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Juan Solo, der gewissenlose Mörder und Leibwächter mit dem Hundeschwanz, hat es sich auf dem Landgut des Premierministers gemütlich gemacht. Er hat Lucho, den jungen Sohn des Hausherrn, unter seine Fittiche genommen, der Juan nahezu vergöttert und in seine anstatt in seines Vaters Fußstapfen treten will. Aber nicht nur Lucho wurde von Juan in seinen Bann gezogen, auch seine Mutter Laura, die ihn nahezu täglich in ihr Bett holt.
Als die beiden während eines heißen Tages im Pool Sex haben, werden sie von ihrem Mann und seinen Männern erwischt. Allerdings ist dies kein Zufall, Laura selbst hat diese unglückliche Begegnung eingefädelt. Sie will, dass Juan den Premierminister tötet, weil dieser veranlasst hat, ihre eigene Tochter zu ermorden.
Sie weiß jedoch nicht, dass es Juan persönlich war, der ihre Tochter erschossen hat. Ebenso wenig wie sie weiß, dass Juan eigentlich ihr Sohn ist! Als sie ein Kind mit einem Hundeschwanz geboren hatte, hat man ihr erzählt, sie hätte eine Fehlgeburt erlitten und das missgestaltete Kind weggeschafft. Dies erzählt der Premierminister Juan und Laura, nachdem Juans Kugel ihn getroffen hat. Plötzlich taucht auch Lucho auf. Er glaubt, Juan sei ein Verräter und schwört, ihn und seine eigene Mutter zu töten ...
Der zweite Band von "Juan Solo" bildet auch den Abschluss der Duologie, hier wird die Frage geklärt, die sich durch den gesamten ersten Band zog: Wie wird aus einem kaltblütigen Mörder ein Heiliger, der sich an ein Kreuz nageln lässt, um für die Sünden der Menschen zu büßen?
Bis zu der Antwort auf diese Frage ist es allerdings ein weiter Weg, auf dem man wieder einer Menge Sex und Gewalt begegnet. Während das Blut nicht mehr ganz so reichlich fließt wie im ersten Teil, bekommt man umso mehr nackte Haut und sexuelle Interaktionen zu sehen. Das wird sicher nicht den Geschmack eines jeden Lesers treffen, zumal es hier um schmutzigen Sex geht, nicht um Romantik oder Ästhetik. Dennoch gehören "Sex & Crime" und eine gewisse Schonungslosigkeit einfach zu den Geschichten des erfolgreichen Comic-Autors Jodorowsky dazu.
In "Heiliger Schweinehund" kommt der mystische, geheimnisvolle Faktor mehr zur Geltung als in seinem Vorgänger. Hier tauchen nun Geister auf, die keine wirkliche Rolle spielen, die nur stumm leiden und die Protagonisten begleiten, aber insofern einen Einfluss auf den Plot haben, dass sie ihm eine neue Ebene hinzufügen. Dies ist auch zeichnerisch gut umgesetzt worden. Die Geister sind vollkommen farblose Gestalten, die sich von den kräftigen Rottönen, in denen das Artwork gehalten ist, abheben.
Die Aufdeckung der Verwandtschaftsverhältnisse Juans und auch der so erschütternde Hass, den Lucho plötzlich hegt, wirken leider nicht allzu glaubhaft und logisch, es drängt sich eher der Eindruck auf, dass hier eine dramatische Wendung forciert werden sollte - und zwar mit einem so billigen Trick, wie ihn höchstens Seifenopern nutzen, nicht aber der sonst so einfallsreiche Alexandro Jodorowsky. Dafür wird man aber mit einem sehr schlüssigen und in eindrucksvollen Bildern präsentierten Schilderung, wie es zu Juans Metamorphose kommen konnte, entschädigt. Außerdem gelingt Bess und Jodorowsky etwas, womit man während des Lesens des ersten Bandes nie gerechnet hätte: Man beginnt, Juan zu bemitleiden und sogar, ihn ein wenig zu mögen.
BessÂ’ Zeichenstil hat sich nicht verändert. Warme, kräftige Farben dominieren die Kolorierung und helfen dabei, die Hitze Mexikos zu visualisieren. In diesem Band merkt man allerdings, dass Bess seltener karikiert und die Gestalten seiner Figuren nicht mehr so verzerrt, was auch daran liegen mag, dass der Grundtenor der Serie noch ernster geworden ist und es nicht mehr so viele Nebenfiguren gibt. Sehr überzeugend ist, wie sich Juan optisch verändert, wie er abmagert, seine Haare und sein Bart wachsen und wie sein Gesicht langsam einfällt.
Auch dieser Band ist nicht textlastig, sondern lässt eher Bilder sprechen. Als besonders beachtlich muss man hier die Wüstenpanoramen hervorheben.
Der Splitter Verlag fällt auch wieder positiv durch die sehr hochwertige Aufmachung auf. Ein stabiler Hardcover-Einband im Großformat, Hochglanzseiten und hervorragende Druckqualität rechtfertigen den Preis von etwas mehr als zwanzig Euro.
Wer den ersten Band gelesen hat und sich vom hohen Sex- und Gewaltfaktor nicht hat abschrecken lassen, für den ist auch "Heiliger Schweinehund" ein Pflichtkauf. Die Geschichte um den Mann ohne Skrupel und Gewissen, der zum Märtyrer avanciert, entwickelt ihren ganz eigenen Sog, fasziniert und stößt gleichzeitig ab. Jodorowski und Bess ergänzen sich nahezu perfekt und wer abseits von leichter Unterhaltung einen Comic für Erwachsene sucht, der sollte hier einen Blick riskieren.