Geschichten, die ich selbst als eines der Highlights des Buches bezeichnen möchte. Die Idee der gefährlichen langen Menschen, die in langen Häusern wohnen und gegen die vorgehen, die ihre Ruhe stören, ist eine wirklich tolle Form subtilen Horrors, der in dieser Geschichte auch ansprechend umgesetzt wurde.
Die letzte Geschichte der
Hütte im Wald zählt hingegen zu den schwächeren Geschichten in dieser Anthologie. Im Vergleich zur Qualität der anderen Geschichten ist diese sehr konstruiert, recht unglaubwürdig und ziemlich platt. Die Tatsache, dass ein fliegendes Ungeheuer Hirne in Zylindern sammelt, rechtfertigt sicherlich eine Aufnahme ins Horrorgenre, aber ... nun ja ...
Fazit:
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Die Anthologie enthält 20 Geschichten des phantastischen Genres, die sehr unterschiedliche Themen und Absichten besitzen und daher sicherlich für einen großen Leserkreis interessant sind. Splatterelemente und Sex sind in vielen Geschichten deutlich enthalten, so dass man vielleicht verzichten sollte, wenn man derartige Szenen nicht lesen mag. Ansonsten jedoch deckt die Sammlung eine Vielzahl Themen ab und auch, wenn es deutlich erkennbar stärkere und schwächere Geschichten gibt, so ist doch an sich keine als wirklich schlecht zu bezeichnen.
Durch die Seitenanzahl und die Gestaltung hält man mit diesem Buch zudem eine Anthologie mit einem phantastischen Preis-Leistungs-Verhältnis in Händen.