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Wesley Gibbons ist ein klassisches Weichei. Seine Freundin betrügt ihn – unter anderem mit seinem besten Freund. Im Büro, bei seinem langweiligen Job, ist er derjenige, über den sich alle lustig machen. Er ist Hypochonder, schluckt Tabletten gegen alles Mögliche. In seinem Leben passiert nichts Außergewöhnliches. Kurz gesagt: Er ist langweilig.
Doch das ändert sich, als eine aufregende Frau namens Fox in sein Leben tritt – unter Kugelhagel und mit einem Haufen Leichen. Durch sie lernt er den Professor kennen, diese beiden klären ihn über seine Herkunft auf. Sein Vater war ein Killer, der gefürchtetste und beste Mörder, den man finden konnte. Mord liegt quasi in Wesleys Blut und der Professor will, dass Wesley diese Begabung in sich findet und in die Fußspuren seines Vaters als führendes Mitglied der Superschurken wird. Denn nicht nur über seinen Vater wird Wesley aufgeklärt, auch darüber, dass er in einer Welt lebt, in der es Superhelden wirklich gab, bis sie von den Superschurken ausgerottet wurden – als endgültige Rache wurden die Helden dazu verdonnert, nur noch in Comics gedacht zu werden und nicht mehr als real zu gelten.
Ganz schön viel auf einmal, aber Wesley zögert nicht lange: Er tritt der Bruderschaft bei, wird ein Superschurke und tritt in die Fußspuren seines Vaters. Ab da besteht sein Leben aus Aufregung, Gewalt und Sex. Bis neue Ereignisse in Gang gesetzt werden …
Wer nur den Film kennt, der mit Angelina Jolie und Morgan Freeman besetzt wurde, wird überrascht sein – Gemeinsamkeiten zwischen Film und Comic bestehen bis auf die grundlegenden Details kaum. Was ebenfalls überrascht sind die vielen Anspielungen auf die klassischen Superheldencomics, die man in den Bildern viel eher entdeckt als im Film. Oder wer fühlt sich bei der Beschreibung Wesleys als klassischem Loser nicht an Peter Parker, nebenberuflich Spiderman, erinnert? Auch die Superschurken nehmen stark Bezug auf die Gegner der Superhelden, allen voran Supermans Gegnern. Diese Verbindungen machen dem Comicfan viel Spaß beim Lesen, immer wieder entdeckt man zufällig neue Anspielungen.
Man sollte jetzt bloß nicht den Fehler machen, zu denken, „Wanted“ wäre eine Anti-Hommage an Superhelden. Der Comic spielt zum einen die Frage durch, was wäre, wenn Superhelden real gewesen wären und sie ihre Kämpfe verloren hätten. Zum anderen stellt man sich beinahe automatisch die Frage, wie man sich selbst entscheiden würde, wenn man die Wahl hätte, aus seinem Leben auszubrechen und zu tun, was man will. Würde die vollkommene Freiheit nicht bei jedem dazu führen, dass man sich an ungeliebten Menschen rächt, sich nimmt, was man will, egal, ob es Gegenwehr gibt, und nur noch nach seinen eigenen Zielen zu streben? Mark Millars Geschichte ist eine tiefergehende Dystopie, als man auf den ersten Blick glauben würde, den sie konfrontiert den Leser damit, wie er reagieren würde, wenn er seine dunkle Seite frei lassen dürfte.
Die Zeichnungen sind überaus deutlich und detailverliebt. Allein schon deswegen sollte man ihn nicht in der Nähe von Kindern herum liegen lassen, von der expliziten Sprache ganz zu schweigen. Herumfliegende Körperteile und Gehirnmasse, Blut und Grausamkeit finden sich auf fast jeder Doppelseite zur Genüge. Auch die Charaktere sind sehr genau ausgearbeitet, wie viel Aufmerksamkeit und Liebe zum Detail in ihre Zeichnung hinein geflossen ist spürt man in jedem der größtenteils in dunklen Tönen gehaltenen Bilder. Wirklich deutlich wird das aber auf den letzten Seiten: Nach Ende des Comics sind großformatige Zeichnungen zu jedem wichtigen Charakter zu finden, die erklären, wer wer ist und was ihn antreibt und bewegt. Hier finden sich anhand mancher Beispiele auch Skizzen und Entwürfe, so zum Beispiel die Erklärung von Fox’ Kleiderauswahl oder die Erklärung, wie festgelegt wird, wo die Sprechblasen positioniert werden.
„Wanted“ ist einer der Comics, die ein Comicfan zwangsläufig gelesen haben muss. Nur als „erstes Mal“ sollte man ihn nicht in die Hand nehmen, zu düster, bedrohlich und abschreckend kann dieses Werk dann wirken. Als Kontrast zur bunten Welt der Superhelden, die aus moralisch einwandfreien Gründen handeln, ist die Lektüre aber wirklich Pflicht.
Zum Glück gibt es da diese Ausgabe in hochwertiger Qualität, mit tollem Bonusmaterial und vor allem sind hier alle Bände gesammelt in einem.