Der gut aussehende Trickbetrüger Joe Marlin kommt ganz bequem durchs Leben, indem er sich unter falschem Namen in teuren Hotels einmietet, dort eine Weile in Saus und Braus lebt und dann abhaut, ohne die Rechnung zu bezahlen. Ab und zu lässt Joe sich auch von reichen Frauen aushalten, mit denen er schläft.
Als Joe mal wieder die Stadt wechselt, braucht er zunächst neue Koffer, um in dem exquisiten Hotel, das ihm als nächste Bleibe vorschwebt, nicht aufzufallen. Zwei edle Koffer lässt er an einer Gepäckausgabe mitgehen. Als er die Koffer dann öffnet, merkt er, was er sich mit diesem Diebstahl eingehandelt hat: Der ehemalige Besitzer vermisst nun nicht nur maßgeschneiderte Anzüge und teure Schuhe, sondern auch ein Kilo reines Heroin.

Joe befindet sich in einer echten Zwickmühle - einfach abhauen will er nicht, dafür bietet das Heroin viel zu viele Chancen auf das große Geld. Andererseits ist ihm klar, dass der Besitzer ihn ausfindig machen und wahrscheinlich umbringen wird. Joes Lage wird noch komplizierter, als er im Hotel die bildschöne junge Mona kennenlernt und eine Affäre mit ihr beginnt. Wie der Zufall so spielt, ist Mona die Frau des Besitzers der beiden Koffer. Ihr Mann, den sie nicht liebt, ist schwerreich, alt, hässlich und eine gefährliche Größe im Rauschgifthandel. Joe beschließt, dass er beides haben muss: die Frau und das Geld. Gemeinsam versuchen Joe und Mona, einen groß angelegten Schwindel durchzuziehen - und gleichzeitig mit dem Leben davonzukommen ...

"Abzocker" ist ein weiteres Hörbuch aus der Reihe "Hard Case Crime", die im Argon Verlag erscheint. Diesmal stammt die Romanvorlage von Lawrence Block; die Geschichte erschien bereits 1961 unter den Titeln "Grifter?s Game", "Mona" und "Sweet Slow Death".
Im Vergleich zu den anderen bereits erschienenen Teilen der "Hard Case Crime"-Reihe - "Flop" und "Abschied ohne Küsse" - wirkt "Abzocker" stellenweise zahm, ja geradezu romantisch.
Zwar geht es auch hier um harte Kerle, schöne Frauen und das ganz große Verbrechen, ein klassischer Krimi Noir eben, doch hier geht es auch um echte Gefühle, und die erschöpfen sich nicht in Hass oder Rachsucht. Hier geht es tatsächlich um Liebe, es wird weniger geflucht und der Anteil an Sex & Crime ist geringer. Dafür bekommt der Hörer hin und wieder ein paar Phrasen zu hören, mit denen man heutzutage keinesfalls mehr durchkommen würde - wenn Joe sinniert "Ich suchte die Wahrheit auf dem Boden meines Whiskeyglases und fand sie nicht", dann würde dies heute wohl von jedem Lektor gnadenlos gestrichen werden. Im Kontext der Geschichte, gemeinsam mit dem altmodischen Flair der 60er Jahre und vor allem durch die charismatische Stimme von Sprecher Reiner Schöne, wirkt das aber durchaus charmant und passend, auch wenn so mancher Satz arg klischeehaft klingt. Die tiefe Stimme von Schöne hat sich in der "Hard Case Crime"-Reihe bereits eindrucksvoll bewährt, und auch diese Lesung bestreitet er sehr passend, mit dem richtigen Sinn für die Umsetzung der Hauptfigur Joe Marlin, der aus der Ich-Perspektive berichtet.

Der etwas melancholische Protagonist aus "Abzocker" ist erstmal ein sympathischer Kerl. Zwar ist er ein Trickbetrüger, der wenig Skrupel hat, aber er hat einen weichen Kern und will für ein Leben mit Mona kämpfen. Er zockt zwar ohne schlechtes Gewissen die Reichen ab, steckt aber Zimmermädchen und Hotelpagen großzügige Trinkgelder zu, weil er erkennt, dass sie es auch nicht besser haben als er. Der Plot von "Abzocker" - Liebhaber einer hübschen Frau plant den Mord an ihrem Mann - wäre zu einfach und zu altbekannt, um die Geschichte über die volle Länge zu tragen. Natürlich hat Autor Lawrence Block einen Dreh eingebaut, der die Geschichte dann doch nicht so klar und einfach erscheinen lässt und den Hörer bei der Stange hält. Das Ende ist dann böse, regelrecht grausam.

Fazit: Gelungener Teil der "Hard Case Crime"-Reihe aus dem Argon Verlag, der durch geradlinige, (aus heutiger Sicht) herrlich altmodische Handlung, eine gut erzählte Geschichte und die charismatische Stimme des Sprechers punkten kann.