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Bücher über das Übernatürliche sind heute keine Seltenheit mehr. Ob es sich dabei um Elfen und Feen, Vampire oder andere Wesen handelt - ganze Bücherregale werden von Werken zu dieser Thematik mittlerweile gefüllt. Ein Sachbuch aus dem 19. Jahrhundert, wie es bei dem vorliegenden "Die Geisterwelt" der Fall ist, übt dagegen schon einen gänzlich anderen Reiz aus.
"Die Geisterwelt" ist ein Softcover mit 400 Seiten, das im Ubooks-Verlag erschienen ist. Zugeschrieben wird es einer Dame mit Namen Luise Bernhardi, die jedoch nur auf der Titelseite genannt. In einer kurzen Einleitung dagegen wird von einem anonymen Verfasser gesprochen. Schön wäre es gewesen, wenn der Überarbeiter Nicolaus Equiamicus zumindest in einem kurzen Absatz auf die mutmaßliche Schöpferin des Bandes eingegangen wäre. So wirkt das Ganze doch ein wenig arg nach künstlicher Verklärung.
Aber widmen wir uns wieder dem Inhalt des Bandes. Nach einem kurzen Vorwort des anonymen Verfassers werden in 33 Kapiteln unterschiedlichste Erscheinungsformen und Aspekte des Übernatürlichen behandelt. Die Bandbreite reicht dabei von der christlichen Lehre vom Teufel über die klassischen Gruselwesen Hexe, Vampir und Werwolf, Sagen und Legenden bis hin zur Alchimie und dem populärsten Vertreter gefährlichen Forscherwahns, Dr. Faust. Ein buntes Sammelsurium des Schreckens, das dennoch nicht willkürlich wirkt, sondern alle relevanten Bereiche sehr gut abdeckt. Darüber hinaus ist der Schreibstil äußerst angenehm zu lesen, auch wenn bei den Texten aufgrund der Epoche, in der sie vermutlich entstanden sind, der Unterhaltungswert im Vordergrund steht und nicht der Sachbuchcharakter. Aber das tut dem Inhalt des Bandes keinen Abbruch. Gerade dieses Fabulieren und teilweise Nacherzählen von Sagen und Mythen macht den Reiz der einzelnen Kapitel aus. Unschön ist dagegen, dass die Endnoten, die sich teilweise als äußerst hilfreich für den Lesegenuss erweisen, erst gesammelt auf den letzten drei Seiten des Buches zu finden sind. Dieses unnötige Hin- und Herblättern hätte man vermeiden können, wenn man Fuß- anstelle der Endnoten verwendet hätte.
Leider ist auch höchst verwirrend, dass zwar davon gesprochen wird, dass es sich bei "Die Geisterwelt" um ein Werk aus dem Jahr 1860 handelt, aber kein weiteres Wort über eine etwaige Rezeptions- oder Publikationsgeschichte verloren wird. Herr Equiamicus, der als Bearbeiter genannt wird, muss sich in diesem Fall also eine kleine Rüge gefallen lassen. Wenigstens ein kurzes erklärendes Kapitel wäre äußerst informativ gewesen. In diesem Zusammenhang irritieren auch Aussagen wie "Das 19. Jahrhundert war die Epoche der Romantik." Gerade von einem Autor wie Herrn Equiamicus, der nachweislich ein großes Interesse für diese Art von Literatur aufbringt, hätte man ein etwas differenziertes Statement erwarten können, war das 19. Jahrhundert mit Romantik, Biedermeier, Naturalismus und weiteren doch wesentlich reichhaltiger.
"Die Geisterwelt" ist ein sehr unterhaltsames Buch über Volksglauben, Sagen und das Übernatürliche. Trotz kleiner handwerklicher Fehler beziehungsweise Nachlässigkeiten kann es durchaus dem interessierten Leser empfohlen werden. Sollte es einmal eine zweite Auflage geben, wäre es allerdings wünschenswert, noch ein Kapitel des Bearbeiters über die Geschichte dieses ansprechenden Werkes beizufügen.