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Was bringt jemanden dazu, Fußball zu lieben? Welche Ereignisse lassen jemanden sich so eng mit einem Spiel verbinden, dass es einen immens wichtigen Platz im Leben erhält? Wie kann ein runder Lederball über Freude, Trauer, Mitgefühl, Freundschaft und Respekt anderen Menschen gegenüber entscheiden?
Diese Fragen und noch einige mehr beantwortet Philippe Dubath in seinem Roman "Zidane und ich", der in der Hörbuchversion von dem Schauspieler Matthias Brandt gelesen wird. Die CD mit einer Laufzeit von etwa 70 Minuten stellt eine ungekürzte Lesung des bereits 2001 erschienenen und 2002 mit dem "Prix Lettres Frontière" ausgezeichneten Romans dar.
Untertitelt ist das Werk mit "Brief eines Fußballspielers an seine Frau". Jedoch geht es nicht vornehmlich darum, seiner Frau die Leidenschaft, die Dubath für den Fußball empfindet, näher bringen zu wollen oder sich gar zu rechtfertigen für diese Liebe, die er dem Sport entgegenbringt. Dubath bittet weder um Verständnis noch um Entschuldigung für diesen geliebten Wahn. Seine ganze Intention ist es, sie verstehen zu lassen, sie begreifen zu machen.
So liest Matthias Brandt mit ruhiger, fast melancholischer Stimme Dubaths gesammelte Gedanken vor. Seine Erzählung beginnt einem Geständnis gleich. Die 70 Minuten Laufspielzeit sind gefüllt mit Erinnerungen an Dubaths Kindheit. Mit seinem ersten Fußballerlebnis, dem Besuch eines Spiels im Stadion zusammen mit seinem Vater und umgeben von so vielen anderen Männern, beginnt Dubaths Reise in die Vergangenheit. Auf dem Weg, den er beschreitet, spricht er von den wunderbaren Begebenheiten, wenn ihm der Ball ein Gefährte war; aber er spricht auch von Erlebnissen, die den jungen Dubath aufrütteln, die ihn prägen, verändern, leiden lassen.
So lernt der Zuhörer Dubaths ersten Schiedsrichter kennen - die Mutter eines Nachbarjungen, die aufmerksam nach jedem Schimpfwort lauscht, das von den Jungen aus dem Garten dringt - und begleitet ihn beim Umzug von Frankreich in die Schweiz, der nicht einfach für ihn ist. Der Zuhörer stellt sich vor, wie Dubath mit seinen Freunden im Verein selbst im tiefsten Winter spielt, er erfährt von den Schicksalen einzelner Jungen oder wie die Jüngeren mit den Älteren zusammen spielen. Dabei wendet sich Dubath hin und wieder persönlich an seine Frau Nanan, geht näher auf das Verhältnis zu seinen Eltern, vor allem zu seinem Vater, ein und erzählt von seinem Onkel, der das Zeug zum Profi gehabt hätte - wäre er nicht in den Krieg gezogen.
"Zidane und ich" - von diesem Titel darf man sich nicht täuschen lassen. Weder gibt es eine Hommage an den Ausnahmespieler, noch konzentriert sich Dubath auf die französische Nationalmannschaft. Insofern sollte nicht vorschnell von Titel auf Inhalt geschlossen werden, sonst könnte man enttäuscht sein.
Dubath eröffnet seinem Leser - hier natürlich Zuhörer - einen Blick in seine eigene kleine Welt, die gefüllt ist mit Gedanken und Erinnerungen. Nicht alle haben etwas mit dem Thema Fußball zu tun, und doch führt der Weg immer wieder zu dem runden Leder zurück. Die Art und Weise, wie die kleinen Anekdoten zusammen mit ganz und gar nicht klischeehaften Weisheiten aus dem Fußballerleben zu einem homogenen Ganzen verbunden werden, ist nicht zuletzt Matthias Brandt zu verdanken, der mit ruhigem, nachdenklichen Tonfall vorliest. Mit perfekter Intonation, die es selbst bei langen, verschachtelten Sätzen einfach macht, ihm gut zu folgen, scheint er sich völlig in Dubaths Denken und Fühlen hineinzuversetzen. Manches Mal jedoch driftet Brandt zu sehr ab, zu melancholisch, beinahe Mitleid erregend trägt er vor, dass all diese Gefühle, Erinnerungen und berührenden Geschichten hin und wieder zu traurig stimmen, um sich wohlig darin zu ergehen, um sich gänzlich damit zu identifizieren, um selbst in ähnlichen Erinnerungen zu schwelgen.
Abgesehen von diesem Manko ist diese CD für jeden etwas, dem Fußball mehr bedeutet als ein paar nette Stunden Zeitvertreibung am Wochenende. Sie bewegt sich fernab von jeglichen Klischees und trifft Hobbyspieler wie Zuschauer gleichermaßen, wenn es darum geht, dem Fußball eine Liebeserklärung zu machen. Aber Vorsicht: Dubath gibt wesentlich mehr preis als nur seine Liebe zum Fußball. Kindheitserinnerungen fernab davon, philosophische Gedanken, die das Damals mit dem Heute verbinden, und ein bisschen Weltanschauung haben ebenso ihren Platz gefunden. Passend dazu ist der Aufdruck der CD der eines herrlich altmodischen Lederballs. Fußballverrückte finden hier bestimmt etwas - zum Träumen, Schwelgen, Nachdenken.