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England im Jahr 1823: Bei seiner Einführung in die Gesellschaft lernt der junge, naive Percy Aubrey den charismatischen Lord Ruthven kennen. Der junge Mann ist fasziniert von dem selbstsicheren und gutaussehenden Lord, der sich so gewandt und weltmännisch gibt, und diese Sympathie scheint erwidert zu werden. Die beiden Männer planen eine gemeinsame Reise durch Europa, die sie auch kurz darauf antreten.
Doch im Laufe der Reise ändert sich Aubreys Bild von Ruthven schnell ins Negative, denn der Lord ist ein Schürzenjäger der schlimmsten Sorte, der Percy auffordert, es ihm gleichzutun, was dieser aber vehement ablehnt. Vor Wut trennt Percy sich von seinem Gefährten und setzt die Reise allein fort. In Griechenland lernt er die bezaubernde Ianthe kennen und verliebt sich sofort in sie. Ianthe fühlt ebenso, warnt Percy aber eindringlich vor einer alten Legende, nämlich einem Vampir, der in der Gegend lange Zeit sein Unwesen trieb und immer noch für Angst und Schrecken in den Köpfen der Einwohner sorgt. Percy glaubt ihr nicht und macht sich eines Tages allein auf, um die Umgebung zu erkunden - was eine Katastrophe nach sich zieht.
Dunkel ahnt der junge Mann, dass sein ehemaliger Freund und Wegbegleiter Ruthven seine Finger im Spiel hat. Wie durch und durch böse dessen Absichten allerdings sind, wird Percy erst viel zu spät klar - da setzt der unheimliche Ruthven bereits alles daran, Percys Leben zu zerstören und ihm alles zu nehmen, was ihm lieb ist...
Die Erzählung "Der Vampir" aus der Feder von John William Polidori, dem Leibarzt des Dichters Lord Byron, entstand bereits im Jahr 1816. Bemerkenswert ist, dass es sich um die erste Vampirgeschichte der Weltliteratur handelt, also noch lange vor Bram Stoker, der häufig fälschlicherweise als Schöpfer des Genres angenommen wird. Sie entstand zu einem Anlass, der auch andere berühmte Werke nach sich zog, nämlich bei einem dichterischen Wettstreit in der Villa Diodati am Genfer See. Auch Mary Shelleys bis heute weltberühmter Roman "Frankenstein" ist ein Resultat dieses Wettstreits.
Damit ist die Kurzgeschichte natürlich wie geschaffen für eine Umsetzung in der Hörspielreihe "Gruselkabinett", die sich schon vielfach Klassikern der Literatur aus vergangenen Jahrhunderten widmete.
Dass das Hörspiel erst nicht so recht in Fahrt kommen will, liegt keinesfalls an der Umsetzung von Titania Medien, die wie gewohnt liebevoll und atmosphärisch sehr dicht ist. Vielmehr beginnt die Geschichte erst zögerlich, zumal dem Hörer sehr früh klar wird, was die Absichten von Lord Ruthven sind und dass es sich natürlich bei ihm um den titelgebenden Vampir handelt. Erst mit Percys Griechenlandreise gerät die Geschichte in Fahrt. In einer albtraumhaften Szene kommt es zur Katastrophe in einer abgelegenen Höhle im Wald. Danach wird es erst richtig spannend, denn natürlich bangt man um Percy, der sich gegen den übermächtigen Ruthven kaum wehren kann und der zudem von aller Welt für wahnsinnig gehalten wird, seit er von Vampiren und Ungeheuern faselt.
Dass Percy durch einen Eid davon abgehalten wird, der Welt - und vor allem seiner Familie - die wahre Identität des Lords zu verraten, obwohl das Leben seiner Schwester in Gefahr ist, ist nach heutigem Verständnis natürlich sehr merkwürdig, doch ohne diesen Kniff würde die Erzählung nicht funktionieren. Ausgezeichnet wie immer sind Geräuschkulisse, Musikuntermalung und natürlich die Sprecher, allen voran Patrick Bach als Percy Aubrey, Christian Stark als Lord Ruthven, Kristine Walther als Jane Aubrey und Sarah Riedel als Ianthe.
Fazit: "Der Vampir" gerät zuerst etwas langsam in Schwung, steigert sich dann aber zunehmend in Spannung und Atmosphäre. Für Fans von Vampirliteratur ist diese Geschichte ein Muss, da sie das gesamte Genre quasi begründet hat. Die Umsetzung aus dem Haus Titania Medien ist gewohnt hochklassig - eine würdige Fortsetzung der beliebten Gruselkabinett-Reihe!