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John Burnside gilt als einer der bedeutendsten schottischen Schriftsteller der Gegenwart. "Die Spur des Teufels" ist Burnsides erster Roman, der ins Deutsche übersetzt wurde und nun auf dem deutschen Markt zu erwerben ist.
Michael Gardiner lebt mit seiner Frau Amanda in Coldhaven, einem verschlafenen Nest an der schottischen Küste. Michael, der seit dem Erbe seines Vaters keine finanziellen Sorgen mehr hat, lebt in den Tag hinein. Seine beste Verbindung zur Außenwelt ist Mrs. K., die bei ihm putzt und die ihn in Sachen Klatsch und Tratsch stets auf dem neusten Stand hält.
Eines Tages erreicht Michael die Nachricht, dass eine Frau namens Moira Birnie ihre beiden Söhne getötet und sich danach selbst das Leben genommen hat. Zurück bleiben der Ehemann und die Tochter. Coldhaven ist geschockt von der grausigen Tat, keiner kann sich die Zusammenhänge und Umstände erklären.
Michael erinnert sich an Moira, denn er war selbst vor vielen Jahren eine Weile mit ihr zusammen. Langsam reift die Überlegung in ihm, dass Hazel, Moiras Tochter, von ihm sein könnte - zeitlich wäre der Gedanke gar nicht so abwegig. Doch eine Erinnerung an etwas anderes regt sich viel stärker in Michael als jene an seine Zeit mit Moira. Ein dunkles Geheimnis, das Moiras Bruder Malcolm mit Michael verband, früher, als die beiden noch unschuldige Kinder waren
mehr oder weniger.
Michael beschäftigt sich immer mehr mit Hazel, beobachtet sie, glaubt stärker daran, dass er ihr Vater sei und mit ihr ein neues Leben beginnen könne - doch die Obsession konkurriert mit düsteren Erinnerungen aus der Vergangenheit.
In Deutschland hat Burnside noch längst nicht den Bekanntheitsgrad erlangt, den er in Großbritannien genießt; "Die Spur des Teufels" könnte ein weiterer Schritt sein, diesen Umstand zu ändern.
Der Roman versteckt seine wahre Gestalt geschickt hinter einer Krimifassade, die sich interessant und spannend liest: Was muss geschehen sein, das die Mutter zweier Kinder dazu treibt, ihre zwei Söhne und sich selbst zu töten, jedoch die Tochter zu verschonen? Was geschah damals zwischen Michael und Malcolm, das diesen dazu treibt, sich mit Moiras Geschichte näher zu beschäftigen? In der Ich-Perspektive zieht Michael den Leser immer tiefer ins Geschehen. Schon bald gerät der Tod seiner ehemaligen Freundin zur Nebensache, und Michael verstrickt sich immer tiefer in seine eigene Vergangenheit und die seiner Eltern, die als weltgewandte, mondäne Menschen in Coldhaven nie akzeptiert wurden.
Wortgewalt und poetische Bildersprache sind die Schlagwörter zu "Die Spur des Teufels". Denn was als spannendes Krimidrama beginnen mag, gerät unversehens zur Lebensbeichte eines Erzählers, der sein Innerstes, seine Erfahrungen und Erinnerungen erst nach und nach mit dem Leser teilt. Seine Stärken zeigt der Roman dann, wenn Michael seine Gedanken treiben lässt, Beobachtungen des Alltags macht, die gleichzeitig unbedeutend und doch kostbar sind. Die eigentliche Handlung, die Tragödie um Moira und ihre Familie, wird unwichtig und bleibt nur als Stein des Anstoßes im Hinterkopf. Viel wichtiger wird Michaels Seelentrip, der gegen Ende des Romans wortwörtlich zu verstehen ist.
Dass die Geschichte quasi unter der künstlerischen Beobachtungsgabe und Wortpoetik begraben wird, mag den einen als Manko, den anderen als notwendig erscheinen. Indes hätten beide Aspekte in kürzerer Form, etwa als Kurzgeschichte oder Novelle, angemessenere Plätze nebeneinander einnehmen können. So bleibt am Ende der Lektüre ein zwar von wunderschöner Prosa berührter Leser zurück, der jedoch sicherlich den Sinn hinter der eigentlichen Geschichte suchen wird.
Wenngleich die Handlung von Burnsides anspruchsvoller und künstlerischer Sprachgestaltung erdrückt wird, ist "Die Spur des Teufels" ein empfehlenswerter und toll übersetzter Roman aus schottischen Landen, der zum Nachdenken anregt.