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In der Mitte des 21. Jahrhunderts hat sich die Gesellschaft grundlegend verändert. Die Technik ist mit großen Schritten vorangeschritten und hat der Menschheit dabei nicht nur Gutes gebracht. Amtsgespräche, Kontakte zwischen Mitmenschen oder sogar Verhandlungen können in virtuellen Realitäten stattfinden, während die realen Personen sich Hunderte von Kilometern voneinander entfernt aufhalten. Ebenso gibt es neue aufputschende Drogen und lebensbedrohliche Sportarten, denn der Tod ist längst kein Schrecken mehr.
Die größte technische Revolution war die Entwicklung und Verfeinerung der Nanotechnologie. Sie hat es ermöglicht, dass Menschen nach ihrem Tode wieder rekonfiguriert werden können und weiterleben. Allerdings gelten sie bei ihrer Wiederauferstehung rechtlich als tot und dürfen offiziell weder Besitz haben noch arbeiten gehen oder vor Gericht als Zeugen aussagen. Doch dieser Teil der Menschheit wächst und in der Nacht des ersten Novembers beschließen die Toten, die sich in die Freiheit des Weltraums zurückgezogen haben, ihre toten Brüder und Schwester auf der Erde zu befreien.
Inmitten dieser Umwälzung stecken fünf ehemalige Freunde. Nach der Jugend sind ihre Leben auseinandergedriftet. Dennoch treffen sie sich jedes Jahr einmal beim Totenfest, das immer abwechselnd einer der ehemaligen Freunde organisiert. Dieses Mal ist es an Santiago, dem großen Drogendesigner, das Fest auszurichten. Die einzige, die er von seinen Freunden trifft, ist Trinidad, der er aufgrund seiner Ehrlichkeit verrät, dass er die Droge entworfen hat, an der ihr geliebter Freund gestorben ist. Yoyo, eine eifrige Nachwuchsanwältin, hat ganz andere Sorgen, da ihr neuer Fall nicht nur knifflig ist, sondern auch ihr Leben in Gefahr ist. Und Toussaint Tessler wird gekidnappt, damit er die Entführer zu seinem Vater bringt. Camaguay braucht sich um solche Lappalien nicht mehr zu sorgen, er weiß genau, dass er aufgrund einer schweren Krankheit nur noch ein oder zwei Tage zu leben hat.
"Necroville" ist ein Roman, der dem Leser eine düstere und bedrohliche Zukunft beschreibt, in der die Menschheit mit blinden Augen einfach so lange weitermacht, bis die Ereignisse über sie hereinbrechen und sie sich der Wahrheit stellen muss. Immer abwechselnd begleitet man eine der Hauptfiguren und lernt gemeinsam mit ihnen neue Wahrheiten, die Entwicklung des begonnenen Krieges und die Aufdeckung alter Geheimnisse kennen. Eigentlich besitzt der Roman mit dieser innovativen und spannenden Geschichte alles, was ihn zu einem richtigen Knaller machen würde.
Leider jedoch hat es Ian McDonald mit seinem Bemühen, möglichst authentisch zu sein, jedoch übertrieben. Statt wenigstens dem Leser einen groben Plan der Welt mit auf den Weg zu geben, stößt er ihn mitten hinein ins Geschehen, bewirft ihn mit fremdartigen Worten, seltsamen Sachverhalten, die man nicht zu deuten weiß, und gibt keine Chance, die Details der Geschichte zu enträtseln. Deswegen kämpft man sich durch die ersten hundert Seiten ziemlich mühsam, da man erst dann genug Fakten zusammengetragen hat, um zu wissen, wie diese Science-Fiction-Welt beschaffen ist. Allerdings geben viele Leser nach dieser Strecke sicher schon auf und wenden sich entnervt ab. Dabei hat dieser Roman an Ideen und Neuschöpfungen einiges zu bieten, jedoch ist es sehr mühsam, an seinen eigentlichen Inhalt zu gelangen.
"Necroville" umfasst eine wunderbar faszinierende und spannende Geschichte, die jedoch in einer zu verkopft konzipierten Erzählung verschlossen ist, weswegen es einfach verdammt anstrengend ist, den Roman zu lesen. Das könnte man wirklich besser schreiben.