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Die im Frühjahr 2008 fertiggestellte "Allgemeine und molekulare Botanik" von Elmar Weiler und Lutz Nover gründet sich auf dem jahrzehntelang als Standardwerk vielen Biologiestudenten bekannten "Nultsch". Wilhelm Nultsch und sein Team brachten 2001 die letzte Ausgabe heraus und waren an der Planung und Konzeption des vorliegenden Buches beteiligt. Doch neuere und neuste Forschungsergebnisse und eine andere individuelle Gewichtung der Inhalte durch die Autoren Weiler und Nover führten zu einem Standardlehrwerk für Studenten völlig anderer Prägung.
Bereits das Inhaltsverzeichnis stellt klar heraus, dass die molekularen Zusammenhänge eine deutlichere Gewichtung als in anderen Botanik-Büchern erhalten. Die zwanzig Kapitel lauten "Molekularer Aufbau des pflanzlichen Organismus", "Zellstruktur", "Zellspezialisierungen", "Organisationsformen der Pflanzen", "Kormus", "Bioenergetik", "Mineralstoff- und Wasserhaushalt", "Autotrophie" "Haushalt von Stickstoff, Schwefel und Phosphor", "Transport und Verwertung der Assimilate", "Dissimilation", "Sekundärstoffwechsel", "Genetik und Vererbung", "Fortpflanzung und Vermehrung bei Niederen und Höheren Pflanzen", "Genexpression und Signalstoffe", "Licht und Schwerkraft", "Pflanzliche Entwicklung", "Pflanzen und Stress" und "Biotische Stressoren - Wechselwirkung von Pflanzen mit anderen Organismen". Sie sind farblich gekennzeichnet und ermöglichen dadurch das schnelle Auffinden des jeweiligen Kapitels.
Dem Text sind neunhundert farbige Abbildungen und dreißig Tabellen erläuternd an die Seite gestellt.
Neben dem sinnvollen didaktischen Aufbau, der Fachbegriffe kenntlich macht, jedem Abschnitt eine kurze Zusammenfassung, einen sogenannten "Abstract", voranstellt, Tabellen und Fotos in den Dienst des Textes stellt und immer wieder bereits abgehandelte Inhalte memoriert, fallen die vielen äußerst ins Detail gehenden molekularen Zusammenhänge auf. Dies mag manchen Laien abschrecken und den Studenten des Biologie-Grundstudiums überfordern, doch der Botaniker, Pflanzen-Genetiker, Doktorand der Biologie und der in den naturwissenschaftlichen Fächern unterrichtende Oberstufenlehrer findet in diesem Lehrbuch eine solche Fülle an Informationen, dass sie kaum ein anderes Lehrwerk mehr benötigen. Auch der interessierte Autodidakt kann sich an den verständlichen Texten, klaren Tabellen und Grafiken und den außergewöhnlich guten Fotografien erfreuen. Auch wenn gelegentlich die molekularen Zusammenhänge in einer Dichte beleuchtet werden, die ein "normales" Gedächtnis überfordern, ist es doch hochinteressant, fundiert und im Zusammenhang nachlesen zu können, wie weit die Botanik sich von der einfachen Pflanzenkunde früherer Prägung entfernt hat.
Auffallend ist die inhaltliche wie stilistische Zweiteilung des Buches. Nach den ersten zwölf Kapiteln, die man am ehesten als eine molekular vertiefte allgemeine Botanik bezeichnen kann und für die Elmar Weiler verantwortlich zeichnet, gehen die letzten acht Kapitel von Lutz Nover einen anderen Weg. Hier werden Genetik, Vererbung, chemische und molekulare Mechanismen in den Vordergrund gestellt. Ganz allgemein gesprochen ist der zweite Teil schwieriger zu verstehen und wendet sich sehr viel stärker an den Studenten des Hauptstudiums der Biologie mit Schwerpunkt Botanik denn an interessierte Fachfremde.
Ein weiterer Punkt ist hervorzuheben. Nimmt man einen zehn Jahre alten Botanik-Band zur Hand, etwas den "Nultsch", kommt man sich vor wie in einer anderen Wissenschaft. Der Fortschritt und die Weiterentwicklung dieses Fachbereichs der Biologie ist ungeheuer und schlägt sich in einem erweiterten Fachwortbestand nieder, der nicht zuletzt durch das umfangreiche Sachverzeichnis am Ende des Buches dokumentiert wird. Er umfasst mehr als vierzig vierspaltig gesetzte, sehr klein bedruckte Seiten. Auch die Liste der weiterführenden Literatur - sinnvollerweise entsprechend den Kapiteln des Buches gegliedert - führt in der Mehrzahl sehr neue, kaum mehr als ein Jahr alte Veröffentlichungen auf.
Dieses Fachwerk ist kein Lesebuch. Es entzieht sich einem sofortigen, fortlaufenden Verständnis durch eine Unmenge an Fachwörtern und komplexeste Inhalte. Die Gewichtung hinsichtlich der molekularen Zusammenhänge der einzelnen Prozesse und Funktionen ist ein weiterer Faktor, der verhindert, dass man dieses Buch einfach nur liest.
Es erfordert viel Zeit, konzentrierte Arbeit, viele Notizen, häufige Wiederholungen und ein gerüttelt Maß an Vorwissen. Und ohne wirkliches, nachhaltiges Interesse am Aufbau der Pflanzen, den ihnen innewohnenden Strukturen und Prozessen, ihrer Genetik, Fortpflanzung und Vermehrung und Entwicklung wird man kaum Gewinn aus diesem Fachbuch ziehen können.
Doch allen Studenten, Wissenschaftlern und Laien, die sich erschöpfend mit dem universitären Wissen rund um die Botanik beschäftigen wollen, sei dieses Fachbuch empfohlen.