Partyfotografie
Als kleines Kind war ich immer furchtbar stolz, wenn ich mit der Spiegelreflex von Papa Fotos machen durfte, damals Dias. Klar, dass später, als mal das Geld da war, eine eigene her musste, auch eine Canon. Kindheitserfahrungen prägen anscheinend auch bei der Kamera-Auswahl.
Der endgültige Auslöser, mir eine eigene Spiegelreflex zu kaufen und mich nicht mehr mit einer Kompakten zu begnügen, war die Partyfotografie. Ich hatte meine Leidenschaft für Fotografie in dunklen Räumen von hellen Lichtern und Lasern und tanzenden Menschen entdeckt, und meine damalige Canon Ixus reichte mir einfach nicht aus. Also wurde es die Canon EOS 400D, zunächst mit Kit-Objektiv 18-55mm. Schnell kamen dann aber noch ein externer Blitz (das Licht ist einfach viel besser) und ein Tokina 28-70mm mit Lichtstärke 2,6-2,8 dazu. Damit waren dann die Bedürfnisse für die ersten Gehversuche abgedeckt, sei es auf Partys, in freier Landschaft oder im Konzertgraben.
Partyfotografie an sich ist ein spannendes Thema. Man muss viel mit Menschen reden, muss sie ansprechen, fragen, ob sie ein Foto von sich haben möchten, erklären, wo und wann es veröffentlicht wird, und die ein oder andere Frage zu Beweggründen und Ausrüstung beantworten können. Auch ein gewisses Fachwissen ist nötig; wenn die Bilder, die am nächsten Tag von der Party zu finden sind, nicht eine gewisse Qualität haben, werden sich die wenigsten Personen noch mal von einem Fotografen dieses Auftraggebers fotografieren lassen.
Die schlechteren Beispiele der nachts am Wochenende entstandenen Fotos sind sicherlich die, die einen schwarzen Hintergrund zeigen, weiße – „totgeblitzte“ – Gesichter und am besten noch rote Augen dazu, das alles mit unvorteilhafter Körperhaltung oder Mimik. Aber wie macht man es besser?
Das Wichtigste ist nicht mal die teure Ausstattung, sondern ein paar kleine Regeln helfen schon sehr dabei, auch unter den schwierigen Bedingungen Fotos entstehen zu lassen, mit denen jeder zufrieden sein kann:
ISO-Werte: Sofern man die Fotos nicht als Posterausdrucke entwickeln lassen möchte, kann man die ISO ruhig skrupellos erhöhen. Ich selbst fotografiere meistens mit einem ISO-Wert von 400 oder 800. Dabei muss man aber in Kauf nehmen, dass die Bilder verrauschter werden und man entweder keine großen Ausdrucke machen kann oder aber ein bisschen Zeit in die Nachbearbeitung (Entrauschung) investieren muss.
Belichtungszeit: Auf Partys herrschen meistens schlechte Lichtverhältnisse. Es ist dunkel, immer mal wieder kommt ein bunter Lichtblitz. Oder aber das Licht ist permanent bunt gefärbt und verfälscht so die Gesichtsfarben. Dem Problem der Dunkelheit kann man mit längeren Belichtungszeiten entgegen steuern. Dabei aber immer bedenken: Man muss die Kamera auch für diese Zeit absolut verwacklungsfrei halten können und die fotografierten Personen müssen stillhalten. Länger als eine Sekunde klappt das meistens nicht. Falls der komplette Raum aber mit zum Beispiel grünlichem, unschmeichelhaftem Licht beleuchtet ist, helfen der automatische Weißabgleich und eine Folie (üblicherweise Lee-Folie) vor dem Blitz. Zum Blitz aber später mehr.
Blende: Um möglichst viel von der natürlichen Lichtstimmung der Umgebung aufnehmen zu können, empfiehlt es sich, die Blende möglichst weit zu öffnen. Dabei aber immer beachten: Eine größere Blendenöffnung (das heißt, eine kleinere Blendenzahl) verringert den scharf abgebildeten Bereich. Wenn man nebeneinander stehende Personen fotografiert, ist das kein Problem; bei einer Gruppe, die in mehreren Reihen aufgestellt ist, kann es durchaus passieren, dass manche Personen unscharf erscheinen.
Blitz: Wenn man eine neue Kamera hat, hat man sehr selten zugleich einen neuen Blitz gekauft, sondern muss sich zunächst mit dem internen Blitz begnügen. Der erfüllt auch seinen Zweck der Beleuchtung, ist aber weniger frei in der Bedienung. Wenn man vorhat, auf vielen Veranstaltungen Fotos zu machen, ist ein externer Blitz eine gute Investition. Diesen kann man meistens auch schwenken, so dass man die Personen nicht direkt anblitzt. Dadurch entstehen keine harten Schatten im Gesicht, die Augen werden nicht rot – und die fotografierten Personen fühlen sich nicht geblendet. Wenn die Decke des Raumes hell ist, kann man den Blitz idealerweise gegen die Decke richten, das reflektierte Licht reicht, um das Bild zu erhellen.
Eine gute, weil günstige, Ergänzung sind Farbfolien, die man in den Diffusor des Blitzes einlegen kann, wenn vorhanden. Ansonsten kann man sie auch aufkleben. Diese Folien färben das Blitzlicht ein und neutralisieren so das Umgebungslicht. Eine rötliche Folie lässt Bilder wärmer erscheinen, ein ebenfalls häufig gesehener Effekt bei Partyfotos.
An sich ist Partyfotografie ideal für diejenigen, die gern fotografieren und gern weggehen. Es verbindet beides, man trifft viele Menschen, kann kostenlos in die Clubs, das ein oder andere Getränk ist meistens auch noch dabei. Geld verdient man dabei aber in den seltensten Fällen, auch eine kleine Aufwandsentschädigung gibt es nicht überall. Aber es öffnet Türen: Man trifft bei der „Arbeit“ auf Leute, die kleine Aufträge zu vergeben haben, trifft Clubbesitzer, die neue Bilder von der Einrichtung benötigen, trifft DJs, die gerne ein paar neue Aufnahmen von sich bei der Arbeit hätten und und und. Auch gelangt man so auch in Bereiche, zu denen man sonst keinen Zutritt hätte: zum Beispiel in den Konzertgraben oder in den Backstage-Bereich bei verschiedensten Veranstaltungen.
BeispielbilderNachtsonnenaufgang:
Der absolute Glückstreffer: Das erste Mal mit meiner eigenen Spiegelreflex im Palazzo Bingen unterwegs, überragende Lasershow, volle Hallen. Und dann der Moment, in dem zufällig die passende Einstellung gewählt war, der eigene Standort gut war, niemand im Weg stand … Ein Gefühl, als würde die Sonne aufgehen.
Einstellungen: ISO 400, Belichtungszeit 1 Sek., Blende 5,6
Noch einmal in der gleichen Situation würde ich mir einen festen Stand suchen, im Idealfall ein Stativ, die Belichtungszeit verkürzen und die Blende weiter öffnen, um das leichte Verwackeln zu vermeiden.
Put your Hands up:
Eine alte Lagerhalle, zur Partylocation umfunktioniert. Ideal, um Menschen zu fotografieren, da weiße Wände und Decken im Hauptraum das Blitzlicht ideal reflektiert haben.
Aber hier geht es um die Tanzfläche: Ein dunkler Raum, nur beleuchtet durch zwei Laserstrahlen und ein paar bunte Scheinwerfer über dem DJ-Pult. Viele Menschen stehen davor, tanzen. Und dann das Lied, das jeden dazu auffordert, seine Hände in die Luft zu strecken. Die Schwierigkeit war: Die Leute tanzen. Und sie halten definitiv nicht still, damit man diese wedelnden Hände vor den Scheinwerfern sicher einfangen kann. Daher musste ich für dieses Bild die Belichtungszeit stark verkürzen.
Einstellungen: ISO 400, Belichtungszeit 1/125, Blende 8