Mit dem auf den ersten Blick verblüffenden Phänomen, dass im Gefolge von Technik, Verkehr und Industrie nicht selten nahezu perfekte Lebensräume für verschiedenste, zum Teil auch gefährdete Tierarten entstehen, befasst sich die auf Arte ausgestrahlte Doku-Serie "Wundersame Wildnis". Epix bietet diese Serie auf DVD an.
Die hier besprochene dritte DVD befasst sich mit "Wildnis unter Flugzeugriesen", also dem Biotop Großflughafen am Beispiel von Frankfurt am Main, und - unter dem Titel "Wenn die Bagger fort sind" - mit aufgegebenen Braunkohlerevieren in Ostdeutschland.
Wie der Film zeigt, hat der Frankfurter Flughafen diverse für Tiere und Pflanzen attraktive Biotope zu bieten, so etwa die Wiesen zwischen den Start- und Landebahnen, auf denen sich im wahrsten Sinne des Wortes Fuchs und Hase gute Nacht sagen (und nicht nur sie), alte, nicht mehr genutzte Bauten der CargoCity Süd, die Mehlschwalben zum Nisten dienen, und nicht zuletzt die urwüchsige Waldlandschaft Mönchbruch mit ihren Feuchtgebieten, wo man eine Fülle von bedrohten Tier- und Pflanzenarten beobachten kann. Die Tiere haben sich, dies vermittelt der Film vortrefflich, an die zwar lauten, aber harmlosen Donnervögel gewöhnt und weichen ihnen aus, ohne sich von ihnen stören zu lassen.
Nur scheinbare Mondlandschaften sind die stillgelegten Braunkohlereviere, die sich, so man sie lässt, nach und nach zu ganz bemerkenswerten Biotopen entwickeln. Die wassergefüllten Gruben eignen sich nicht nur ideal zum Besatz mit Fischen, sie ziehen auch zahlreiche Vogelarten an, darunter viele Durchreisende aus dem Norden und Osten, aber auch Zuzügler aus dem Süden wie der Bienenfresser. Die sandige Uferlandschaft wird nach und nach von Pflanzen besiedelt und bietet vielen Insekten und in deren Gefolge größeren Tieren wie Flussuferläufern oder Kranichen Lebensraum.
Der Zuschauer kann zwischen den Sprachen Deutsch und Englisch wählen. Als Bonusmaterial stehen Informationen zur Serie sowie eine Slideshow der schönsten Aufnahmen aus den beiden Filmen zur Verfügung.

Die Natur schert sich nicht darum, ob wir Menschen eine Umgebung als lebensfeindlich bezeichnen - sie nimmt sich, was sie braucht. So könnte die Prämisse dieser beiden Filme lauten, die den dritten Teil von "Wundersame Wildnis" bilden. In der Tat mutet es erstaunlich an, wie gut sich viele Tierarten an Industriebrachen wie die zunächst so hässlichen Hinterlassenschaften des Braunkohleabbaus oder auch an betriebsame Stätten wie Großflughäfen anpassen. Heribert Schöller sind atemberaubende Naturaufnahmen gelungen, ob es nun darum geht, munter an Startbahnen schnürende Füchse und launig Haken schlagende Feldhasen vor der Silhouette eines abhebenden Jumbos oder die Aktivitäten eines winzigen Ameisenlöwen, der am sandigen Hang eines ehemaligen Braunkohlereviers seiner Beute auflauert, zu zeigen. Manche Tiere wurden über Monate immer wieder gefilmt, so eine Kranichfamilie. Die Berührungen im Spannungsfeld von Natur und Technik, Ökologie und Ökonomie können durchaus harmonisch aussehen, wie der Regisseur herausstellt.
Indes geht er nicht blauäugig an die Materie heran; ein einseitiger Verfechter der Technik ist Schöller nicht. Die Romantik des weitgehend unberührten Mönchbruchs am Flughafen kann nicht davon ablenken, dass zum Beispiel im Bereich der CargoCity Süd künftig zum Unglück von Flussuferläufern und ihren Mitbewohnern Brachen bebaut und die erwähnten Behausungen der Mehlschwalben zugunsten moderner Gebäude abgerissen werden sollen: Triumph der Ökonomie über die Ökologie? Was aus wirtschaftlicher Sicht eine Notwendigkeit darstellt, muss man im Sinne des Artenschutzes bedauern. Dieser Spagat wird im Film sehr deutlich herausgestellt. Hervorzuheben ist, dass der Film auch eine ausgewogene Mischung aus Informationsvermittlung und der Wiedergabe von Stimmungen enthält, das heißt, es wird nicht in modischer Manier versucht, möglichst viel an komplexen Informationen hineinzupacken; daher kann man sich später noch detailliert an die Inhalte erinnern.
Bild- und Tonqualität entsprechen modernen Anforderungen. Etwas mehr und attraktiveres Bonusmaterial wäre allerdings wahrscheinlich für manchen Käufer wünschenswert. Insgesamt ein wirklich gelungener, technisch einwandfreier Film mit einem interessanten Angebot an Informationen, repräsentativen und spektakulären Aufnahmen und vor allem einem Thema, das für ein weites Publikum von Interesse ist.