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Es geschehen wirklich noch Zeichen und Wunder. Da ist es seit vielen Jahren klar ersichtliche Politik des Spieleverlags Hans im Glück, keine Titel ins Programm aufzunehmen, in denen man Würfel schmeißen muss (mit Ausnahme vielleicht des Spiels "Mauerbauer"). Und nun bringt der Verlag "Stone Age" heraus, ein Spiel, in dem man mehr Würfel wirft, als in mancher "Kniffel"-Partie. Man kann in der Hinsicht ja augenzwinkernd bemerken, dass Verlagschef Bernd Brunnhofer an der Entwicklung des Spiels mit beteiligt war. Fest steht jedenfalls, dass Hans im Glück absolut keinen Fehler mit der Veröffentlichung von "Stone Age" gemacht hat, denn es ist ein tolles, leichtes Strategiespiel für Familien, dem nur ein kleiner Schritt zu echter Größe fehlt.
[imgleft]images/UploadGrafiken/StoneAge1.jpg[/imgleft] Dem Titel gemäß ist das Spiel in der Steinzeit angesiedelt, in der die Spieler ihren Stamm über das Bauen von Hütten und das Erhandeln von Zivilisationskarten weiterentwickeln. Für beides braucht man Rohstoffe, von denen es vier Sorten gibt: Holz, Lehm, Stein und Gold. Außerdem muss Nahrung gesammelt werden, damit das eigene Volk am Ende jeder Runde ernährt werden kann.
In jeder Runde setzen die Spieler zuerst nacheinander die Mitglieder ihres Stamms auf die verschiedenen Felder des Spielplans. So kann man seine Steinzeitmenschen zum Sammeln von Nahrung, Holz oder Gold schicken, zum Bauen von Hütten, zum Ackerbau, zum Herstellen von Werkzeugen, zum Erhandeln von Zivilisationskarten und in die Liebeshütte zur Vermehrung. Bei den Rohstoffen würfelt man für jedes seiner bis zu sieben Männchen, die man zu einer Quelle geschickt hat, mit einem Würfel. Das Ergebnis aller Augen teilt man dann durch die Wertigkeit des Rohstoffs und erhält dann entsprechend viele Einheiten. So muss man für Holz nur eine Drei würfeln, Gold bekommt man erst ab je sechs Augen. Mit Werkzeugen kann man das Gesamtergebnis erhöhen und so auf mehr Rohstoffe kommen, man ist dem Zufall also nicht völlig ausgeliefert.
Die Rohstoffe kann man dann verwenden, um Hütten zu bauen, was sich sofort in Siegpunkten äußert. Oder man tauscht sie gegen Zivilisationskarten ein, die sofort einen kleinen Bonus geben und sich vor allem zum Schluss mit massig Siegpunkten rentieren.
Am Ende einer Runde muss außerdem jeder Spieler seine Stammesmitglieder ernähren können, wobei der Ackerbau sehr hilfreich ist. Das Ganze geht so lange, bis alle Zivilisationskarten weg sind oder genug Hütten gebaut wurden - dann werden die Karten abgerechnet und der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt.
[imgright]images/UploadGrafiken/StoneAge2.jpg[/imgright] Wer ein bisschen häufiger mit Spielen zu tun hat, hat es schon längst gemerkt. "Stone Age" ist auf dieselbe Schule gegangen wie bereits "Maestro Leonardo", "Die Säulen der Erde", "Caylus" oder "Agricola", allerdings ein paar Klassen tiefer, denn der Anspruch im Vergleich zu den Kollegen liegt deutlich niedriger. Den wichtigsten Mechanismus des Würfelns um die verschiedenen Rohstoffe haben selbst Wenigspieler sehr schnell begriffen, die restlichen Konzepte mit den Werkzeugen, dem Ackerbau und den Karten sind dann nicht mehr viele und auch keine schweren.
Und doch liegt diesem Prinzip kein geringer taktischer Anspruch inne, denn man muss im Konkurrenzkampf gegen die anderen sehr gut überlegen, welche Felder man zuerst für sich beansprucht - schließlich werden begehrte Karten, Hütten und Positionen auf dem Spielplan schnell belegt sein. Außerdem muss man sich Partie für Partie neu überlegen, wie man diesmal vorgeht, schließlich zahlt es sich aus, für die eigenen Siegpunkte eine klare Linie zu fahren. So kann man sich viele Hütten bauen und hoffen, dass der Vorsprung dadurch bei der Endwertung ausreicht. Oder man holt sich viele Werkzeuge und dazu passende Zivilisationskarten, mit denen man zum Schluss besonders viele Punkte macht. Man kann vor allem auf Ackerbau setzen, oder man fährt die gefürchtete Hungerstrategie, in der man jede Runde zehn Minuspunkte für die mangelnde Ernährung des eigenen Volks kassiert, für die Nahrungssuche aber auch keine Männchen mehr abkommandieren muss. Einfaches Drauflosspielen reicht in "Stone Age" tatsächlich nicht aus, wenn man gewinnen möchte. Im Laufe der Partie muss man sich konsequent in eine Richtung entwickeln und diese ausbauen, um die besten Chancen auf einen Sieg zu haben. Dabei gilt es natürlich auch, die Gegner möglichst geschickt zu blockieren.
[imgleft]images/UploadGrafiken/StoneAge3.jpg[/imgleft] Das klappt in der Familie wunderbar und macht eine Menge Spaß - wer hat schon keine Freude daran, viele Würfel mit einem Würfelbecher zu schmeißen? Profizocker, natürlich. Die sollten "Stone Age" dennoch unbedingt eine Chance geben, denn obwohl das Spiel wohl kaum Innovationspreise abräumen dürfte, so bringen die Würfel als (beeinflussbares) Zufallselement doch ordentlich Pepp ins Spiel und der strategische Grundanspruch stimmt.
Die Sache hat dabei jedoch leider ein großes Problem: "Stone Age" dauert für das, was es ist, leider fast immer zu lang. Eine Partie zu viert wird anfangs meist mit eher zwei Stunden zu Buche schlagen anstatt der angegebenen 90 Minuten. Und dann gibt das Würfeln und Eintauschen gegen Hütten und Karten meist auch nicht mehr viel her. Die für ein Familienspiel doch recht lange Dauer wird "Stone Age" dann auch den eigentlich verdienten Titel "Spiel des Jahres 2008" gekostet haben. Vor allem die Ausstattung mit den vielen kleinen Holzressourcen, der tollen Grafik von Michael Menzel und sogar einem eigens enthaltenen Würfelbecher ist allererste Sahne. Außerdem sind die Regeln gut geschrieben und unkompliziert, Lücken gibt es keine. In der neuen Auflage des Spiels passen die vielen Materialien jetzt auch endlich in die vergrößerte Schachtel rein.
Hätte man "Stone Age" in seiner Länge auf ungefähr 60 Minuten gekürzt, wäre es ein perfektes Strategiespiel für Familien und ein sehr gutes für Vielspieler geworden. Aber auch so ist es immer noch eine tolle, taktisch ansprechende Würfelorgie, für die sich Hans im Glück absolut nicht schämen braucht, ja auf die er sogar stolz sein kann.