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Der mächtige Kalif Aladin hat nur einen Wunsch. Er möchte erfahren, was ihn in der Zukunft erwartet. Er besteht, trotz einer Warnung seines Djinns, dass dieses Wissen verboten und gefährlich ist, auf einer Antwort. Und die entsetzt ihn, denn sein Flaschengeist offenbart dem mächtigen Herrscher, dass er durch die Hand seines eigenen Sohnes sterben wird.
Er gibt den Befehl, seine Söhne aus dem Harem zu holen und sie für immer jenseits des Meeres verschwinden zu lassen. Die übereifrigen Wächter und der grausame, eigenen Interessen folgende Djinn missdeuten den Kalifen und töten die Kinder. Als daraufhin ein Aufstand der Haremsfrauen ausbricht, beginnt der Djinn, diese auf die grausamste Art und Weise zu entleiben. Der herbeieilende Kalif kann nur eine seiner Frauen retten. Weder er noch der Djinn ahnen, dass ein Säugling in einem Weidenkorb schwimmend unbehelligt den Palast verlassen hat und in Richtung Meer treibt.
Jahrzehnte später ist dieser Säugling zu einem versierten Zauberer, gnadenlosen Kämpfer, raffinierten Dieb und schmeichelnden Liebhaber geworden. Doch SinBad ist nicht glücklich. Er will endlich herausfinden, wer seine wirklichen Eltern sind. So verlässt er schweren Herzens seinen Ziehvater und begibt sich auf die Suche nach dem Krater von Alexandria. Dieser Kelch, gefüllt mit dem kostbarsten delphischen Wein, offenbart dem Fragenden die Vergangenheit. Doch weder der Wein ist leicht zu erlangen, noch der Kelch zu finden. Und SinBad muss mehr als einmal sein Leben riskieren, um in seinen Besitz zu gelangen.
Wenn man sich die Neuheiten des Splitter-Verlags so anschaut, bleibt man unweigerlich an einem Titel hängen: "SinBad". Zwischen all den Science-Fiction, Fantasy-Epen und Action-Krachern mutet ein Märchen aus tausendundeiner Nacht seltsam an.
Und dann auch noch vom Spezialisten der zuerst genannten Genre-Vertreter, von Christophe Arleston.
Und dann stolpert man über den Namen des Zeichners. Pierre Alary ist bisher allenfalls den Kennern der Szene als Illustrator bei Disney aufgefallen. Und die ersten Eindrücke des Abenteuers rund um SinBad scheinen dessen Herkunft zu bestätigen. Dieses blaue, ausnehmend luftige Wesen, das da auf den ersten Seiten aus der Flasche schwebt, hat frappierende Ähnlichkeit mit dem 1992 bei Disney animierten Djinn des Aladin-Films. Doch schnell wird man eines Besseren belehrt. Diese Ähnlichkeit ist allenfalls eine brüderliche. Und wenn der Disney-Djinn als Abel durchgegangen ist, vertritt der Flaschengeist aus SinBad die Kain-Fraktion. Denn dessen Seele ist schwarz, tiefschwarz. So meuchelt der Flaschengeist nicht nur kleine Kinder und Frauen, er schlitzt ihnen die Kehle auf und scheint sie gleich auch noch aufzufressen. Der Verdacht, hier einem Disney-Abenteuer aufzusitzen, entpuppt sich als Hommage, Persiflage und Zitat. Künstlerisch hoch interessant vermag Alary seinen Illustrationen vordergründig zwar einen Disney-Touch zu geben, doch tut er dies mit äußerst hintersinnigem Humor. Man schaue sich nur die "Pocahontas-Tochter" namens Turabah an, die sich zwar als hübsch, aber auch als außergewöhnlich boshaft und grausam entpuppt.
Ein erstes Fazit kann nur sein, dass hier ein Abenteuer auf den Leser wartet, das alles andere als herkömmliche Kost verspricht.
Arleston vermag dieser Geschichte, die hinlänglich bekannt ist und vielfach zitiert wurde, nicht nur neue Seiten abzugewinnen, er verortet die Geschichte gleich in einem völlig anderen Universum. Zwar mutet die Szenerie an wie aus einem Märchenbuch, doch die Charaktere sind sehr vielschichtig und die erwachsene Erzählweise dieser Geschichte passt absolut nicht zu einem Märchen. Da wird gemordet, betrogen gestohlen und getäuscht, gezaubert, rein aus Langeweile gefoltert und mit äußerster Niedertracht Rache geübt. Hier wird denn auch kein leichtes Abenteuer erzählt, sondern ein Handlungsbogen begonnen, der fast nach James Bond Manier zwischen Action und Humor pendelt.
Denn nachdem man überrascht zur Kenntnis nimmt, wie ernst und hart es hier zur Sache geht, weicht dieser Eindruck dem zunehmend erkennbaren Humor, mit dem Szenarist Arleston und Zeichner Alary ihre Geschichte würzen.
Hier liegt ein Debüt vor - für Arleston im Sinne des Genres, für Alary als erste Comic-Auftragsarbeit - das begeistert und nach der Fortsetzung lechzen lässt. Wundervolle Bilderfolgen, eine herrlich skurrile und spannende Geschichte, ein göttlicher Humor und ungeahnt fantasievolle Wendungen sind Garant für eine erfolgreiche Verbreitung dieses überraschend anderen Comics aus dem Hause Splitter. Allein die Sätze, mit denen SinBad die sehr hässlichen Meerjungfrauen zu betören versucht, sind einen Blick in diesen Band wert.
Und wer sich für Charakterdesign interessiert, wird im Anhang fündig. Ein Euro Aufpreis kosten den Käufer die Seiten mit Skizzen und Entwürfen des Covers und verschiedener Figuren dieser Geschichte. Und dort kann man fasziniert betrachten, wie sehr sich ein Charakter in den ersten Entwürfen von dem letztendlich im Album kolorierten unterscheidet. Die Evolution von SinBad von einem erfahrenen, gefährlichen Seemann zu einem jugendlichen, schlitzohrigen Helden ist wirklich diesen monetären Einsatz wert. Zumal Druckqualität und Aufmachung dieses Albums einfach nur perfekt sind.