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Herbst 1152. Es sind wechselvolle Zeiten für die Mäuse. Der Winterkrieg des Jahres 1149 liegt zwar hinter ihnen, doch die Feinde sind nach wie vor zahlreich. Die sicheren Territorien werden durch die Wache geschützt. Gwendolyn, Leiterin der Wache und oberste Machthaberin in Lockhaven, sendet drei ihrer besten Wachsoldaten aus, um einen verschwundenen Händler zu suchen. Saxon, Kenzie und Lieam folgen dem sicheren Weg, den die Maus nahm, finden aber nur den verlassenen Kornkarren des Händlers. Doch die Spuren sind eindeutig, eine Schlange hat offensichtlich dem Leben der Maus ein Ende gesetzt. Die Wachsoldaten untersuchen den Karren und finden eine Karte der sicheren Wege des gesamten Mäuseterritoriums. Der Händler war offensichtlich ein Verräter und wollte diese geheime Karte irgendjemandem in Barkstone zukommen lassen.
Die "Mouse Guard" hat erstmals nicht nur äußere Feinde, sondern wird von ihresgleichen bedroht. Ein unter Mäusen ungeheuerlicher Vorgang, der der sofortigen Untersuchung bedarf. So machen sich die drei tapferen Kämpfer auf den Weg in die Provinzsiedlung, nicht ahnend, dass sie sich in Lebensgefahr begeben.
Ein Newcomer der Comic-Szene, der 2006 in den USA und 2008 auch in Deutschland für Furore sorgt? Obwohl sein Debütalbum gegen jede Konvention gezeichnet und getextet ist, ein ungewöhnliches Format hat und auch noch zunächst als Schwarzweiß-Comic konzipiert war und nun mit dem Computer nachkoloriert auf den Markt kommt?
Das mutet zumindest sonderbar, wenn nicht unglaublich an. Denn erstens sind die Fans guter Comics in Deutschland meist auf Hochglanzoptik, großes Albumformat, viel Text und eine Fantasygeschichte mit Helden, zu denen man sich hingezogen fühlen kann, abonniert. Und zweitens sind Alben, die nur nachkoloriert werden, um den Markt zufriedenzustellen, meist ein einziges Desaster.
Doch "Mouse Guard" macht dennoch alles richtig. Der Autor setzt zwar weder auf menschliche Helden noch auf Sympathieträger, dafür auf ein realistisches Szenario, tapfere Protagonisten und gerade so viel Anthropomorphismus, dass die Mäuse eben noch Mäuse und nicht Menschen mit Schwänzen und Ohren sind. Auch das Format erweist sich als absoluter Glücksfall. Die quadratischen Panels sind sehr dynamisch aufgeteilt. Meist wird ein Drittel abgetrennt und der verbliebene Rest in drei untereinander angeordnete Bilderreihen aufgeteilt. Dies wirkt erfrischend anders, optisch abwechslungsreich und bietet für die Geschichte eine sehr gute Grundlage. Auch fällt die Kolorierung angenehm aus. Man bemerkt schlicht nicht, dass hier Schwarzweiß-Zeichnungen am Computer nachbearbeitet wurden. Dezent, passend und dramaturgisch sinnvoll werden natürliche Farben eingesetzt und die spannende Story betont.
Ein weiterer Punkt, der aus dem Rahmen fällt, ist die sehr geringe Textlastigkeit. Hier lässt der Autor und Illustrator David Petersen seine Zeichnungen wirken, winzige Nuancen der Bilder genügen für Emotionsgehalt, Stimmung und Grundaussage der Panels. Text stört da nur und wird nur sehr knapp und in kurzen Sätzen beigesteuert, wenn die Zeichnungen alleine nicht ausreichen.
Es entsteht bei aller Ruhe der Bilder eine enorme Spannung, die rein durch die Illustrationen und ihre Anordnung erzeugt werden.
Doch das Hauptaugenmerk des Lesers richtet sich schnell auf die Handlung. Die spielt im Mittelalter, lässt Mäuse und ihr gefahrvolles Leben inmitten vieler Fressfeinde aufleben und konzentriert sich schnell auf eine sehr spannende Intrige inmitten der Mäusewelt. Hier hat der Autor, trotz vieler vorhandener Mäusefilme und Comics, Neuland betreten. Nicht nur das Mittelalter-Szenario, auch der Blickwinkel auf diese winzigen Geschöpfe, die in früheren Geschichten meist einfach mit Menschen gleichgesetzt wurden, ist neu. Hier wird eine einzelne Krabbe zu einem Monster, eine Schlange zu einer tödlichen Bedrohung.
Nimmt den Leser bereits die Geschichte gefangen, ist die Ausstattung dieses immerhin fast fünfundzwanzig Euro teuren Albums absolut perfekt. Nicht nur das Abenteuer selbst, auch die im Anhang beigefügten Zeichnungen begeistern. Hier wird das Comic-Album endgültig zu einer Sammlung von Kunstdrucken. Es werden Karten abgebildet, verschiedene Ansichten wichtiger Charaktere angefügt und kurze Interviews abgedruckt, die einen Blick hinter die Kulissen erlauben.
Zum Schluss erfährt der Leser noch, dass es im nächsten Band weitergeht und der Winter des Jahres 1152 in den Blick genommen wird. Darauf wird sich jeder Käufer des ersten Albums zweifellos freuen. Denn ein beeindruckenderes Debüt hat es in der Comic-Szene schon lange nicht mehr gegeben.