Wassily Kandinsky gehört zu den bekanntesten Malern des frühen 20. Jahrhunderts. Er ist einer der Wegbereiter der abstrakten Kunst und hat sehr detaillierte Vorstellungen vom Zusammenspiel von Farbe und Form entwickelt.
Kindern steht dieser Maler, so der Tenor des vorliegenden Buches, überraschend nahe, nicht nur, weil er sich zusammen mit seiner Lebensgefährtin Gabriele Münter gern mit kindlicher Malerei befasst hat.
Die Autorin stellt den Künstler zunächst allgemein vor. Das erste ausführliche Kapitel, das auf dieses einführende Kurzporträt folgt, ist mit "Farbmusik" betitelt und zeigt auf, welch enge Beziehung Kandinsky zu den Farben hatte, die er so üppig verwendete, insbesondere Rot, Gelb und Blau, und mit welcher Art von Musik der auch in dieser Hinsicht begabte Maler bestimmte Farben in Verbindung brachte.
In "Berge und Reiter" lernen die jungen Leser Kandinskys bevorzugte Motivwahl kennen und seine Rolle beim "Blauen Reiter". Es schließt sich eine Kurzbiografie an.
Das Kapitel "Formen Farben Linien" vollzieht die Hinwendung zum Abstrakten nach, und ein weiterer Abschnitt befasst sich mit Kandinskys Wirken im Bauhaus.
Doch das Buch wartet nicht nur mit - alles andere als grauer - Theorie auf: Die Leser erfahren, wie sie Schablonen anfertigen können, um, ähnlich wie Kandinsky und Münter im Murnauer Haus, Flächen zu gestalten.
Den Abschluss bildet neben einem Verzeichnis der Bildquellen eine Übersicht über die Internetadressen der Museen im deutschsprachigen Raum, die Werke von Kandinsky beherbergen.

Die Texte gehen sehr sensibel auf kindliches Fühlen und Erleben ein und beziehen es ganz eng in die "Kontaktanbahnung" mit Kandinsky und seinem Werk ein. Ausgehend von Kandinskys und Münters Interesse an Bildern von Münters kleinem Patenkind Annemarie zeigt die Autorin auf, wo in Kandinskys Werk man entsprechende Einflüsse beobachten kann.
Da sich Kinder gern von Bilderrätseln fesseln lassen, nutzt die Autorin auch diese Art von Neugier und lässt den Leser nach mehr oder weniger versteckten Bildelementen suchen. Oftmals aber werden die Kinder angehalten, sich zu überlegen, was eine nicht ganz eindeutig dargestellte Figur möglicherweise darstellen soll und welche Rolle sie in der Gemäldekomposition oder der abgebildeten Szene selbst spielt. Die Autorin gibt hierzu sinnvolle Denkanstöße.
Das Buch ist reich bebildert; es stehen zahlreiche Beispiele zur Verfügung, die der Leser in aller Ruhe betrachten kann. Viele Aufnahmen sind ganzseitig und die anderen noch groß genug, um das Entdecken von Details zuzulassen. Nicht zuletzt die Anregungen zum neugierigen, forschenden Interpretieren der Bilder und zum Selbermachen etwa von Schablonen empfehlen dieses Buch auch für die Schule.

Kandinsky bleibt dank dieser spannend konzipierten Lektüre für den Leser kein Fremder, zumal sowohl sein Werk als auch seine Biografie fesseln. Ein kleiner Wermutstropfen dürfte für manche Familie der nicht ganz geringe Preis sein, der zwar zum Teil durch die hohe Qualität der Aufmachung, vor allem der Reproduktionen, gerechtfertigt ist, aber doch auf den ersten Blick ein wenig hoch gegriffen wirkt.
Wer seinem Kind oder, als Lehrer, seiner Grundschulklasse Kunst, vor allem die interessante Entwicklung zum Abstrakten, näher bringen möchte, hat mit diesem Buch ein sehr gutes Werkzeug an der Hand: Kandinskys Leben eignet sich hierfür ganz besonders. Zielgruppenorientierte Texte, zahlreiche kommentierte Abbildungen und Übersichtlichkeit vermitteln einen profunden Einblick in Kandinskys außergewöhnliche Kunst und sein Wirken auch abseits der Staffelei.